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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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es zu bedauern«, versetzte Kalliope bitter. »Wie schade nur, dass niemand das Verbrechen verhindern konnte.«
    »Was geschehen ist, ist geschehen«, entgegnete der Diener, »und es steht nicht in unserer Macht, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Dennoch sollten wir nicht erlauben, dass die Vergangenheit Macht über die Gegenwart gewinnt.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Erik ist ein aufrechter junger Mann, Gildeschülerin. Die Hilfe, die er Euch angeboten hat, kommt aus ehrlichem Herzen. Ihr solltet sie nicht zurückweisen.«
    »Was geht dich das an?«
    »Nichts«, gab der Diener zu. »Dennoch sah ich es als meine Pflicht an, Euch darüber in Kenntnis zu setzen, dass Erik nicht Euer Feind ist. Ihr solltet ihm vertrauen, sonst seid Ihr ganz allein und auf Euch gestellt.«
    »Glaubst du, das wüsste ich nicht?«
    »Mit Verlaub, Gildeschülerin«, entgegnete Hakkit, wobei er mit den Flossenhänden eine abwehrende Bewegung machte, »es kommt mir nicht zu, Euch zu beurteilen. Aber ich glaube, dass Ihr einsam seid in diesen Tagen und einen Freund nötig habt. Das ist alles.«
    Kalliope war außer sich.
    Die Art, wie der Diener mit ihr sprach, die Vertrautheit, die er sich herausnahm, war nicht nur in höchstem Grade ungebührlich, sondern berührte sie auch auf unangenehme Art und Weise. Es verunsicherte sie – und ließ sie wütend werden.

    »Was maßt du dir an?«, fuhr sie den Diener an. »Du bist doch nichts als … ein bedauerlicher Irrtum, ein Widerspruch im Schöpfungsplan, dem eine Laune des Zufalls das Sprechen beigebracht hat! Bilde dir nicht ein, auch nur annähernd ermessen zu können, was mich bewegt oder was in mir vorgeht!«
    Die kleinen, unter wulstigen Hautfalten liegenden Augen des Dieners musterten sie, die Tastorgane seines Bartes bebten. »Ihr habt recht«, sagte er dann. »Ich mag nur ein Animale und damit in Euren Augen nichts wert sein. Aber selbst ich kann sehen, dass die Trauer um Eure Meisterin Euer Herz verfinstert. Lasst nicht zu, dass sie Euer Urteil trübt. Ich bin sicher, dass auch Meisterin Cedara das nicht gewollt hätte.«
    Kalliope schloss die Augen.
    »Geh«, sagte sie nur.
    »Wie Ihr wünscht«, sagte Hakkit, verneigte sich und wandte sich ab, um auf seinen breiten Flossenfüßen davonzuwatscheln.
    Kalliope blickte ihm hinterher, schnaubend vor hilflosem Zorn, und wusste nicht, auf wen sie wütender war. Auf den Animalen, weil er im Grunde recht hatte. Oder auf sich selbst, weil sie es wusste.

8. Kapitel
    Sie liefen, so schnell ihre Beine sie trugen – doch es zeichnete sich ab, dass sie das Rennen verlieren würden.
    Croy, dessen kräftige Beine noch am ehesten dazu angetan waren, ihn außer Reichweite der stahlgepanzerten, alles zerstörenden Bestie zu bringen, setzte ihnen mit großen Sprüngen voraus, gefolgt von Kieron, den seine Furcht vor dem stampfenden, rasselnden Monstrum gnadenlos antrieb; ihm wiederum folgte Jago auf den Fersen, der rot angelaufen war und seine kurzen Beine lauthals verfluchte.
    Doch obwohl die Gefährten alles gaben, holte der Koloss beständig auf. Im gleißenden Blick seiner Glutaugen warfen die Flüchtlinge lange Schatten, während sie den schnurgeraden Gang hinabrannten, der keinen Abzweig zu besitzen schien. Auch hier waren die Wände fast spiegelglatt, hingen wirre Stränge von der Decke, die Kieron an das Moos auf den Shantik-Bäumen erinnerten. Mit dem Unterschied, dass dieser Ort weit gefährlicher war als selbst der tiefste Dschungel Madagors.
    Wie es Thong gelungen sein mochte, die Gefährten aufzuspüren, wusste niemand zu sagen, auch nicht, wie ein Wesen aus Fleisch und Blut, das die Gottheit der Rattenkrieger offenkundig war, es schaffen konnte, eine steinerne Mauer einzureißen. Alle diese Fragen hatten im Augenblick keine Bedeutung, es zählte nur das nackte Überleben.
    Obschon ihre Lungen brannten von der schlechten Luft und ihre Beine kurz davor waren, unter ihnen zusammenzubrechen, rannten sie immer noch weiter, während ihr Verfolger scheinbar mühelos aufholte – und dann erklang wieder jenes hässliche, flirrende Geräusch, das sie schon zuvor vernommen hatten …
    »Feuer!«, schrie Jago. »Er speit wieder Feuer!«
    »Dort hinein!«
    Unvermittelt war zu ihrer Linken eine Stollenmündung aufgetaucht, in die sie abbogen, während Thong hinter ihnen erneut ein loderndes Inferno entfesselte. Wieder schossen Flammen aus seinem Helmvisier, jagten als züngelnde Lohen an den Wänden entlang und hinterließen dunkle Brandspuren

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