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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Höhlenwände überkrustete, hätte dies nicht zugelassen. Dafür tat sich plötzlich eine Falltür auf, die mit dumpfem Krachen in die Tiefe fiel. Firnstaub wirbelte und glitzerte im Schein der Fackel. Als er sich wieder legte, konnte Kalliope sehen, dass sich unter der ersten Höhle noch eine zweite befand, die größer und geräumiger zu sein schien. In den Stein gehauene Stufen führten hinab.
    Obwohl Neugier eine unter Gildeschwestern verpönte Eigenschaft war, konnte Kalliope sich ihrer nicht erwehren. Gespannt folgte sie dem Prinzen, der sie an der Hand nahm und über die schmalen Stufen in die Tiefe führte – in eine geheimnisvolle Welt, wie Kalliope staunend feststellte.
    Dergleichen hatte sie noch nie gesehen.
    Die Höhle war mit Eis überzogen, dessen Oberfläche so glatt war, dass sie wie ein Spiegel wirkte; nicht nur das Licht der Fackel reflektierte sich darin, auch sich selbst und Erik konnte Kalliope dutzendfach sehen, und das Gewölbe schien sich nach allen Seiten unendlich weit zu erstrecken. Seine tatsächlichen Abmessungen ließen sich dadurch nur schwer erahnen, aber Kalliope nahm an, dass es in Wahrheit sehr viel kleiner war, als es den Anschein hatte. Und noch einen Effekt hatten die zahllosen Spiegelungen – nämlich dass das Herzstück der Höhle geschickt verborgen wurde.
    Kalliope bemerkte die Säule aus Eis erst, als sie unmittelbar davor stand, und selbst dann nahm sie zuerst die verzerrten Abbilder von sich und Erik wahr.
    »Sieh«, sagte der Prinz deshalb und deutete nach oben, und nun erst erkannte Kalliope den Gegenstand, der in den rund zwei Klafter durchmessenden Pfeiler eingelassen war.
    Es war ein Schild, aus Metall gefertigt und von kreisrunder, gewölbter Form.
    Noch mehr als der Schild selbst jedoch nahm Kalliope der Anblick des Zeichens gefangen, das als golden schimmernde Verzierung auf seinem Rücken prangte: zwei Halbkreise, die sich im Scheitel berührten, dazu ein Strich, der sie senkrecht durchlief …
    Die Assoziationen brachen unerwartet über sie herein.
    Ihre ohnmächtige Furcht.
    Das Keuchen ihres Peinigers.
    Sein grinsendes Gesicht.
    Das Bild auf seiner nackten Brust …
    Kalliope stieß einen Schrei aus und sank in die Knie, wäre gestürzt, wenn Erik sie nicht aufgefangen hätte.
    »Was hast du?«, fragte er besorgt.
    »Dieses … dieses Zeichen«, stammelte sie, auf das Symbol auf dem Schildrücken deutend.
    »Du kennst es?«
    »Ich habe es schon einmal gesehen«, antwortete sie ausweichend, während sie sich wieder zu fassen suchte.
    »Und weißt du auch, was es bedeutet?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Weißt du es nicht, oder willst du es mir nicht sagen?«, hakte Erik nach. Es schwang keine Bitterkeit in seiner Frage mit, er schien es nur einfach wissen zu wollen.
    »Ich weiß es wirklich nicht«, erklärte Kalliope. »Dieses Zeichen ist mit bereits begegnet, aber weder weiß ich, was es zu bedeuten hat, noch warum es ausgerechnet hier zu finden ist. Warum hast du mich hierhergeführt? Was hat es mit dieser Kammer auf sich?«
    »Dieser Schild«, erwiderte Erik, »ist der Grund, warum die Gilde sich so für Jordråk interessiert.«
    Kalliope schüttelte den Kopf. »Du musst dich irren. Ich wüsste nicht, was …«
    »Es heißt, der Schild hätte besondere Kräfte«, eröffnete Erik, während er bewundernd an der Säule emporblickte.
    »Was für Kräfte?«
    »Das weiß niemand. Der Schild wurde uns lediglich zur Aufbewahrung überlassen.«
    »Von wem?«
    »Von einem Fremden. Er war ein Schmied, aber zugleich auch ein Gelehrter. Ein Mann der Wissenschaft.«
    »Die Wissenschaft ist eine gefährliche Disziplin«, zitierte Kalliope das, was ihr ein Leben lang beigebracht worden war. »Sie versucht das Wirken der Urmutter zu verstehen und sucht die Gesetze der Natur zu beugen.«
    »Jener Mann, von dem ich spreche, war auf der Flucht«, fuhr Erik in seinem Bericht fort. »Nachdem man ihn durch die Weiten des Sanktuarions gejagt hatte, gelangte er schließlich nach Jordråk, wo mein Vater ihm Obdach gewährte und ihm eine Zuflucht gab. Zum Dank übergab er uns diesen Schild, als er uns verließ – er sagte, er würde uns eines Tages von großem Nutzen sein.«
    »Wann ist das geschehen?«
    »Ich war noch ein kleiner Junge. An den Fremden kann ich mich kaum erinnern – aber er war es, der meinen Vater die Schrift lehrte und ihn dazu überredete, auch mich in Sprache und Künsten unterweisen zu lassen.«
    »Ein kluger Mann«, anerkannte Kalliope. »Aber warum

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