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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Ex.

    »Du kannst froh sein, wenn dir das Vieh nicht die Strümpfe zerkratzt.«

    Petra war kleiner als Carola und schlanker, zierlich für ihre fünfundvierzig Jahre, dabei ein Energiebündel, zumindest meistens. Ihr schwarzer Pulli und ihr kurzer Rock über der schwarzen, blickdichten Strumpfhose erinnerten ihn an die Mode zu der Zeit, als sie beide jung gewesen waren – jetzt vermutlich ein angesagter Retrolook und Moritz hatte das nur nicht mitbekommen.

    Sie trug ihre Reisetasche in das Zimmer, das Gretchen einst bewohnt hatte. Moritz tischte auf, was sein Kühlschrank bot. Käse und Wurst aus dem Bioladen, Tomaten, Sauerteigbrot. Er wusste, dass Petra die gleichen Dinge mochte wie er, zumindest war es früher so gewesen. Als sie sich an den Tisch setzte, fiel ihm ihre gute Laune auf.

    »Du fragst mich gar nicht, was für einen Termin ich hatte«, sagte Petra.

    »Muss jedenfalls gut gelaufen sein.«

    »Mir ist nach einem Gläschen Sekt zumute. Hast du etwas da?«

    Moritz holte die Flasche Champagner aus dem Kühlschrank, die Carola und er am Samstag nicht mehr getrunken hatten. Er öffnete sie und goss zwei Gläser voll.

    Sie musterte das Etikett und sagte: »Es scheint dir gut zu gehen.« Dann prostete sie ihm zu. »Ich hab ebenfalls einen neuen Job.«

    »Hier in Köln?«

    »Da staunst du, was?«

    »Du kommst also zurück?«

    »Ich dachte, wir könnten vorläufig eine WG bilden, zumindest die ersten Tage, bis ich eine eigene Bude gefunden habe. Du hast doch hoffentlich nichts dagegen?«

    »Ganz im Gegenteil! Und was ist mit Gretchen?«

    »Das steht noch nicht fest. Unsere Tochter hat sich nämlich verliebt und weiß im Moment nicht, was sie will, Köln oder München. Heute so, morgen so. Ich mach ihr da keine Vorschriften. Sie ist alt genug, finde ich.«

    Moritz hatte da seine Zweifel. »Gretchen ist erst sechzehn.«

    »Siebzehn in einem Monat.«

    »Und ihr Plan, das kommende Schuljahr in Frankreich zu verbringen?«

    »Schnee von gestern. Du weißt doch, wie sprunghaft Mädchen in dem Alter sind.«

    Er wusste es nicht. Gretchen lebte ja nicht bei ihm. Seine Tochter verliebt und allein in einer fernen Stadt – Moritz konnte sich das nicht recht vorstellen.

    Petra sagte: »Du hast mir immer noch nicht gratuliert.«

    »Was ist das denn für ein Job?«

    »Schauspielhaus, Pressestelle.«

    »Und die bayerischen Grünen?«

    »Von Politik hab ich endgültig die Nase voll.«

    »Gratuliere. Und natürlich kannst du hier einziehen, auch für immer. Das weißt du doch.«

    »Du gehst ja ganz schön ran.«

    »Unsere Trennung war ein Fehler.«

    Petra musterte ihn. »Wie geht es dir?«

    »Ganz gut.«

    »Erzähl von deiner neuen Arbeit.«

    Moritz schwieg.

    Petra hob die Augenbrauen. »Was ist los, Moritz?«

    »Ich muss dir etwas beichten.«

    »Sprich.«

    »Das Projekt, an dem ich arbeite …«

    »Für diesen Bauunternehmer.«

    »Ja, das heißt nein. Es ist vielmehr für eine Partei, die dieser Mann unterstützt. Für die Zeit bis zur Landtagswahl mache ich dort die Pressearbeit.« Moritz schluckte. »Falls sie die Fünfprozenthürde schafft, kriege ich einen hübschen Bonus. Und nach der Wahl suche ich mir sowieso etwas anderes.«

    Zwei steile Falten auf Petras Stirn. Moritz wich ihrem Blick aus.

    »Du meinst doch nicht diese …«

    »Doch«, gestand Moritz. »Genau diese. Ich hoffe, du verstehst das. Ich meine, so schlimm ist das nicht, glaub mir. Und es hat auch nichts mit uns zu tun.«

    Petra schwieg.

    »Nur bis zur Landtagswahl. Es hilft mir, diese Wohnung zu halten.«

    Keine Reaktion.

    »Sag mir, dass sich deshalb nichts an unserem Verhältnis ändert, ich meine …«

    Moritz sah ein, dass sein Reden nichts fruchtete, griff nach dem Telefon und erläuterte: »Ich muss noch mal kurz wohin.«

    Petra nickte nachdenklich.

    »Dauert wirklich nicht lang«, sagte Moritz, wählte Carolas Privatnummer und fragte ihren Mann nach den Unterlagen, die Gräfe brauchte.

    Als Moritz aufbrach, fühlte er sich, als habe sich unter ihm eine Klappe aufgetan und er befände sich im freien Fall.

     
    Das Haus der Ott-Petersens lag ruhig in der Rostocker Straße des Stadtteils Weidenpesch, gerade mal zehn Autominuten von seiner Wohnung entfernt, doch Moritz war zum ersten Mal in dieser Gegend. Ein weiß gestrichenes Gebäude mit Doppelgarage, der Vorgarten bestand aus einer schmalen Rasenfläche, die durch einen niedrigen Buchsbaumstreifen vom Gehweg abgetrennt war. Alles in allem stilvoll und

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