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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Wüstenvolk, das davon lebte, anderen die Köpfe einzuschlagen.«

    »Du übertreibst«, widersprach Moritz. »Solche Stellen findest du in der Bibel auch.«

    »Nicht im Neuen Testament.«

    »Trotzdem, wir sollten vorsichtig sein, Carola.«

    Sie verzog das Gesicht. »Angst vor den Islamisten, Moritz?«

    »Nein. Aber wir dürfen nicht denen in die Hände spielen, die uns als rechtsradikale Muslimhasser und Ausländerfeinde darstellen wollen.«

    Carola neckte ihn: »Angst vor dem Mainstream der Gutmenschen. Einknicken gegenüber der Political Correctness.«

    Für einen Moment musste Moritz an das Urteil seines Exkollegen Wilke denken: Publicitygeil bis zum Gehtnichtmehr und im Herzen tiefbraun.

    »Wir müssen nicht alle Tabus auf einmal sprengen«, sagte er. »Nicht gleich zu Beginn.«

    »Wie du meinst. Du bist das Kommunikationsgenie.«

    Sie klang nicht überzeugt. Moritz beugte sich zu ihr und senkte die Stimme. »Treffen wir uns heute Abend?«

    Die Parteichefin in spe schüttelte den Kopf. »Heute nicht. Ich bin todmüde. Außerdem habe ich das dumpfe Gefühl, dass mein Mann etwas ahnt.«

18.

    Anna Winkler freute sich auf das Wochenende. Jonas, ihr Freund, war von einer Dienstreise zurückgekehrt und sie hatten sich zum Essen verabredet. Die Mordbereitschaft, zu der sie eingeteilt gewesen war, hatte sie mit einem Kollegen getauscht, und so waren keine Störungen zu befürchten.

    Das war Annas Plan: ein romantisches Dinner im Restaurant, als wäre nichts gewesen, danach zu ihr oder ihm. Morgen, beim Frühstück, die fällige Aussprache, aber ohne die Nachtragende zu spielen und seine Worte von neulich auf die Goldwaage zu legen. Die Harmonie wiederfinden – warum sollte das nicht möglich sein?

    Beim Aufräumen ihres Schreibtisches fiel Anna eine Broschüre in die Hand: Polizei und Moscheevereine – Leitfaden zur Zusammenarbeit.

    »Gehst du noch mit ein Bierchen trinken?«, rief Zander durch die offene Verbindungstür.

    »Keine Zeit, Padre.«

    »Verstehe. Ihr vertragt euch also wieder?«

    Anna schlug die Broschüre auf und las: In vielen arabischen Familien empfindet es der Mann als Missachtung seiner Autorität, wenn man zuerst die Frau begrüßt oder eine Frage an sie richtet. Deshalb gilt hier allein der Ehemann als kompetenter Ansprechpartner.

    Das darf doch nicht wahr sein, dachte Anna.

    »Ich drück euch die Daumen«, ließ ihr Zimmernachbar sich vernehmen.

    Anna ignorierte ihn.

    Kinder sind im muslimischen Kulturkreis hoch angesehen und mit einem Begriff von ›Ehre‹ verbunden. Daher ist es schon vom Grundsatz her problematisch, Eltern mit einem Fehlverhalten ihrer Kinder zu konfrontieren.

    Nebenan spielte ein Handy altmodische Rockmusik. Verzerrte Gitarre, Orgeltöne, hämmerndes Schlagzeug, bis Zander endlich ranging.

    Anna blätterte weiter. Anscheinend war bei Muslimen alles problemgeladen. Ein Kind anzusprechen, eine Frau zu berühren, selbst bei einem Unfall.

    Bei der Entwicklung interkultureller Kompetenz hat die Po-lizei die Aufgabe, auf Basis ihrer umfassenden sozialen Fertigkeiten auch in Interaktion mit Einwanderer- oder Migrantengruppen stets situationsadäquat zu handeln.

    Weltfremdes Soziologenlatein, dachte Anna. Sie warf den Leitfaden in die Schublade und ging zur Tür, um sich von Zander ins Wochenende zu verabschieden.

    Der ältere Kollege winkte sie ganz aufgeregt zu sich. Zögernd trat Anna näher.

    Zander stand von seinem Drehstuhl auf und hielt sein Handy so, dass sie die Worte des Anrufers aufschnappen konnte. Ein schwacher Geruch nach Zanders Rasierwasser drang in ihre Nase.

    »… und deshalb dachte ich, dass ich dir Bescheid geben sollte, Effendi.«

    Anna kannte nur einen, der ihren Kollegen so nannte: Hiwa Kaplan, der kurdische Junkie von neulich.

    »Gut so«, lobte Zander. »Fünfzehn Kilo, sagst du?«

    Anna strengte sich an, die Stimme aus dem Handy zu verstehen.

    »Ja, was soll ich ihm antworten?«, fragte Hiwa, die einstige Hoffnung seiner Eltern.

    »Verlang erst einmal eine Probe davon, und zwar nicht zu wenig, damit du den Reinheitsgrad analysieren kannst. Schlag ihm vor, dass ihr euch in dem Internetcafé an der Kölner Straße trefft. Du weißt schon. Der Schuppen, den sein Bruder einst als Café für Sportwetten gepachtet hatte.«

    Anna überlegte: Bot etwa Abderrafi Diouri Rauschgift an?

    »Er wird mir die Probe nur geben wollen, wenn ich ihm Geld zeige.«

    »Kein Problem. Das besorgen wir.«

    »Und wenn er nicht darauf eingeht?«,

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