Sprengkraft
der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamts NRW.
»Kann ich zurückrufen?«, wisperte Veller. »In einer Stunde sind wir fertig.«
»Nein, es eilt«, beschied Meerhoff.
Veller schlich mit einer entschuldigenden Geste aus dem Raum, sein Handy am Ohr.
»Es geht um die Explosion in Düsseldorf«, erklärte Meerhoff. »Die Generalbundesanwältin ersucht uns, die Ermittlungen zu führen.«
Auf dem Flur roch es nach Kaffee. Eine BKA-Kollegin eilte vorbei. Veller winkte ihr zu. »Uns?«, fragte er in das Telefon.
»Ja, es gibt Hinweise auf einen religiös-politisch motivierten Anschlag.«
»Das habe ich mir gedacht. Aber warum nicht das BKA?«
»Weiß der Geier. Vielleicht weil die Abteilung in Berlin zu viel am Hals hat. Oder weil der Anschlag nur ein Fehlschlag war, wie’s aussieht. Trotzdem eine heiße, höchst sensible Kiste. In Abstimmung mit Karlsruhe geben unsere Presseleute gerade eine erste Mitteilung über den terroristischen Charakter des Unglücks heraus. Ich bin dabei, die BAO zu bilden. Sie, Veller, stellen Ihre Ermittlungskommission zusammen. Geben Sie mir Bescheid, falls Sie ohne Verstärkung nicht auskommen.«
BAO stand für › Besondere Aufbauorganisation‹, die von der Tatortarbeit über den Kontakt mit allen möglichen Staatsschutzdienststellen und Geheimdienstbehörden bis hin zu den einsatzbegleitenden Presseerklärungen alles koordinierte. Auch die Ermittlungskommission zählte dazu.
Wieder nichts mit dem Dienstagskick, dachte Veller und ging zurück in den Konferenzraum, um Tasche und Laptop zu holen.
Veller gab seinem Alfa Spider Stoff, die Rückfahrt nach Düsseldorf dauerte nur knapp eine Stunde. Währenddessen stand sein Handy nicht still. Über die Freisprechanlage telefonierte er mit dem Leiter der Mordkommission des Düsseldorfer Präsidiums, einem gewissen Thilo Becker, in dessen Händen der Fall bisher gelegen hatte, und ließ sich auf den Stand der Dinge bringen. Zwei Tote – über keinen von ihnen besaßen die Staatsschützer des Präsidiums einschlägige Erkenntnisse. Stattdessen hatte der Überlebende eine Akte wegen mutmaßlicher Beteiligung an Drogendelikten. Vom Dealer zum religiösen Fanatiker – Veller wunderte sich schon lange über nichts mehr.
Er rief seine eigene Dienststelle an, vergewisserte sich, mit wie vielen Kollegen er für die Ermittlungskommission rechnen konnte, und bestimmte den Aktenführer. Er verteilte die ersten Aufgaben: Abfragen bei Verfassungsschutzbehörden und Bundesnachrichtendienst – dass die Düsseldorfer Polizei gegen die drei Bombenbastler nicht wegen politisch motivierter Straftaten ermittelt hatte, schloss nicht aus, dass sie längst auf dem Schirm der Schlapphüte gewesen waren.
Veller bat den zuständigen Kontaktbeamten des BKA in Berlin, die amerikanischen Dienste einzubinden – die Kerle, die 2007 im Sauerland Anschläge vorbereitet hatten, waren zuerst der US-amerikanischen NSA aufgefallen, die verdächtige E-Mails zwischen dieser Zelle und Pakistan abgegriffen hatte.
Schließlich telefonierte Veller mit der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe und bat darum, beim Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof eine Reihe von Beschlüssen zu beantragen: Wohnungen mussten durchsucht, Verbindungsdaten von Telefonen und Handys beschafft werden. Jeder neue Name, der dabei auftauchte, war ebenfalls zu überprüfen. Ein Wust an Schreibtischarbeit stand bevor.
Zähflüssiger Verkehr auf der A3 im Osten Kölns. Veller dachte über das Angebot seines Chefs nach: Geben Sie mir Bescheid, falls Sie ohne Verstärkung nicht auskommen. Es hatte eher wie ein Appell geklungen, Meerhoff nicht damit zu behelligen.
Der Abteilungsleiter hatte auf Vellers Handy die Kurzwahlnummer 002 – die 001, früher die Handynummer seiner Frau, hatte Veller seit der Scheidung nicht wieder vergeben.
Er musste es lange klingeln lassen.
»Meerhoff, Landeskriminalamt.«
»Paul Veller hier. Verstärkung wäre tatsächlich nicht schlecht. Ich habe außer dem Aktenführer nur acht Kollegen für die Kommission zur Verfügung. Wenn das PP Düsseldorf aus der bisherigen Mordkommission wenigstens zwei oder drei Leute abstellen könnte …«
»Ich frag nach. Wer leitet dort die Kriminalinspektion eins?«
»Keine Ahnung. Chefin des KK 11 ist Ela Bach, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Mal schauen, was sich machen lässt.«
Veller drückte die Taste am Lenkrad, mit der er auflegte. Er schaltete das Radio ein – Nachrichtenzeit.
Die
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