Sprengkraft
die heiße Phase des Wahlkampfs, und wie es aussieht, haben wir eine reelle Chance, den Filzokraten im Landtag in die Suppe zu spucken.«
»Neulich hast du mir noch gesagt, dass du insgeheim hoffst, die Fünfprozenthürde zu verfehlen.«
»Da kannte ich die Partei noch nicht so gut. Klar, wir haben ein paar Mitglieder, für die war die Einführung der Demokratie nach 1945 ein fataler Linksrutsch, weswegen sie Adenauer noch heute böse sind. Aber insgesamt sind die Freiheitlichen dabei, sich zu einer modernen Partei zu wandeln.«
»Was Petra vermutlich anders sieht.«
Moritz zuckte mit den Schultern.
Henning fragte: »Stimmt es, dass euch die Vorsitzende abhandengekommen ist?«
»Ihr Mann meint, dass sie schon mal für ein paar Tage weg war. Aber es kann auch sein, dass ihr etwas zugestoßen ist.«
»Wir haben uns getroffen.«
»Carola und du?«, fragte Moritz erstaunt. Dann fiel ihm ein, dass er ihr die Nummer seines Hacker-Freundes gegeben hatte. »Was wollte sie?«
»Sie behauptete, ihre Telefone seien verwanzt. Und sie wollte, dass ich mich in einen Computer in eurer Parteizentrale einhacke, aber das hab ich natürlich abgelehnt.«
»Wann war das?«
»Gestern früh rief sie mich von irgendeinem Flughafen aus an und wollte mich noch am gleichen Tag treffen. Wir haben dann im Spitz auf der Ehrenstraße zu Mittag gegessen und ich dachte, sie lädt mich ein, aber ich musste meinen Schafskäsesalat selbst bezahlen. Sie trug eine Lederkombi in Schwarz und Rot. Schmucke Braut, muss ich sagen, zumindest für eine Politikerin, die für die Zwangschristianisierung aller Muslime eintritt.«
»Tut sie nicht.«
»Dann eben für die Ausmerzung alles Fremden.«
»Das will kein Mensch bei den Freiheitlichen!«
»Hey, man darf doch einen Scherz machen, Alter.«
»Dienstagmittag, sagtest du?«
»So zwischen eins und zwei.«
»Dann bist du der Letzte, den ich kenne, der Carola gesehen hat.«
Henning griff nach der Flasche. »Ist sogar halbwegs kalt, der Sprudel. Soll ich aufmachen?«
»Lass mal. Du hast recht, es ist viel zu spät. Entschuldige die Störung.« Moritz stand auf.
Sein Freund begleitete ihn zur Tür. »Wenn Frau Ott abgetaucht ist, kann ich den Wanzendetektor wohl zurückgeben, den ich mir besorgt habe«, sagte Henning und schaltete die Treppenhausbeleuchtung ein.
»Was hattet ihr vereinbart?«, fragte Moritz.
»Dass ich morgen früh zunächst ihr Haus in Weidenpesch untersuche.«
»Du könntest etwas für mich tun, Henning.«
»Für dich oder für die Freiheitlichen?«, fragte der Computerfreak zurück.
43.
Als Zander mit einer weiteren Flasche von Beates Geburtstags-Chianti aus dem Keller kam, hörte er, wie sein Handy Laut gab. Hiwa Kaplan, dachte er – auf dem Küchentisch lagen zwei Beutel voller Heroin und warteten auf ihren Abnehmer.
Was tun, wenn Hiwas inhaftierter PKK-Kumpel Azad Barzani nicht mit dem Namen des Maulwurfs herausrückte? Dann bliebe Option zwei, dachte Zander: Rafi Diouri, der morgen aus dem Koma geholt werden sollte. Es war gut, zwei Eisen im Feuer zu haben.
Zander fand das Mobiltelefon in der Lederjacke, die über dem Stuhl hing. Der Anrufer hatte keine Nachricht hinterlassen. Zander tippte sich durch das Menü und fand eine Hamburger Nummer. Er wusste sofort, wem sie gehörte, und rief zurück.
»Pia Zander«, meldete sich eine Frauenstimme, die er viel zu selten vernahm.
»Hallo, Pia. Du hast mich angerufen.«
»Ich wollte nur ein bisschen plaudern, Papa.«
»Wie geht’s dir?«, fragte Zander.
»Ich hatte einen Unfall, aber es ist nicht der Rede wert.«
»Was ist passiert?«
»Mach dir keine Sorgen. Ich wollte eine Lampe montieren und bin etwas unglücklich von der Leiter …«
»Bitte?«
»Wirklich halb so wild.«
Zander verkniff sich die Frage, warum sich Pias Freund nicht um die verdammte Lampe gekümmert hatte. »Was ist kaputt?«
»Das Sprunggelenk. Sie haben mir einen Gips verpasst. Heute habe ich den ganzen Tag auf der Couch gelegen. Stell dir vor, meine Putzfrau hat mir selbst gebackene Plätzchen vorbeigebracht.«
»Sehr aufmerksam.«
»Frau Günes ist Gold wert. Sie trägt bei jeder Jahreszeit einen langen Mantel und zwei Kopftücher übereinander. Aber sie ist eine Seele von einem Menschen.«
Die Putze ist meiner Tochter näher als ich, dachte Zander.
Pia räusperte sich. »Hauptsache, dem Kind ist nichts passiert.«
»Welchem Kind?«
»Ich bin schwanger, Papa. Hab ich das noch nicht
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