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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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erzählen, die ich nicht wissen will. Aber wenn ich eingewilligt habe zuzuhören, habe ich auch eingewilligt, keine Fragen zu stellen. Es ist das einzige Kennzeichen einer wahren Freundschaft, dessen ich mir sicher bin: keine Neugier zu zeigen. Was immer Walter vorhat, mag so ungewöhnlich sein wie der Versuch, Hühnern das Autofahren beizubringen, aber ich will nicht über jeden Punkt aufgeklärt werden. Es ist zu spät am Abend. Ich möchte ins Bett. Und außerdem habe ich in diesen Dingen keine einschlägige Erfahrung. Ich wüßte nicht, was irgend jemand – einschließlich ausgebildeter Experten – sagen sollte, außer: »Kommen Sie, junger Mann, am besten gehen Sie mit ins Landeskrankenhaus. Die Jungs dort werden Ihnen schon eine Spritze verpassen, und dann stimmt die Richtung wieder.«
    »Was macht dir eigentlich Sorgen, Frank, wenn ich fragen darf?« Walter ist immer noch gespenstisch ernst.
    »Nichts Größeres eigentlich, Walter. Manchmal wache ich nachts auf, weil mein Herz so hämmert. Aber das legt sich, sobald ich das Licht anmache.«
    »Du bist ein Mann mit Grundsätzen, Frank. Es stört dich doch nicht, wenn ich das sage? In vielen wichtigen Fragen hast du deine Grundsätze.«
    »Es stört mich nicht, Walter, aber ich glaube nicht, daß ich irgendwelche Grundsätze habe. Ich geb mir nur Mühe, möglichst wenig Schaden anzurichten. Alles andere ist mir einfach zu schwierig.« Ich zeige ihm ein nichtssagendes Lächeln.
    »Glaubst du, ich habe Schaden angerichtet, Frank? Glaubst du, du bist besser als ich?«
    »Ich glaube, darum geht es nicht, Walter. Wir sind alle gleich.«
    »Du weichst mir aus, Frank. Ich bewundere nämlich feste Regeln. In allem.« Walter lehnt sich zurück, verschränkt die Arme und sieht mich taxierend an. Es könnte sein, daß wir noch mit den Fäusten aufeinander losgehen, bevor diese Sache vorüber ist. Ich würde allerdings weglaufen, um einem Boxkampf aus dem Weg zu gehen. Ja, ich spüre, wie der Gin anfängt zu wirken, wie sich ein angenehmes, verschwommenes Wohlbehagen in mir breitmacht. Und am liebsten würde ich damit auf der Stelle ins Bett gehen.
    »Gut, Walter.« Ich starre intensiv auf die Block-Insel und suche nach der Stelle, die X und ich vor all den Jahren ansteuerten. Sandy Point. Ich überfliege die Reihen der Bücher hinter Walters Kopf, als rechnete ich damit, diese zwei Worte auf einem freundlichen Buchrücken zu finden.
    »Aber sag mal, Frank, was tust du, wenn dich etwas plagt und du wirst es einfach nicht los. Du versuchst alles, aber es geht dir einfach nicht aus dem Kopf.« In Walters Augen kommt plötzlich Feuer, als habe er soeben mit seiner Willenskraft etwas Wildes und Zupackendes ins Leben gerufen, das ihn nun mitzureißen droht.
    »Na ja, manchmal hilft mir ein heißes Bad. Oder ein Nachtspaziergang. Oder ich lese in einem Katalog. Betrinke mich. Manchmal gehe ich wohl auch ins Bett und hänge schmutzigen Gedanken über Frauen nach. Danach fühle ich mich immer besser. Oder ich suche mir einen Kurzwellensender im Radio. Oder sehe mir Johnny Carson an. Ich bin selten in einer richtig schlechten Verfassung, Walter.« Mit einem Lächeln signalisiere ich ihm, daß ich das halbwegs ernst meine. »Vielleicht zu selten.« Oben höre ich Bosobolo über seinen Flur ins Bad gehen, höre seine Tür zugehen und seine Wasserspülung rauschen. Es ist ein heimeliges Geräusch – seine letzte Verrichtung vor dem Schlafengehen. Ein langes, befriedigendes Wasserabschlagen. Ich beneide ihn mehr, als irgend jemand ahnt.
    »Weißt du, was ich glaube, Frank?«
    »Was denn, Walter.«
    »Daß du wohl zu denen gehörst, die nicht wissen, daß sie einmal sterben werden, könnte ich mir denken.« Walter zieht plötzlich den Kopf ein, wie ein Mann, der bedroht worden ist und der gerade noch ausweichen konnte.
    »Wahrscheinlich hast du recht.« Meine strapazierte Geduld läßt mich gequält lächeln. Obwohl mich Walters Worte unvermittelt und heftig treffen – der erste Klumpen lehmiger Erde, der vom Sargdeckel abprallt, während die Trauernden wieder in ihre Buicks steigen und im Gleichklang die Türen zuknallen. Wer zum Teufel will jetzt über so etwas nachdenken? Es ist ein Uhr früh an einem Tag der Auferstehung und weltweiten Erneuerung. Jetzt über das Sterben zu reden, das ist ungefähr so, als müßte ich mit dem Hintern ein Liedchen pfeifen.
    »Vielleicht müßtest du einfach mal herzhaft lachen, Walter. Ich versuche jeden Tag zu lachen. Was ist der Unterschied

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