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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sie. »Leb wohl, Mädchen. Und sieh dich vor.«
    »Das werde ich«, versicherte Kalliope, die es eilig hatte, sich aus der Umarmung zu lösen. »Lebt wohl, Meisterin Audra. Und habt … vielen Dank.«
    »Kalliope!«, drang es vom Schiff herab. »Wo steckst du?«
    Dem Ruf gehorchend, wandte Kalliope sich ab, ging zur Kaimauer zurück und betrat die Planke. Als sie sich noch einmal umwandte, war Audras gedrungene Gestalt bereits in der Dunkelheit verschwunden.
    Nachdenklich, das Stundenglas noch in den Händen, stieg Kalliope die Planke hinauf. Was hatte Audra gemeint, als sie von neuen Erkenntnissen sprach? Wovon genau war die Rede gewesen? Einem Gefühl gehorchend, nahm Kalliope ihren Packsack von der Schulter, öffnete ihn und ließ das Geschenk der alten Gildeschwester darin verschwinden. Womöglich war es besser, wenn Cedara vorerst nichts von der Sache erfuhr – und so war sie schon zum zweiten Mal an diesem Tag dabei, etwas vor ihrer Meisterin zu verheimlichen.
    Es war ein seltsames Gefühl, den Fuß auf das Deck des Schiffes zu setzen, das sie von Ethera fortbringen sollte. Meisterin Cedara erwartete ihre Schülerin mit tadelndem Blick, die schlanken Arme energisch in die Hüften gestemmt.
    »Nun?«, fragte sie nur.
    »Verzeiht, Meisterin«, sagte Kalliope. »Ich musste noch Abschied nehmen.«
    »Tatsächlich?« Cedara rümpfte die Nase, und Kalliope fürchtete, bei der innigen Umarmung, die Meisterin Audra ihr hatte angedeihen lassen, könnte etwas von deren strengem Geruch an ihr haften geblieben sein. »Gibt es etwas, das du mir erzählen möchtest?«
    Kalliope hielt den Atem an.
    »Nein«, behauptete sie dann mit einer Stimme, die zu ihrem eigenen Entsetzen voller Überzeugung klang.
    Cedara betrachtete Kalliope, so als wüsste sie genau, was ihre Schülerin verheimlichte. Dann jedoch schloss sie die Augen und schüttelte energisch das Haupt.
    »Komm mit.« Cedara schlug den Weg zum Achterkastell ein. »Kapitän Baramiro hat bereits Befehl zum Lösen der Leinen gegeben. Das Schiff wird in Kürze ablegen.«
    Kalliope atmete innerlich auf und folgte ihrer Meisterin quer über das Hauptdeck, auf dem rege Betriebsamkeit herrschte. Die Aeronauten – Männer mit ausgemergelten, sonnengebräunten Gesichtern, die größtenteils von den Sommerwelten zu stammen schienen – waren dabei, die zahlreichen Taue loszumachen, mit denen das Schiff am Landegitter festgemacht war. Heisere Befehle wurden allenthalben gebrüllt, von den beiden Frauen nahm niemand Notiz.
    Über eine schmale Treppe gelangten Kalliope und ihre Meisterin auf das Achterdeck des Schiffes, wo sich auch die beiden großen Steuerräder befanden, mit denen sich die am Heck befindlichen Windruder betätigen ließen. Ein schlanker, hochgewachsener Mann gab lautstarke Anweisungen. Dem Umhang und der gepflegten Kleidung nach war er der Kapitän und damit der Mann, in dessen Obhut die Gildeschwestern die nächsten Wochen verbringen würden.
    Über eine weitere Leiter gelangten sie auf die Plattform des Achterkastells, das im Fall eines Angriffs als Verteidigungsstellung dienen würde. An den Schilden, die unterhalb der Zinnen befestigt und von Pfeillöchern und Brandspuren übersät waren, konnte Kalliope ersehen, dass die Volanta wiederholt das Ziel feindlicher Angriffe gewesen war – tröstlich war allenfalls, dass sie diesen Angriffen bislang offenbar erfolgreich getrotzt hatte. Vom Achterkastell aus bot sich ein weiter Ausblick, nicht nur auf das Haupt und Vordeck des Schiffes, sondern auch auf den Kai und die Gebäude des Südhafens, über denen sich, von Sternen und Mond beschienen, der Gildepalast erhob.
    Wehmütig blickte Kalliope hinüber, als ein Ruck das Schiff durchlief. Der Kiel des Schiffes hatte das hölzerne Rost verlassen. Darunter erstreckte sich, gähnend und leer, die dunkle Weite des Sanktuarions.
    Nun gab es kein Zurück mehr.
    Kalliope spähte nach ihrer Meisterin, deren Augen milchig weiß geworden waren und die die Arme ausgebreitet hatte. Die Vorstellung, dass es allein ihre Geisteskräfte waren, die das Schiff in diesem Augenblick in der Luft hielten, war so ehrfurchtgebietend wie erschreckend.
    Cedara wartete noch, bis gemeldet wurde, dass alle Leinen gelöst waren, dann ließ sie die Volanta senkrecht steigen. Das Ein- und Ausmanövrieren aus dem Hafen oblag allein der Levitatin, später würde der Navigator das Steuern des Schiffes übernehmen, während die Gildeschwester weiter dafür sorgte, dass es in der Luft blieb, über

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