Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
rieb die Linke und gab etwas mehr Gas. »Ich könnte eine Bombe kaufen, inschallah. «

    »Was sagst du da?«

    »Profisprengstoff, der nur hochgeht, wenn du es willst, verstehst du?«

    »Woher willst du das Zeug kriegen?«

    »Kontakte.«

    »Aus deiner Zeit mit Noureddine?«

    Rafi ging nicht weiter darauf ein. Natürlich meinte er die Kurden und ihre PKK. Und falls die ihm nichts gaben, konnte er es bei den Russen probieren, die jetzt das Drogengeschäft beherrschten.

    Said fragte: »Ist das nicht riskant?«

    Der Regenschauer fand ein Ende, die Sonne brach durch die Wolken und ließ den nassen Asphalt leuchten. Entlang der Straße bemerkte Rafi Plakate, die eine aufreizend leicht gekleidete Frau zeigten – die Schlampe warb für eine Fotoausstellung in einem der vielen Museen, die es hier gab. Unwillkürlich fiel ihm Tasnim ein. Er sah genauer hin. Unglaublich, wie verdorben dieses Land war: Bilder von Nutten in aller Öffentlichkeit. Hier regierte zweifellos der Teufel.

    Aber ein Museum wäre kein gutes Ziel, überlegte Rafi. Zu wenige Besucher.

    »Kino«, sagte Said unvermittelt.

    Rafi blickte ihn fragend an.

    Said spann seinen Gedanken weiter: »Zum Beispiel das Ufa am Bahnhof oder das UCI im Hafen, inschallah. «

    Vor ihnen tat sich die Tunneleinfahrt auf. Rafi schaltete das Licht ein. Er überlegte und kam zu dem Ergebnis, dass ihm der Gedanke ebenfalls gefiel.

    »Saal eins im UCI ist der größte in der ganzen Stadt«, sagte Said. »Samstagabend um halb neun ist der knallvoll.«

    »Da laufen amerikanische Filme«, ergänzte Rafi.

    »Denkst du, wir kommen mit einem Koffer rein?«

    »Wir verteilen den Sprengstoff auf zwei Rucksäcke oder so und verstecken das Zeug unter dem Sitz.«

    »Mit Bruder Yassin sind wir zu dritt. Drei Bomben in drei Sälen, die gleichzeitig hochgehen.«

    Rafi hob die Hand und Said klatschte ihn ab.

    »Amerikanische Filme sind auf jeden Fall gegen den Koran«, stellte Rafi fest. »Und wenn Allah es will, bleiben wir nicht im Saal, sondern fahren zum Flughafen und tauchen unter.«

    »Afghanistan?«

    »Ich dachte an mein altes Dorf im Rif-Gebirge. Das weckt keinen Verdacht bei den Behörden. Und wenn sie uns nicht aufspüren, kommen wir zurück, inschallah, und schlagen wieder zu. Zack-wumm, verstehst du?«

    Sie lachten.

    Rafi nahm die Ausfahrt Landtag/Hafen, bog an der Ampel rechts ab und folgte der Vergnügungsmeile entlang des sogenannten Medienhafens.

    Am Ende der Straße erhob sich der gläserne Kinokomplex. Obwohl es erst Mittag war und noch keine Vorstellung lief, standen drei Schlampen vor der Drehtür und rauchten. Eine vierte kam heraus, vermutlich hatte sie Karten besorgt. Trotz des nasskalten Wetters war ihr Bauch zwischen Jeans und Pulli eine Handbreit nackt.

    Rafi musste wieder an Tasnim denken und an seine eigene Schwester, Musliminnen auf dem Weg ins Verderben. Dann rief er sich die Bilder vom Heiligen Krieg im Irak ins Gedächtnis, die er im Internet gesehen hatte. Sprengfallen, Autobomben, die Heldentaten der Märtyrer. Er spürte eine seltsame Erregung.

    Er sah zur gewölbten Glasfassade hoch und stellte sich die Detonation in Zeitlupe vor. Wie in einem Actionfilm, made in USA: Die Druckwelle lässt sämtliche Scheiben in Milliarden kleiner Splitter zerbersten, die im Licht glitzern und auf den Asphalt regnen.

    Schnitt, Innenaufnahme, immer noch Slow Motion: Hunderte von Menschen, Schock in ihren Gesichtern, platzende Haut – Gewebeklumpen und Körperteile stieben empor wie ein Schwarm Stare, in dessen Baum man schießt.

    Und Blut, Blut, Blut, das auf die Kinoleinwand spritzt, bis sie völlig davon bedeckt ist.

    »Genial«, sagte Rafi.

    Doch Said wirkte auf einmal betrübt.

    »Was ist los, Bruder?«, fragte Rafi.

    »Wir haben nicht das Geld für Profisprengstoff.«

    »Lass das mal meine Sorge sein.«

17.

    Moritz ging nach vorn ins Sekretariat. Heike war bislang als Einzige mit einer Kaffeemaschine ausgestattet. Er goss sich einen Becher voll und warf einen Euro in die Dose, die als Kasse diente.

    Die Sekretärin sagte: »Großes Lob soll ich Ihnen ausrichten. Frau Ott findet die Berichterstattung im Blitz genial. Sie ist vor einer Stunde in Berlin-Tegel gestartet und müsste bald da sein.«

    Moritz nippte vom Kaffee und verbrannte sich den Gaumen.

    Das Telefon klingelte. Heike reichte den Hörer weiter. Es war die Redaktion der Anne-Will-Talkshow. Eine junge Frau war dran und sagte den Termin für Sonntag wieder ab.

    Moritz ärgerte

Weitere Kostenlose Bücher