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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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schwarzen Wagen – so dicht vor mir, daß ich ihn nicht einmal identifizieren kann, aber es ist mit Sicherheit ein Wagen, mit viel Chrom und einem spiegelblanken schwarzen Lack. CHRYSLER steht über dem großen, breiten Kühlergrill.
    »Mein Gott, Wade«, sage ich und sehe ihn seitlich neben dem langen Kotflügel stehen, eine Hand auf der Spitze einer hohen Heckflosse, direkt über dem roten Rücklicht. Er grinst wie ein Verkäufer in der Fernsehwerbung, der diesmal etwas ganz Besonderes anzubieten hat, etwas, das der kleinen Hausfrau einfach gefallen muß , etwas, auf das jeder halbwegs vernünftige Mensch stolz sein würde, weil es eine Kapitalanlage darstellt, deren Wert nur noch steigen kann.
    Es ist ein großer Geldschrank von einem Wagen, mit breiten Weißwandreifen, raketenähnlichen Stoßstangen und der Ausstrahlung eines gehaltvollen Nachkriegsstylings, von dem mein Malibu nur noch traurige Reste aufweist.
    »So was bauen sie heute nicht mehr, Frank.« Wade macht eine Pause, um diese Worte wirken zu lassen. »Ich hab ihn selber wiederhergestellt. Cade hat mir ein bißchen geholfen, aber als die Arbeit am Motor getan war, wurde es ihm zu langweilig. Hab das Ding von einem Speckstein-Griechen in Little Egg gekauft, Sie hätten es sehen müssen. Braun. Voller Löcher. Vom Chrom kaum noch was zu sehen. Löchrig wie Schweizer Käse.« Wade mustert den Lack, als habe er ihn murmeln hören. Es ist kühl im Kellergeschoß, und der Chrysler scheint so kalt und hart wie ein schwarzer Diamant. »Mit der Jalousie da hinten gibt’s noch einige Arbeit«, räumt Wade ein.
    »Wie haben Sie den Wagen nur hier reingebracht?«
    Wade grinst. Auf die Frage hat er gewartet. »Ein Bilco-Tor, da hinten, von hier nicht zu sehen. Der Abschleppwagen hat ihn einfach runtergleiten lassen. Cade und ich hatten eine Rampe aus U-Eisen montiert. Ich mußte wieder schweißen lernen. Verstehen Sie was vom Lichtbogenschweißen, Frank?«
    »Rein gar nichts«, sage ich. »Ich sollte aber, ich weiß.« Ich sehe mir wieder das Foto von der Erdkugel an. So etwas trägt dazu bei, denke ich mir, die Dinge im richtigen Verhältnis zu sehen; in der schlichten Umgebung hier wirkt das Bild allerdings so exotisch wie ein Gobelin.
    »Nicht nötig«, sagt Wade sachlich. »Im Prinzip ist es recht unkompliziert. Alles dreht sich um den Widerstand. Sie würden das im Handumdrehen lernen.« Wade lächelt bei der Vorstellung, ich könnte eines Tages eine brauchbare Fertigkeit besitzen.
    »Was haben Sie eigentlich mit dem Wagen vor, Wade?« Die Frage ist mir eben eingefallen.
    »Darüber hab ich noch nicht nachgedacht«, sagt Wade.
    »Fahren Sie auch mal damit?«
    »O ja, sicher. Ich lasse den Motor an und fahre einen halben Meter vor und einen halben Meter oder etwas mehr zurück. Viel Platz ist hier unten nicht.« Er steckt die Hände in die Taschen, lehnt sich seitlich an den Kotflügel und blickt nach oben zu den tief hängenden Sparren und den Schlackensteinen dazwischen. Über uns höre ich gedämpfte Stimmen, das Geräusch von Schritten zwischen Küche und Eßzimmer. Ich höre Cade in eine andere Richtung stiefeln, zweifellos nach oben, um sich umzuziehen. Ich höre Elvis Presleys Pfoten über den Küchenboden tappen. Dann nichts. Wade und ich schweigen, mit dem Chrysler und miteinander.
    Diese Situation könnte natürlich in eine Katastrophe münden, wie es solche Situationen oft tun. Angst vor dem, was er mich jetzt vielleicht arglos fragen wird, oder die noch größere Angst, daß mir dann möglicherweise keine Antwort einfallen wird und daß ich dann nur dastehen werde, stumm wie ein Fisch – das alles läßt mich wünschen, ich wäre wieder oben, um Seite an Seite mit meinem alten Freund Cade im Fernsehen zu verfolgen, wie die Knicks die Cavaliers am Boden zerstören. Der Sport ist ein erstklassiges Sicherheitsventil, wenn du mitsamt deinem Wertesystem zwar freundlich, aber unerwartet einer genauen Prüfung unterzogen wirst.
    »Was sind Sie eigentlich für ein Typ?« wäre eine vollkommen natürliche, neugierige Frage. »Welche Absichten verfolgen Sie bei meiner Tochter?« (»Ich bin mir da keineswegs sicher«, wäre keine sehr befriedigende Antwort.) »Für wen, zum Teufel, halten Sie sich eigentlich?« (Ich wäre sprachlos.) Plötzlich ist mir kalt, obwohl Wade, so wie’s aussieht, keine Überraschungen aus dem Ärmel ziehen wird. Er ist jemand mit Prinzipien, die ich achte, und ich hätte gern, daß er mich mag. Mit anderen Worten: All die guten

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