Sportreporter
jetzt die Fäuste und drückt sie vor der Brust sanft gegeneinander, während sein Blick zu einer etwa fünf Zentimeter vom Tischrand entfernten Stelle auf dem weißen Leinentuch zurückkehrt. Er denkt immer noch über Teams nach, über Eigenschaften, die ein Team braucht und nicht braucht. Ich könnte mich eindringlich darüber auslassen, bis es Zeit wird, wieder nach Hause zu fahren, aber ich muß zugeben, daß mir das ganze Thema inzwischen ein unbestimmtes Unbehagen verursacht.
»Sie wollen damit also sagen, Frank, und möglicherweise hab ich mich da jetzt völlig verheddert, aber Sie wollen doch wohl sagen, dieses Konzept –« Wade sieht mich glückstrahlend an »– läßt unser menschliches Element außer acht. Hab ich recht?«
»Das drückt es gut aus, Wade.« Ich nicke in völliger Übereinstimmung. Wade hat es jetzt auf einen Nenner gebracht, der ihm gefällt (und der zudem ein vielseitig verwendbares Sportklischee darstellt). Und mich befriedigt es wie einen guten Sohn, daß ich ihm beipflichten kann. »Ein Team ist wirklich etwas Faszinierendes für mich, Wade. Es ist ein Ereignis, keine Sache. Es ist die Zeit und nicht die Uhr. Es läßt sich nicht auf einen Mechanismus und auf feste Rollen reduzieren.«
Wade nickt und hält dabei das Kinn zwischen den Daumen und Zeigefingern. »Schön, schön, ich hab’s, glaube ich, verstanden.«
»So wie heute darüber geredet wird, Wade, bleibt die ganze Idee des Helden draußen, und ich persönlich bin noch nicht bereit, darauf zu verzichten. Ty Cobb hätte sich nicht damit zufriedengegeben, eine Rolle zu spielen.« Ich blicke erwartungsvoll zu Cade hinüber, aber seine Augen wirken schläfrig und voller Abscheu. Unter dem Tisch fangen meine Knie an zu zucken.
»Ich auch nicht«, sagt Lynette mit unruhigem Blick.
»Ungeklärt bleibt dabei auch, warum die größten Spieler wie Ty Cobb oder Babe Ruth manchmal nicht die Leistung bringen, die sie bringen sollten. Und warum die besten Teams verlieren, während Teams, die eigentlich verlieren sollten, gewinnen. Da geht es um Teamwork einer anderen Art, glaube ich. Da geht’s nicht nur um das Spielen von Rollen und um Maschinen, wie einem heute viele weismachen wollen.«
»Ich glaube, ich hab das verstanden, Wade«, sagt Lynette und nickt. »Er will sagen, Sportler und all die Leute, die mit Sport zu tun haben, sind nicht allzu schlau.«
»Ich glaube, das faßt es ganz gut zusammen, Schatz, auf das läuft’s wohl hinaus«, sagt Wade trübsinnig. »Manchmal reicht es. Manchmal wird es zuwenig sein.« Er spitzt die Lippen und fixiert meine These wie eine im dünnen Äther seines Geistes schwebende Kristallvase.
Ich blicke auf den Nachschlag auf meinem Teller, von dem ich noch nichts gegessen habe und auch nichts essen werde, das blasse Lamm, erstarrt und hart wie ein Stück Holz, und daneben die unberührten Erbsen und Broccoli, so kalt wie die Weihnacht. »Wenn ich diese Überzeugung in unserer Kolumne ›Meinungen aus der Redaktion‹ vertreten kann, Wade, und damit eine halbe Million Menschen erreiche, dann habe ich mich – aus meiner Sicht – in einen größeren Zusammenhang gestellt, mich, wie Sie es nannten, den Ereignissen auf einer höheren Ebene zugewandt. Ich weiß nicht, was ich danach eigentlich noch tun kann.«
»Da ist das ganze Leben auf den Punkt gebracht, finde ich«, sagt Lynette, denkt dabei aber an etwas anderes, und ihre klaren grünen Augen erkunden, wer seinen Teller noch nicht leer gegessen hat.
Aus der Küche kommt das Klicken einer elektrischen Kaffeemaschine, dann ein Sprudeln und Tropfen, Seufzer wie von einer eisernen Lunge, und ich erwische unverhofft eine Duftwolke von Cade, der nach Schmieröl und spätjugendlicher Wildheit riecht. Er kann hier nicht anders. Sein kurzes Leben – von Dallas bis Barnegat Pines – hat noch kaum etwas Besonderes geboten, und er weiß es. Zu meinem – kleinen – Bedauern gibt es jedoch nichts auf Gottes Erdboden, womit ich sein Leben bereichern könnte. Ein künftiges Empfehlungsschreiben von mir und Angeltouren nur für uns drei Männer – so etwas zieht bei ihm nicht. Vielleicht wird er mich eines Tages bei zu schnellem Fahren erwischen, und dann können wir das Gespräch, das jetzt nicht möglich ist, nachholen und in wesentlichen Fragen völlige Übereinstimmung erzielen – ob es nun um den Patriotismus geht oder um die Baseballtabelle am Ende der Saison, Themen, die an diesem Nachmittag sofort zu Handgreiflichkeiten führen würden. Das
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