Sprengkraft
Nacht?«
Grüter brüllte: » Ich mache nur rasch etwas fertig, okay ?«
Lene starrte ihn an.
Grüter versuchte ein Lächeln. »Entschuldige, Liebes.«
»Kann ich dir helfen?«
»Nicht mit deiner verletzten Hand, danke, Lene.«
Wie zum Beweis, dass er sehr gut allein zurechtkam, schwang Grüter den Sack auf die Ladefläche.
Dann ging er, um rasch den nächsten Beutel zu holen. Er hoffte, seine Frau würde im Haus verschwunden sein, wenn er zurückkam.
Doch Lene schrie. Ein hysterisches Kreischen, das sie nur unterbrach, um Luft zu holen.
Grüter eilte zurück.
Die Plastikhaut des Sacks war aufgerissen.
Zanders Arm baumelte von der Ladefläche.
Lene hielt sich die Ohren zu und hörte nicht auf zu schreien.
Teil V Dschihad
Freitag, 20. März, Düsseldorfer Morgenpost, Titelseite:
Bundesinnenminister Schäuble: »Im Kampf gegen den Terror ist jedes Mittel legitim«
Kölner Kurier, Titelseite:
Höchste Alarmstufe: Berlin denkt über flächendeckende Kameraüberwachung nach
Blitz, Titelseite:
Die letzte Fahrt der Carola Ott – wer drängte sie in den Tod? Für die einen war sie eine Lichtgestalt, für die anderen ein Schreckgespenst. Doch ihr tragischer Tod schockiert die Menschen auch über Parteigrenzen hinweg. Carola Ott-Petersen, 42, war der Shootingstar der deutschen Politik. Bereits am Dienstag hat sie auf ihrem Motorrad den Tod gefunden. Ein Radfahrer fand ihre Leiche an einer Landstraße bei Krefeld-Uerdingen. Deutschland rätselt: Wie konnte es dazu kommen?
Fest steht: Carola Ott fuhr zu schnell und hatte Alkohol im Blut. Doch sie beherrschte ihre Harley-Davidson und die Straßenverhältnisse waren gut. Fest steht auch, dass Ott Feinde hatte. Religiös fanatisierte Wirrköpfe, aber auch Spitzenpolitiker etablierter Parteien, die um ihre Macht fürchteten, weil die Freiheitlichen-Chefin die Herzen der Wähler zu erobern begann. Musste sie sterben, weil sie zu unbequem war? Dass sich die Polizei vorschnell auf einen Unfalltod festlegte, verstört Angehörige und Freunde. Gab es Anweisung von oben, den Mordverdacht nicht weiterzuverfolgen?
Ott hinterlässt Ehemann Dr. Ole Petersen (Psychiatrieprofessor in Köln) und die gemeinsame Tochter Franziska (6). Petersen erreichte die Nachricht vom Tod seiner Frau bei einer Kongressreise in den USA, die er sofort abbrach. Weggefährten Carola Otts legten gestern an der Todeskurve Kränze nieder, ließen ihren Tränen freien Lauf. Alle betonten, wie bravourös Ott bis dahin alle Anfechtungen verkraftet hatte. Die Energie der mutigen Carola schien grenzenlos zu sein. Moritz Lemke, Sprecher der Freiheitlichen und rechte Hand der Parteichefin, fasst die Gefühle zusammen: »Wir sind schockiert, die Trauer ist unbeschreiblich. Aber wir sind es Carola Ott schuldig, den Weg fortzusetzen, den sie Deutschland aufgezeigt hat.«
59.
Der Klingelton ihres Handys riss Anna aus dem Schlaf. Sie tastete nach dem Klamottenhaufen neben dem Bett, bekam das Telefon zu fassen und nahm das Gespräch an.
»Ja?«
»Morgen, Anna, Thilo hier«, antwortete der Blondschopf vom KK 11. »Sorry, wenn ich dich geweckt habe.«
Neben ihr knarrte es, Paul begann, sich zu regen. Anna dachte daran, dass es beim ersten Mal nie das ganz große Feuerwerk war, aber mit Paul Veller war es dem schon erstaunlich nahegekommen. Dann fiel ihr Jonas ein, ihr Freund, und dass sie sich entscheiden musste.
»Was gibt’s?«, fragte Anna und las die Digitalanzeige des Weckers: 6.20 Uhr – in zehn Minuten hätte das Ding ohnehin Alarm gegeben.
Paul gab ein leises Brummen von sich.
Thilos Stimme kam zögernd und klang bedrückt. »Ich dachte, du sollst es nicht über Umwege erfahren. Er war immerhin dein Partner, zumindest in der letzten Zeit …«
»Zander?«, unterbrach sie. »Was ist mit ihm?«
Paul hatte sich aufgesetzt, kratzte sich am Nacken und warf ihr einen fragenden Blick zu.
»Er ist tot«, sagte Thilo.
Anna rang um Luft.
»Wie es aussieht, hat Benno Grüter …«
»Wer?« Anna war laut geworden. »Was sagst du da?«
»Grüter von den Rauschgiftleuten. Er hat Zander erschossen und in Tüten gepackt.«
»Steckt dein Kollege in der Klemme?«, ließ sich Paul vernehmen.
Anna wiederholte fassungslos: »In Tüten gepackt?«
»Scheiße, ja. Grüters Frau hat kurz vor halb vier den Notruf gewählt, deshalb waren die Kollegen der Kreispolizei Neuss als Erste vor Ort. Wir sind seit einer halben Stunde in Liedberg und … Mein Gott, Scheiße, es sieht
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