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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Gemeinsamen Internet-Zentrum zusammengestellt hatte. Das erste Blatt beschrieb den in München ansässigen Verein junger Muslime, in dessen Internetforum sich ein Rafi getummelt hatte.

    Veller lernte, dass der Verfassungsschutz die Gruppierung als Ableger der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland einschätzte, eine der ältesten muslimischen Organisationen in Deutschland, die seit Jahren von der radikalen ägyptischen Muslimbruderschaft dominiert wurde.

    Einerseits bewegt sich die IGD als Gründungsmitglied des Zentralrats der Muslime im »repräsentativen« Spektrum des Islam in Deutschland. Andererseits handelt es sich um eine Organisation mit sehr verzweigten und schwer durchschaubaren Verbindungen in die islamistische Szene.

    Entsprechend ambivalent schien auch das Internetforum des Vereins junger Muslime zu sein, laut Verfassungsschutz eine der beliebtesten Diskussionsplattformen deutscher Sprache zu Fragen des Islam.

    Der zweite Ausdruck dokumentierte einen Themenstrang des Forums, übertitelt mit Heiratsbörse. Die Beiträge datierten vom Oktober letzten Jahres. Jemand mit dem User-Namen Muslima72 beschwerte sich, wie schwer es für eine ernsthaft gläubige Muslimin sei, einen Partner zu finden. Ihre Eltern würden nur auf das Einkommen des Mannes schauen, nicht auf dessen Glauben. Sie selbst dürfe auf keinen Fall einen potenziellen Partner ansprechen, denn das sei unschicklich. Die Typen wiederum trauten sich nicht oder fielen gleich mit der Tür ins Haus, indem sie fragten, ob sie verlobt sei – unweigerlich fühle sich die Angesprochene dadurch zum Sexobjekt degradiert.

    Eine Zwickmühle religiöser Dogmen, in der sich die Frau verheddert hat, dachte Veller und las die Antworten.

    Die einen wiesen auf eine muslimische Internet-Heiratsbörse hin, für andere war es das falsche Mittel, denn dort tummelten sich Männer, die per Heirat eine Aufenthaltserlaubnis erwerben wollten oder außerehelichen Sex suchten.

    Veller stieß auf den Beitrag des Users namens Rafi. In schlampiger Rechtschreibung plädierte er dafür, gute Freunde mit der Partnersuche zu beauftragen.

    Im nächsten Beitrag empfahl ein BrudaSaid, der unendlichen Güte Allahs zu vertrauen. So habe es auch bei ihm geklappt. Auf keinen Fall dürfe die Frau den ersten Schritt tun.

    Na super, dachte Veller.

    Zwei weitere Postings bedankten sich bei BrudaSaid in höchsten Tönen für den Rat – offenbar war der Typ ein angesehenes Mitglied im Forum.

    Das dritte Blatt: Beiträge vom November. Erneut schrieb BrudaSaid. Vorangegangen war die Frage, ob der Islam reformiert werden müsse, da sich die Gesellschaft fortwährend wandle und die Religion vor die Aufgabe stelle, neue Antworten zu finden.

    Der User, der auf die Güte Allahs baute, hatte dazu eine klare Meinung:

    Wer behauptet, dass sich die Gesetze von der Schari’ah unterscheiden sollten, ist ein Kafir. Wer uns weismacht, dass wir gegen die Schari’ah verstoßen dürften, ist auch ein Kafir. Und zwar weil er sowohl Allah – subhanahu wa ta’ala – und Seinem Gesandten wie auch der übereinstimmenden Ansicht der Umma widerspricht. Es ist Aufgabe des Qadi, ihn zur Reue aufzurufen, wenn er ein Muslim ist. Wenn er bereut, ist es gut. Wenn er nicht bereut, muss er als Abtrünniger vom Islam getötet werden.

    Veller kannte die arabischen Begriffe. Kafir war ein Ungläubiger, Umma die weltweite Gemeinschaft der Muslime und Qadi der Richter.

    Todesstrafe für Abweichler – die Lakonie, mit der BrudaSaid sein Urteil formuliert hatte, ließ Veller schaudern. Er hätte gern gewusst, wie die übrigen Forumsteilnehmer reagiert hatten, doch der Ausdruck endete an dieser Stelle.

    Auf dem letzten Blatt ging es wieder um Männlein und Weiblein – ein Thema, das die Leute besonders bewegte, ob religiös oder nicht.

    Rafi beklagte sich über Frauen, die unverschleiert aus dem Haus gingen und damit die Männer zur Zina, also zur Unzucht, anstifteten. Er erwähnte ein Mädchen aus seiner Nachbarschaft, von dem er befürchtete, es könnte zur Schlampe werden.

    Veller notierte an den Rand: Abderrafi Diouri – unglücklich verliebt?

    BrudaSaid gab postwendend Antwort und empfahl, die junge Frau offen auf ihren Fehler anzusprechen und mit ihrer Familie zu reden oder, falls beides nichts helfe, bei künftigen Begegnungen die Augen niederzuschlagen, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen.

    Rafi erwiderte, dass er seinen Vorredner für die Klarheit der Ausführungen bewundere. Doch in seinem

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