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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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weniger allerdings gefielen ihr die Konsequenzen, die sich daraus ergaben.
    »Die Erhabene Schwester hat in die Zukunft geblickt?«, fragte sie und sah ihre Meisterin erschrocken an. »Bedeutet das, dass … dass sie sterben wird?«
    Cedara erwiderte ihren Blick, ohne dass zu erkennen war, was sie dachte. »Das weiß niemand zu sagen«, entgegnete sie schließlich. »Manche Gildeschwestern entwickeln die Fähigkeit der Hellsicht, andere nicht. Es ist eines jener Geheimnisse, die der Kosmos noch nicht preisgegeben hat, und vielleicht wird er das auch nie. Denn wenn sie die Wahl haben, dann werden die Menschen die Lüge der Wahrheit immer vorziehen.«
    Kalliope wollte fragen, was ihre Meisterin damit meinte, als an die Tür ihres Gemachs geklopft wurde.
    »Meisterin Cedara?«, erklang eine männliche Stimme.
    Die beiden Frauen tauschten argwöhnische Blicke. Inmitten des Durcheinanders der umherstehenden Kisten trat Cedara einige Schritte zurück, sodass sie die Tür gut im Blick hatte. Die Hände hielt sie dabei halb erhoben wie ein Kämpfer, der eine Verteidigungshaltung einnahm. Dann nickte sie Kalliope zu.
    »Meisterin Cedara?« Wieder klopfte es.
    Mit einem Blick an sich herab prüfte Kalliope den Sitz ihrer Robe. Ein makelloses Erscheinungsbild, so die Lehre der Gilde, spiegelte die innere Balance wider. Niemand sollte Anlass haben zu der Behauptung, dass die Abgesandten Etheras es an Sorgfalt mangeln ließen.
    Mit einem Ruck zog sie den Riegel zurück und öffnete die Tür einen Spalt weit. Zu ihrer Verblüffung blickte sie in ein bekanntes Gesicht. Es war der junge Mann, der ihr aufgefallen war, als sie die Große Halle verlassen hatten. Stolz und aufrecht stand er vor ihr, der Blick seiner blaugrauen Augen war wach und aufmerksam, jedoch nicht misstrauisch.
    »Verzeiht die Störung, erhabene Frauen«, sagte er und verbeugte sich. Seine Stimme klang warm und angenehm und ganz und gar nicht so, wie Kalliope es von einem Barbaren erwartet hätte. »Ich bin Erik. Euer neuer Führer.«
    »Erik«, wiederholte Kalliope wenig geistreich.
    Der junge Mann, der fünf oder sechs Zyklen älter sein mochte als sie selbst, nickte. »Ihr habt doch nach einem neuen Führer verlangt, oder nicht? Wie es hieß, wart Ihr mit Hakkit nicht zufrieden …«
    »Er ist ein Animale«, erklärte Cedara, die ebenfalls hinzugetreten war.
    »Das Misstrauen der Gilde richtet sich gegen alle Kreaturen, die nicht dem Schöpfungsplan entstammen«, fügte Kalliope erklärend hinzu.
    »Dennoch sind sie ein Teil der Schöpfung«, hielt der Diener beredsam dagegen.
    »Ein Sachverhalt, über den sich trefflich diskutieren ließe«, meinte Kalliope, »allerdings nicht mit einem Bediensteten, dessen Aufgabe lediglich darin besteht, uns in der Festung herumzuführen.«
    In Eriks blaugrauen Augen blitzte es. »Natürlich nicht. Verzeiht meine Anmaßung.«
    »Wann kannst du uns zu dem Ort führen, an dem sich der Mord ereignet hat?«, wollte Cedara wissen.
    »Wann immer Ihr es wollt.«
    »Dann bring uns sogleich hin«, verlangte die Gildemeisterin. »Und wenn es dir möglich ist, sorge bitte dafür, dass unsere Kammer mit einem Tisch ausgestattet wird, an dem ich arbeiten kann.«
    »Wie Ihr wünscht«, sagte Erik und verbeugte sich abermals.
    Schon kurz darauf folgten sie ihrem jungen Führer, der wie bei ihrer ersten Begegnung einfache Wollkleidung und den ledernen Handschuh trug, durch das Gewirr der zugigen, fensterlosen Gänge.
    Wieso gerade er ausgewählt worden war, sie zu führen, vermochte Kalliope nicht zu sagen. Abgesehen davon, dass er nicht auf den Mund gefallen schien und die Allgemeinsprache fließend beherrschte, ließ Eriks Kleidung vermuten, dass er gewöhnlich mehr mit Tieren als mit Menschen verkehrte. Vielleicht war Fürst Magnusson ja auch der Ansicht, dass man die beiden Gildeschwestern ähnlich behandeln sollte wie Falken bei der Jagd – man beschränkte nicht nur ihre Freiheit, sondern nahm ihnen auch die Sicht und gab sie ihnen erst dann zurück, wenn feststand, was sie sehen sollten.
    Kalliope beschloss, wachsam zu bleiben. Dieser Tag hatte bereits einige Überraschungen für sie bereitgehalten. Sie wollte nicht noch mehr davon erleben.
    »In welchem Gemach hat Meisterin Glennara während ihres Aufenthalts auf Jordråk gewohnt?«, wollte Cedara unterwegs von Erik wissen.
    »In dem Gemach, das auch Ihr bezogen habt.«
    Die numerata seufzte hörbar. »Demnach ist dort nichts mehr, wie es zur Zeit der Tat gewesen ist.«
    »Nein,

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