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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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spe bis zu ihrer Inthronisierung vor den übrigen Gazetten abschirmte.

    Vogel war den Ideen der Freiheitlichen gegenüber aufgeschlossen. Solange ihm seine Verlagsleitung nicht dazwischenfunkte, war er gewillt, der neu formierten Partei publizistischen Rückenwind zu geben.

    Mit dem Boulevardblatt auf seiner Seite rechnete Moritz mit einer glatten Verdopplung der Wählerstimmen. Dass die anderen Zeitungen aus Trotz umso härter auf die Freiheitlichen einhacken würden, musste er riskieren.

    Er arbeitete die Liste ab, hörte sich Beschimpfungen enttäuschter Redakteure an und vertröstete sie auf die Pressekonferenz, die er für Samstagabend plante.

    Danach hatte er einen Moment Zeit, um Erkundigungen über die umstrittene Ausstellung in Berlin einzuziehen, und erfuhr, dass der Kunstverein Tiergarten eine dänische Künstlergruppe namens Surrend in seine Galerie an der Turmstraße eingeladen hatte. Der Laden wurde vom Bezirksamt finanziert und war bislang nur von lokaler Bedeutung gewesen. Die jetzt gezeigten Poster machten sich über religiösen Fanatismus jeglicher Art lustig, auch über den von Christen.

    Schon wieder die Dänen, dachte Moritz.

    Als er einen Vertreter des Kunstvereins an der Strippe hatte, erfuhr Moritz, dass die Ausstellung gerade geschlossen wurde, weil vor der Galerie ein Tumult tobte: Wütende Türkenkids drohten mit Steinwürfen, falls das Poster, das ihr Heiligtum als dummen Stein titulierte, nicht abgehängt würde.

    Der Typ vom Kunstverein ließ durchblicken, dass er nicht so schnell nachgegeben hätte, wenn nicht das Bezirksamt Druck ausgeübt hätte.

    Moritz fragte auch dort nach. Die Dame vom Amt sprach von gebotener Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle und tadelte die Unsensibilität der Ausstellungsmacher.

    Das darf doch nicht wahr sein, dachte Moritz. Die Rede des Schriftstellers Rolfes hallte in seinem Kopf nach: Wer sind wir denn, dass wir uns überlegen müssten, ob unser Tun und Handeln den muslimischen Fanatikern gefällt?

    Moritz beschloss, den Zoff um das Poster zum Skandal aufzublasen, und formulierte die ersten Sätze einer Presseerklärung der Partei.

    Das Telefon klingelte und Heike verband Moritz mit einer weiteren Zeitungsredaktion.

    »Moritz Lemke, was kann ich für Sie tun?«

    »Lemmi, du?«, staunte sein Exkollege Andreas Wilke vom Kölner Kurier.

    Obwohl Moritz gedacht hatte, mit sich im Reinen zu sein, waren seine Zweifel wieder da, so heftig, dass ihm fast schwindelte.

    Wilke wiederholte: » Du arbeitest für die Freiheitlichen?«

    »Auf freier Basis und nur bis zur Landtagswahl«, antwortete Moritz und versuchte, ruhig und gelassen zu klingen.

    »Ausgerechnet unser Lemmi macht PR für Rechtsradikale?«

    »Die Freiheitlichen sind nicht rechtsradikal. Die Partei hat sich gewandelt. Außerdem muss endlich mal der Filz in NRW aufgemischt werden. Das siehst du doch auch so.«

    »Red keinen Scheiß, Moritz!«

    »Die Etablierten haben längst die Bodenhaftung verloren. Die Politbonzen brauchen einen Dämpfer. Ein Erfolg der Freiheitlichen wäre auch ein Erfolg der Demokratie.«

    »Dein Wahlkampfgeschwätz glaubst du doch selbst nicht. Eure Basis besteht aus rechten Chaoten, die genauso gut bei der NPD aufgehoben wären. Schau dir bloß mal die Internetseiten an.«

    Moritz hatte bislang keine Zeit gefunden, sich darum zu kümmern. Noch ein Punkt auf seiner To-do-Liste.

    »Und eure neue Vorsitzende ist vom gleichen Kaliber. Das Motorradschätzchen ist publicitygeil bis zum Gehtnichtmehr und im Herzen tiefbraun.«

    »Du kennst sie nicht wirklich.«

    »Aber du, Moritz, was? Komm, hör auf, gib mir lieber einen Termin mit ihr.«

    »Ach, mit dem tiefbraunen Schätzchen?«

    »Mein Chef will ein Interview im Blatt sehen. Hagedorn besteht darauf. Ich brauche deine Parteivorsitzende noch heute. Aber erwarte von mir keine blinde Lobhudelei wie im Blitz. «

    »Versuch’s mal in Berlin.«

    »Hab ich schon. Dort heißt es, sie sei nicht zu erreichen.«

    »Ich kann dir leider erst behilflich sein, wenn Frau Ott-Petersen zur Parteivorsitzenden gewählt worden ist. Also frühestens …«

    Wilke unterbrach ihn: »So lange kann ich nicht warten. Du kennst doch Hagedorn. Der orientiert sich am Blitz und mit dem redet sie ja wohl jeden Tag.«

    »Andreas …«

    »Du hast sie doch nicht etwa exklusiv an den Blitz verkauft?«

    »Reg dich nicht auf. Sie spricht derzeit mit keinem Blatt.«

    »Und was ist mit dem heutigen Aufmacher in diesem Lügenblatt?

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