Sprengkraft
blutest.«
Zander fasste sich an die Wange. Unter dem Pflaster, das Fatima Diouri ihm verpasst hatte, pochte es unverändert.
»Nein, da.«
Bisping machte eine Geste zum Kopf und Zander begriff. Er presste sein Taschentuch auf den Schädel und begutachtete den Blutfleck auf dem weißen Stoff. Unterdessen schleppte ein zweiter LKA-Mann einen Spurenkoffer herbei. Zander zeigte ihnen den Schlüsselbund.
»Die Schlüssel haben eure Leute gestern am Tatort gefunden«, erklärte er. »Mit Fingerspuren von Said Boussoufa drauf. Und hier ist der Schrank, zu dem die Dinger passen. Sieht nach elf Kilo Rauschgift aus und nach Zutaten zum Bombenbau. Ich hab lediglich die Griffe der Tasche und den Reißverschluss angefasst.«
»Gibt’s hier auch Licht?«
»Brennt schon.« Zander zeigte nach oben zur flackernden Funzel. »Viel Spaß noch, Leute, ich muss jetzt los.«
Er zwängte sich an den Kollegen vorbei und machte sich vom Acker.
Im Auto stellte Zander fest, dass sich das Leder seiner Jacke über den Innentaschen nicht bloß ein bisschen ausbeulte. Er blickte an sich herunter und kam sich vor wie eine Transe mit zwei fetten Titten.
41.
Veller zog die Bürotür hinter sich zu. Er beschloss, sich nicht für seinen Zusammenprall mit dem Staatssekretär in Berlin zu rechtfertigen. Kein Bericht an den Direktor, zumindest nicht schriftlich.
Können Sie mir verraten, warum ein Mensch sich so ändert?
Die Suche nach Anerkennung, vermutete Veller.
Ihm fiel siedend heiß sein Vater ein. Er nahm die Schachtel mit dem Reiseschachbrett aus der Schublade, versetzte den weißen Turm gemäß der gestrigen Anweisung und studierte die neue Konstellation. Er wurde nicht schlau daraus. Dass der gegnerische Turm ohne Not die offene Linie verließ und auf ein Feld wechselte, wo ein eigener Bauer das Vorankommen behinderte, erschien Veller unlogisch.
Vielleicht hatte Weiß einem Manöver gegen den Turm zuvorkommen wollen. Wie auch immer – Veller fühlte sich im Vorteil und griff mit einem seiner Bauern die feindliche Dame an. Er zog und tippte ins Handy: c5.
Die Antwort kam innerhalb einer Minute. Als hätte sein Vater neben dem Brett gewartet. Veller fiel ein Stein vom Herzen.
Da5.
Bleibt ihm auch nichts anderes übrig, dachte Veller und verschob die weiße Dame.
Sein Büroapparat klingelte. Ein Blick auf das Display: Die ersten Ziffern gehörten dem nordrhein-westfälischen Innenministerium an der Haroldstraße – ein Sesselfurzer, der schon wieder einen Report verlangte. Veller war versucht, den Anruf zu ignorieren, doch diesmal behielt sein Pflichtgefühl die Oberhand.
»Paul Veller, Landeskriminalamt.«
»Innenministerium, Günther Koch. Wegen der Bombe in Düsseldorf. Stimmt es, dass Sie die zuständige Ermittlungskommission leiten, Herr Weller?«
»Veller, mit V. Was gibt’s?«
Er kannte keinen Koch, jedenfalls nicht in der Abteilung vier, der die Polizeiaufsicht oblag und an die Veller seine Texte zur Beruhigung des Ministers zu schicken pflegte.
»Es geht um Michael Winner.«
Veller lief ein Kribbeln über den Rücken.
Der Anrufer sagte: »Sie suchen doch eine Person dieses Namens, wie ich hörte.«
»Ja, und?«, fragte Veller, lauter, als er wollte. »Reden Sie schon!«
Plötzlich war ihm klar, zu welcher Behörde des Innenministeriums der Beamte zählte, den er an der Strippe hatte: Abteilung sechs, das NRW-Landesamt für Verfassungsschutz.
Womöglich war auch Günther Koch nur ein Deckname. Täuschen, tricksen, tarnen – darin war die Geheimdienstbande am besten.
»Wir sollten uns treffen, Herr Weller. Wir haben da nämlich …«, der Anrufer hustete leise, »… ein kleines Problem.«
Keine dreißig Minuten später schüttelte Veller die Hand des Beamten. Auf dem Tisch im Besprechungsraum dampften die Kaffeebecher. Der Pressesprecher der Behörde war anwesend sowie Dombrowski, den Veller aus seiner Ermittlungskommission dazugeholt hatte. Zuletzt stürmte Vellers Vorgesetzter Meerhoff herein und schloss die Tür.
Günther Koch hatte sich ganz allein auf das Territorium des Landeskriminalamts begeben. Ein kleiner, drahtiger Mann um die vierzig, dessen akkurat getrimmter, grau melierter Vollbart die Weichheit seiner Gesichtszüge nicht kaschieren konnte. Der Vertreter des Landesamts für Verfassungsschutz musste sich vorkommen wie auf der Anklagebank, doch er ließ sich nichts anmerken.
»Wer ist Michael Winner?«, begann Veller das Gespräch.
»Das darf ich Ihnen
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