SPQR - Der Falke von Rom: Teil 1: Imperium (German Edition)
Nation der Islamischen Welten von Mekka und Medina – so zumindest die offizielle Bezeichnung. In den Augen der Regierenden und dem Großteil der Bevölkerung war es das Zentrum Allahs, der Hort des Glaubens oder schlichtweg: der Vorplatz zum Paradies.
Für alle nicht so gläubigen Bewohner war es allerdings die wahre Hölle. Und Frauen waren wenig mehr wert als Droiden und fristeten ihr Dasein tief verschleiert und oft völlig abgeschieden von der Außenwelt hinter den Mauern der Häuser. Holo-TV-Sender und außerplanetare Nachrichtensender wie GNN waren schon so lange aus Glaubensgründen verboten, dass sie nicht nur unbekannt waren, sondern große Teile der Bevölkerung sogar die Bedeutung dieser Worte vergessen hatten.
Kinder wurden erzogen, um Krieger Allahs zu werden. Zumindest die männlichen. Mädchen wurden als zukünftige Frauen gesehen, die in Zukunft, so Allah will, Krieger gebären konnten. Bis dahin musste man sich mit dem Schicksal abfinden, anstatt eines Jungen „halt so eins zu haben“, so die allgemeine Ansicht.
Und seitdem die regierenden Geistlichen in Droiden eine Segnung Allahs für die wahren Gläubigen sahen, war es nicht mehr nötig, Frauen in die Öffentlichkeit zu schicken, da die Droiden alle solche Gänge auch, und sogar besser, erledigen konnten.
So zeichneten sich die Islamischen Welten vor allem in zwei Dingen aus: erstens das völlige Fehlen des weiblichen Geschlechts in der Öffentlichkeit und zweitens ein kaum vorstellbares Droidengewimmel auf den Straßen, das sonst seinesgleichen in der Hegemonie suchte. Nirgends waren prozentual gesehen mehr Haushalts-, Service- und Transportdroiden im Verkehrsaufkommen zu beobachten als hier. Selbst Newton, der Hersteller der meisten Droiden, sah solche Droidenmassen mit Argwohn und Abscheu, obwohl die „Islamisten“ zu den besten Kunden zählten.
In der Residenz Allahs auf Erden, so hieß der Regierungspalast offiziell, saß der Rat der Auserwählten Verkünder des Wortes Allahs im Konferenzzimmer des Rates im Kreis zusammen. Wer allerdings glaubte, dass die Anwesenden auf einem Perserteppich im Kreis zusammen hockten, der irrte gewaltig. Ihre entlang der Wände aufgestellten Sessel waren deshalb kreisförmig angeordnet, weil der Raum rund war. Natürlich gab es einen Teppich, der war allerdings nicht der allseits vermutete handgeknüpfte Perser, sondern ein grüner Lebendteppich von Tikal, der den Raum mit seinem aromatischen Duft und frischem Sauerstoff erfüllte und fast wie eine kurz geschnittene Wiese wirkte.
Auch die Sessel hatten nicht die Form, die man traditionell hätte erwarten können. Es waren HighTech-Produkte von Newton – mit integrierten Kommunikations- und Comp-Verbindungen, Massageeinrichtung und mit einer Vielzahl von weiteren Annehmlichkeiten, die Außenstehende hier nie vermutet hätten. Doch der Rat war schon vor Jahrhunderten zu dem Ergebnis gekommen, dass Luxus nur dann verwerflich war, wenn er nicht das Wirken zum Wohle Allahs unterstützte und bloßer Selbstzweck war. Daher hatte der Rat prinzipiell und immer Anspruch auf alles, was gut und teuer war, da er den Willen Allahs auf Erden symbolisierte und für die Gläubigen auslegte, sodass diese frei von solchen oft sehr schwierigen Entscheidungen unbeschwert ihrem Glauben und der Arbeit nachgehen konnten.
Der Erste erwählte Verkünder des Wortes Mohammeds und Vorsitzender des Rates, Mustafa Suyin, ein fast zwei Meter großer Mann mit asiatischen Vorfahren und grasgrünen Augen, die das Paradies Allahs widerspiegelten, so die einhellige Meinung der Gläubigen, war ein Mann, der als Kind und Jugendlicher viel Zeit mit dem Studium des Korans verbracht hatte.
In dieser Zeit hatte er erkannt, dass der Koran, ebenso wie die Bibel und die Thora, viele Hinweise enthielt, die einen eindeutigen Beweis für die Richtigkeit einer fast beliebigen Auslegung für jeden gewünschten Vorgang herbeizaubern konnten. So konnte ein „Nein“ zu einem „Ja“ werden und ein „Vielleicht“ zu was auch immer notwendig war. Die Tatsache, dass er das noch besser beherrschte als der Rest der Gläubigen, manifestierte sich in der Position des Vorsitzenden des Rates, die er nun unangefochten hielt.
In stiller Meditation, natürlich zur besseren Deutung und Interpretation des Willens Allahs, beobachtete er seine Mitbrüder des Rates, die ihre Gebetsketten durch die Finger gleiten ließen. Es war immer wieder erfrischend, festzustellen, dass es tatsächlich „erwählte
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