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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ebnen sollten. Hier in der barbarischen Fremde hatte es nichts davon gegeben. Zwar hatte Thor Magnusson einige seiner Krieger geschickt, die beiderseits des Feuers Aufstellung genommen und Cedara die letzte Ehre erwiesen hatten. Der Fürst selbst jedoch hatte es nicht für nötig befunden, der Zeremonie beizuwohnen, ebenso wenig wie sein Hofstaat, was erahnen ließ, wie gering das Leben einer Gildeschwester auf Jordråk geschätzt wurde.
    Inzwischen war Cedaras sterbliche Hülle ein Fraß der Flammen geworden. Kalliope konnte nur hoffen, dass ihre Meisterin den Weg in die Ewigkeit finden würde und mit ihm jenes vollkommene Gleichgewicht, das zu erlangen Sterblichen zu Lebzeiten unmöglich war. In Gedanken sprach sie ein letztes Gebet zur Urmutter. Dann wandte sie sich ab.
    Es war nicht üblich zu bleiben, bis die Flammen herabgebrannt waren, ganz abgesehen davon, dass Kalliope es nicht mehr länger ertragen hätte. Sie nickte den Kriegern der Ehrenformation in stiller Dankbarkeit zu. In Begleitung der beiden Wachen, die ihr seit Cedaras Ermordung wie Schatten folgten, wollte sie den Innenhof wieder verlassen, doch eine muskulöse Gestalt trat ihr aus dem Halbdunkel entgegen.
    »Kalliope, bitte wartet!«
    Es war Erik, der Diener.
    »Was willst du?«, fragte Kalliope bitter.
    Der junge Mann blickte betreten zu Boden, konnte ihrem Blick offenbar nicht standhalten. »Ich wollte Euch nur sagen, wie leid es mir tut, was geschehen ist.«
    »Ich weiß dein Mitgefühl zu schätzen.« Es war nicht mehr als eine Floskel, die sie schnell dahinsagte, um ihn möglichst rasch wieder loszuwerden. Doch der Diener schien noch nicht alles gesagt zu haben, was ihm auf dem Herzen lag. Kurzerhand stellte er sich ihr in den Weg, was ihre beiden Bewacher nicht weiter zu kümmern schien.
    »Ich meine es ernst«, bekräftigte er. »Wenn ich in jener Nacht bei Euch gewesen wäre …«
    »Das warst du aber nicht«, fiel Kalliope ihm barsch ins Wort, »und dafür kannst du nichts. Wir haben uns selbst in diese Gefahr begeben. Ist es das, was du hören wolltest?«
    »Nein.« Erik schüttelte den Kopf und blickte abermals betreten zu Boden. »Ich wollte nur bekunden, dass ich mit Euch fühle. Und dass ich weiß, was in Euch vorgeht.«
    »Das bezweifle ich«, entgegnete sie, »aber ich danke dir für dein Mitgefühl, das mir zeigt, dass auf dieser Welt ein niederer Knecht offenbar mehr Anstand hat als der höchste Herrscher.«
    Erik blickte auf. »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Nichts – nur dass euer Fürst ganz offenbar nicht weiß, was sich gehört. Sonst wäre er gekommen, um einer Gildeschwester von solch hohem Rang die letzte Ehre zu erweisen. Meine Meisterin war eine numerata und gehörte dem Rat der Gilde an – und er hat sie auf dem Hinterhof verbrennen lassen wie eine Hure, ohne sich auch nur einen Dreck darum zu scheren.«
    »Ihr seid verletzt und sprecht im Zorn«, erwiderte Erik, »deshalb will ich Euch diese Worte nicht verübeln.«
    »Du willst es mir nicht verübeln?« Sie hob die Brauen. »Denkst du nicht, dass du dich im Ton vergreifst?«
    »Genau wie Ihr«, konterte er ungerührt, »denn es steht Euch nicht zu, das Verhalten des Fürsten infrage zu stellen, wenn Ihr noch nicht einmal seine Beweggründe kennt.«
    »Beweggründe?« Sie blitzte ihn wütend an. »Welche Beweggründe könnten gut genug sein, einer numerata den ihr gebührenden Respekt zu verweigern?«
    »Nun«, meinte Erik, der sich von ihrem Zorn und dem Gift in ihren Worten nicht im Geringsten beeindrucken ließ, »immerhin solltet Ihr nicht vergessen, dass Eure Meisterin in jener Nacht den Befehl des Fürsten missachtet hat, indem sie sich unerlaubt und zu nächtlicher Stunde aus ihrer Kammer entfernt hat.«
    »Und das rechtfertigt, sie bestialisch zu ermorden?«
    »Natürlich nicht. Aber es lässt manche Dinge in einem anderen Licht erscheinen.«
    »Was für Dinge?«, fragte sie. »Wovon sprichst du?«
    Der Blick des Dieners zeigte, dass er etwas verbarg. »Ich möchte Euch nur wissen lassen, dass Ihr mir vertrauen könnt.«
    »Ich kann niemandem trauen«, verbesserte sie. »Nicht an diesem Ort, wo bereits zwei meiner Mitschwestern ermordet wurden. Geht das in deinen Kopf?«
    »Ihr habt Angst, und das kann ich gut verstehen«, versicherte er. »Aber Ihr solltet nicht diejenigen abweisen, die Euch helfen wollen.«
    »Du willst mir helfen? Wobei?«
    »Den Mörder Eurer Meisterin zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen«, erklärte Erik ohne Zögern. »Dieser

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