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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Ledersessel ans offene Fenster zu setzen, mit jemandem, den wir lieben oder mögen, ein Glas zu trinken, den Sportteil der Zeitung zu lesen und vielleicht ein Weilchen zu dösen und wieder aufzuwachen, ehe der Tag ganz zu Ende ist, uns ein wenig in unseren kühlen Gärten zu bewegen und den Vögeln zuzuhören, die in den Bäumen ihre lieblichen Abendlieder singen. Für solche wohltuenden Intermezzi sind unsere Vororte gebaut worden. Und wenn wir uns behutsam mit ihnen einlassen, können sie uns wohl befriedigen, ganz gleich, wo wir im Leben stehen, ganz gleich, ob wir die obengenannte Freiheit besitzen oder nicht. Zuweilen – wenn ich, sagen wir, allein im nebligen Spokane oder im kühlen Boston bin – kann ich mich nach diesem schlichten Einklang von Tag und Ort so sehr sehnen, daß mir fast eine unvernünftige Träne kommt. Es ist natürlich eine Art Sehnsucht nach dem Land, aber sie kann uns alle übermannen.
    Alles scheint sich nun schneller zu bewegen.
    Ich bin im Nu durch Freehold, biege an der Trabrennbahn rechts ab und schlage mich zur Landstraße 1 durch, vorbei an Pheasant Meadow und Pheasant Run. »Ein gutes Leben – hier ist es erschwinglich« steht auf der Rückseite der Hinweistafel.
    Im Radio bringt der Sender in Trenton gerade ein Sportquiz, und ich weiß auf die Fragen nie die richtige Antwort; ich muß jedesmal raten. Wessen Rekord brach Babe Ruth mit seinen sechzig Homeruns im Jahr 1927? Harry Heilmanns Rekord, rate ich, aber die Antwort war: »Seinen eigenen.« Wer wurde 1941 in der Nachwuchsrunde zum besten Spieler gewählt? George Kell, der Blitz aus Newport, ist meine Vermutung. Phil Rizutto, der Spaghetti aus Glendale, ist die Antwort. Ich kann ganz gut damit leben, solche Kenntnisse nicht zu besitzen und im Schreiben von Sportreportagen keinen eigentlichen Beruf zu sehen, sondern eine angenehme Gemütsverfassung, eine gewisse Art , Dinge zu vermitteln und nicht die Vermittlung exakten Wissens. Eine Vermutung auf Grund solider Kenntnisse macht mir immer wieder Spaß, denn ich fühle mich dabei wie einer aus der großen Masse und nicht wie ein Computer, der Statistiken ausspuckt und den Sport auf eine fade Angelegenheit von Buchhaltern reduziert. Wenn im Sport kein Platz mehr ist fürs Theoretisieren, selbst seichtes, zielloses, auf falschen Informationen beruhendes Theoretisieren, dann ist etwas kaputtgegangen – ganz gleich, was Mutt Greene denkt –, und dann wird es Zeit, aus dem Geschäft auszusteigen und den Statistik-Freaks und Computer-Assen die Show zu überlassen.
    An der Kreuzung der Landstraße 1 mit der 533 fahre ich nach Süden zum Haus Mrs. Millers. Ich würde gern die am Donnerstag ausgefallene Sitzung nachholen, vielleicht sogar mit komplettem Handlesen. Wenn mir Mrs. Miller beispielsweise sagen würde, ich riskierte eine schwere Störung meines seelischen Gleichgewichts, wenn ich Walter im Leichenschauhaus identifizierte, und ich würde dann möglicherweise nie mehr meine Kinder zu sehen bekommen, dann würde ich doch anfangen, an Alaska-Krabben und einen Abend vor dem Fernseher in einem Motel irgendwo bei Philadelphia zu denken, um am nächsten Morgen die Dinge vielleicht in einem neuen Licht zu sehen. Warum über unglückselige Prophezeiungen hohnlächelnd hinweggehen?
    Leider ist aber Mrs. Millers kleines Backsteinhäuschen hermetisch verschlossen. Keine staubigen Buicks stehen in der Garageneinfahrt. Nirgends ein Zeichen von dem immer knurrenden Dobermann in dem eingezäunten Teil hinter dem Haus. Die Millers (wie mochten sie wirklich heißen?) sind für die Feiertage verreist, und ich habe zwei Sitzungen nacheinander verpaßt – für sich allein schon kein gutes Zeichen.
    Ich fahre in die Einfahrt und bleibe dort, wie vor drei Tagen, stehen und starre auf eine Lücke zwischen den schweren Vorhängen, als könnte ich so erzwingen, daß dort jemand erscheint. Ich komme »zufällig« an meine Hupe. Ich wäre glücklich, wenn die Lücke etwas vergrößert würde, wenn die Tür hinter dem staubigen, feinmaschigen Gitter einen Fingerbreit aufginge, so wie letztes Mal. Eine nette Nichte würde schon genügen. Ich würde zehn Dollar für ein bißchen Small talk mit irgendeiner dunkelhäutigen Schwägerin zahlen. Sie bräuchte keine wahrsagerischen Fähigkeiten. Ich würde trotzdem gestärkt von hier weggehen.
    Aber dazu wird es nicht kommen. Autos rasen hinter mir über die Landstraße, und keine Nichte kommt und winkt mich herein. Keine Tür bewegt sich. Die Zukunft,

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