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Splitterseelen

Splitterseelen

Titel: Splitterseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch , Sandra Gernt
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hatte nicht einmal bemerkt, dass Mijo sich zu ihm umgewandt hatte. „Hab alles ausgespäht. An Calael kommen wir nicht ran, der feige Schlappschwanz pennt zwischen drei Kriegern, die brav Wache schieben. Aber vor uns ist ein Posten, der isoliert steht und eingeschlafen ist.“
    Er nickte ergeben, mehr konnte er sowieso nicht tun. Hoffentlich schaffte er es selbst wach zu bleiben!
    Gefühlte drei Sekunden später war Mijo wieder bei ihm und zerrte ihn im Höchsttempo über den Boden. Nach etwa zweihundert Metern durfte er sich aufrichten und losrennen, bis er japsend zusammenklappte.
    „Weiter, wir müssen noch mehr Vorsprung kriegen! Komm schon!“ Mijo zerrte an seinem Arm, doch Jason riss sich los. Seine Lungen brannten, Beine und Hände waren taub, jeder einzelne Herzschlag drohte ihn in Stücke zu reißen. Es ging nicht mehr! Er hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Verdammt, nicht mal Maschinen durfte man ohne Vorwärmphase sofort auf Höchstleistung aufdrehen!
    Fluchend und auf die Unzulänglichkeiten der Menschen schimpfend marschierte Mijo auf und ab. Immer mehr redete er sich in Rage, sodass Jason sicherheitshalber den Kopf unter den Armen versteckte. Wer wusste schon, ob der Kerl nicht die Kontrolle verlor und auf ihn einschlug!
     
    Wunderbar, jetzt bekam das verweichlichte Sensibelchen auch noch Angst. Dabei schimpfte er bloß ein wenig über diese vertrackte Situation. Mijo trat frustriert gegen einen Baum, um sich abzureagieren. Hätte der Knabe nicht eine Karriere bei den Navy Seals anstreben können statt irgendsoein komisches Zeug wie Anglistik zu studieren? Sobald er das Gefühl hatte, dass Jasons Körper wieder ein bisschen Belastung aushalten konnte, trieb er den jungen Mann erbarmungslos weiter. Der Bengel hatte sechs Stunden Schlaf bekommen, gut, mit einer Stunde Sternegucken dazwischen. Sechs! Das musste reichen, sie waren immerhin auf der Flucht. Kurz erwog er, sich Jason einfach über die Schulter zu schmeißen, rückte allerdings rasch von dem Gedanken ab. Der Kleine war in keinem guten Zustand, seinen Stolz zu brechen würde es nicht besser machen.
    Außerdem bin ich ein Dämon, kein Packesel!
    Erst als es zu dämmern begann, gestattete er ihm eine längere Pause. Bevor er ihm die Wasserflasche hinhalten konnte, war Jason bereits eingeschlafen. Wunderbar. Ganz wunderbar. Sie würden frühestens morgen Nachmittag die Brutgebiete der Adras erreichen, so lange musste der Süße einfach durchhalten. Außerdem mussten sie die Beneia-Ebene durchqueren. Dort gab es lichte Wälder und viel hügeliges Grasland, wo sich Taarfs tummelten, bisonähnliche Riesenviecher, und die zwar tatsächlich wollige, milchgebende Plüschdinger waren, allerdings etwa doppelt so groß wie auf der Erde wurden und ziemlich angriffslustig werden konnten. Diese Pflanzenfresser waren die Lieblingsmahlzeit von Rotschopfern und einigen anderen Raubtieren.
    „Warum tu ich mir den Scheiß eigentlich an?“, murmelte Mijo, während er Haarsträhnen wegstrich, die an Jasons stoppelbärtiger Wange festklebten. Der Bartschatten stand dem Schnuckel …
    „Ich sollte ihn ausliefern. Calael würde mir zum Dank die Füße knutschen und ich müsste mir nicht länger den Arsch aufreißen, um Babysitter für empfindliche Menschlein zu spielen.“
    Fürsorglich breitete er die Decke über Jason aus, damit der sich nicht verkühlte. „Eine Stunde, dann geht das Rennen weiter!“
     

     
    Sein Seelenstein wies ihm den Weg über die Beneia-Ebene. Calael umfasste ihn mit einer Hand, spürte wie der Saphir im Takt von Jasons Herzschlag zwischen seinen Fingern pochte.
    Ich finde dich, schwor Calael stumm. Und ich verspreche dir, dass ich das Messer am Opferstein schnell und geschickt führen werde. Du wirst kaum etwas spüren. Nicht umsonst habe ich jahrelang gelernt, wie man ein Messer effektiv benutzt. Ich will dir keine Schmerzen bereiten, sondern muss nur das Notwendige tun, wofür wir beide bislang gelebt haben. Du wirst durch dieses Ritual ebenfalls bloß gewinnen. Und danach … können wir uns hoffentlich näher kommen. Es muss keine Feindschaft zwischen uns herrschen. Nicht, wenn es nach mir geht.
    Er redete sich die Zukunft schön, das war ihm viel zu gut bewusst. Noch immer haderte er mit seiner Entscheidung, Jason zu opfern, um seine volle Magie zu erhalten und als Patriarch von Udeah herrschen zu können. Um Erwartungen zu erfüllen. Erwartungen die seine Familie, allen voran sein Vater, an ihn stellte.

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