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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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leider nicht sagen«, antwortete Koch.

    »Aber er arbeitet für Ihre Behörde.«

    »Als V-Mann-Führer, ja.«

    »Heißt das, dass Yassin alias Dennis Scholl, geboren am 25. Januar 1984 in Haan, Rheinland – dass dieser Yassin ein Informant Ihrer Behörde war?«

    Der Verfassungsschützer verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Das ist korrekt.«

    Meerhoff fragte: »Die anderen beiden Kerle auch?«

    »Nein, nur Scholl.«

    »Sind Sie Michael Winner?«

    Koch lächelte. »Nein, ich arbeite im Referat 611, Grundsatzangelegenheiten und Auskunftsersuchen. Und falls Sie sich das etwa fragen: Günther Koch ist mein wirklicher Name.«

    »Wir brauchen Ihre Akte«, sagte Veller. »Und wir müssen diesen V-Mann-Führer vernehmen.«

    »Unmöglich.«

    Stille im Raum. Nur das Summen des Verkehrs auf der Völklinger Straße drang leise durch die geschlossenen Fenster.

    »Bitte haben Sie dafür Verständnis«, ergänzte der Bärtige.

    »So geht das nicht«, widersprach Veller und bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Womöglich haben die drei gar nicht aus eigenem Antrieb gehandelt, sondern Ihr famoser V-Mann-Führer hat sie als Agent provocateur eingesetzt.«

    »Na, hören Sie mal!«

    »Wäre nicht das erste Mal, dass Geheimdienstler zu einer Straftat anstiften.«

    »In diesem Fall nicht. Sie haben mein Wort.«

    Veller warf seinem Abteilungsleiter einen Blick zu.

    Meerhoff widersprach: »Damit kommen Sie nicht durch, Herr Koch.«

    Der Verfassungsschützer blinzelte, als blende ihn ein Licht. Dann zog er ein Schreiben aus seiner Mappe und schob es über den Tisch.

    »Dies ist unsere schriftliche Bestätigung, dass die beiden Marokkaner als potenzielle Gefährder unter Beobachtung standen, dass der Konvertit für uns als Quelle arbeitete, dass wir jedoch nichts von den Anschlagsvorbereitungen wussten.«

    Veller las den roten Stempel auf dem Deckblatt: geheim – amtlich geheim gehalten. Somit durfte das Dokument nicht einmal in den Prozessakten auftauchen. Kein Mensch außer ihnen sollte von der Verwicklung des Verfassungsschutzes erfahren.

    »Ich muss Ihnen doch nicht erklären, dass polizeiliche und nachrichtendienstliche Arbeit zwei Paar Stiefel sind«, fügte Koch hinzu. »Wenn wir Ihnen alles geben würden, dann würde es vor Gericht unweigerlich öffentlich gemacht. Jedermann wüsste, wie das nordrhein-westfälische Landesamt für Verfassungsschutz gegen das islamistische Milieu vorgeht. Die Arbeitsweise eines Geheimdienstes kann unmöglich transparent gemacht werden. Es geht hier nicht nur um aktuelle Operationen, die unmittelbar gefährdet wären, sondern um prinzipielle Kernfragen nachrichtendienstlicher Arbeitsweise. Dem Wohl der Bundesrepublik Deutschland würde schwerwiegender Nachteil entstehen. Verstehen Sie mich?«

    »Kommen Sie mir nicht mit der James-Bond-Nummer!«, schimpfte Meerhoff.

    Veller überlegte, was der wahre Grund des Mauerns war. Vielleicht Eitelkeit und das übliche Streben nach Herrschaftswissen.

    Der Mann vom Referat 611 lehnte sich zurück und stellte ein selbstbewusstes Lächeln zur Schau. Der Typ hat Rückendeckung, schoss es Veller durch den Kopf.

     
    Kurz darauf saß Veller im Büro des LKA-Direktors, der Kontakt mit der Generalbundesanwältin aufgenommen hatte. Die oberste Anklägerin der Republik zögerte jedoch, Druck auf die Landesregierung auszuüben, und wollte sich erst einmal in alle Details des Falls einweihen lassen. Veller würde deshalb nach Karlsruhe fahren müssen.

    Das bedeutete, sich morgen früh erneut um halb sechs aus dem Schlaf klingeln zu lassen und mindestens fünf Stunden im Zug zu sitzen. Vorausgesetzt, die Bahn war frei von Verspätungen.

    Wenn das der Preis für die Akteneinsicht war, war Veller bereit, ihn zu zahlen.

    Er rief die Kollegen der Ermittlungskommission zur Besprechung zusammen. Veller begrüßte Martin Zander, dem er bis jetzt noch nicht begegnet war: ein bulliger Kerl älteren Semesters. Eine frische Schramme zierte die rasierte Glatze, im Gesicht ein Pflaster und misstrauische Augen – ein Kerl, mit dem man nicht so schnell warm wird, erkannte Veller, als er ihm die Pranke schüttelte, und musste an einen Film denken: Bruce Willis, der es mit der ganzen Welt aufnahm.

    Als externer Berater nahm Thomas Heidenreich vom Düsseldorfer Präsidium teil, Mitarbeiter des dortigen Leitungsstabs und als Kontaktbeamter zuständig für die Moscheegemeinden der Stadt. Heidenreich verschaffte den Anwesenden einen Überblick über die

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