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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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peng, traf uns ein furchtbarer Verlust. Praktisch über Nacht, so schien es. Vicki und Cade konnten es nicht verkraften. Ich weiß also, was ›kompliziert‹ heißt.« Er nickt, um das eigene Elend zu bestätigen.
    »Es war bestimmt eine schwere Zeit«, sage ich.
    »Eine Scheidung ist wohl ähnlich, Frank. Lynettes geschiedener Mann war eigentlich ganz nett. Ihr zweiter Mann – der erste ist auch gestorben –, den hab ich kennengelernt. Ein netter Kerl, auch wenn wir keine Freunde sind. Aber sie konnten’s einfach nicht miteinander. Das ist nicht abfällig gemeint. Sie hat in Oklahoma auch einen Sohn verloren.«
    Vicki hat offenbar Ralph erwähnt – warum auch nicht, er ist schließlich ein offizieller Teil meiner Vergangenheit. Sein verlorenes Leben hilft, mein eigenes besser zu erklären und in Teilen zu verdeutlichen. Wade – und darüber freue ich mich – tut hier sein möglichstes, mich, um es in seinen eigenen Worten zu sagen, »als Individuum zu akzeptieren« und, wie ich es ausdrücken würde, in dem Maße er selbst zu sein, wie das einem Mann gegenüber überhaupt möglich ist, den er nicht kennt und den er ebensogut vom ersten Moment an hassen könnte. Er könnte mich hier unten durch die Mangel drehen, und ich würde ihn gern wissen lassen, wie sehr ich zu schätzen weiß, daß er es nicht tut – ich weiß nur nicht recht, wie ich das anstellen soll. Mit seiner direkten und unzweideutigen Art, die so gar nicht meinen Erwartungen entspricht, hat er bewirkt, daß mir die Worte fehlen.
    »Wade, wo in Texas sind Sie aufgewachsen?« frage ich mit einem hoffnungsvollen Lächeln.
    »Ich komme aus dem Nordosten Nebraskas, Frank. Aus Oakland, genauer gesagt.« Er kratzt sich am Handrücken, vielleicht denkt er an Weizenfelder. »Nach Texas bin ich erst als Student gekommen. 1953 hab ich mit der Landwirtschaftlichen und Technischen Hochschule angefangen. Da war ich schon verheiratet. Vicki war unterwegs, glaube ich. Ich brauchte ewig bis zu meinem Abschluß, und all die Jahre hab ich auf dem Ölfeld gearbeitet. Was ich da aber über Frauen gesagt habe, hat damit zu tun, daß ich nach dem Tod meiner ersten Frau, Esther, Angst hatte, ich könnte mich nie mehr für Frauen interessieren. Verstehen Sie? Man kann nämlich das Interesse an Frauen verlieren, Frank. Ich meine jetzt nicht, was das Bett angeht, sondern hier oben.« Wade sieht mich an und deutet mit dem Zeigefinger mitten auf die Stirn. »Man verliert den Kontakt zu sich selbst , zu den eigenen Bedürfnissen. Und genau das ist mir passiert. Vicki kann Ihnen das bestätigen, sie hat sich damals um mich gekümmert.« Wade verdreht auf eine Weise die Augen, die bei ihm geradezu lächerlich wirkt; bei Vicki habe ich es allerdings schon oft beobachtet, und es ist absolut möglich, daß er es von ihr übernommen hat. Es ist die Gebärde einer Frau und läßt auch Wade fraulich erscheinen, so als sei er nicht Manns genug gewesen, die schweren Lektionen auszuhalten, die das Leben ihm erteilt hat. »Ich hab in dieser Zeit einige verrückte, wirklich verrückte Dinge getan, Frank«, sagt Wade mit einem versöhnlichen Lächeln an die eigene Adresse (er ist kein New-Ager, das steht fest). »In einem Einkaufszentrum hab ich ein Baby gekidnapt. Ist das verrückt genug?« Wade sieht mich voll Verwunderung an. »Ein kleines farbiges Mädchen. Ich kann Ihnen heute nicht mal sagen, warum. Damals hätte ich wohl gesagt, es sei der Griff nach einer Bindung gewesen, nach einer Verpflichtung. Ein Ruf aus der Wüste. Ich hätte aus dem Todestrakt des Zuchthauses rufen können, wenn sie mich erwischt hätten. Und das hätte ich auch verdient gehabt, weiß der Teufel.« Wade nickt ernst in den Schatten, als seien dort nun all seine dunkelsten Antriebskräfte eingesperrt und könnten ihn nicht mehr erreichen.
    »Das ist schon eine üble Geschichte, Wade. Wie sind Sie da wieder rausgekommen?«
    »Ich saß verdammt tief in der Patsche, Frank. Zum Glück hab ich das Baby zu seinem Kinderwagen zurückgebracht. Aber ich hatte es vorher schon bei mir im Auto. Weiß der Herr, was ich mit ihm angefangen hätte. Du gerätst da in einen Dämmerzustand, eine Art Zwischenwelt.«
    »Vielleicht wollten Sie’s ja gar nicht tun. Daß Sie die Geschichte nicht durchgezogen haben, spricht stark dafür, finde ich.«
    »Die Theorie kenn ich natürlich, Frank. Aber ich will Ihnen sagen, was passiert ist. Eines Tages traf ich einen alten Studienkameraden namens Buck Larsen wieder. Es war bei einem

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