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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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erzählt?«

    »Nein, hast du nicht. Glückwunsch.«

    Seine Tochter war siebenundzwanzig, im besten Alter für Nachwuchs, wie Zander fand. Sie arbeitete als Werbekauffrau in einer Hamburger Agentur, wenn sie nicht mit Gipsfuß auf dem Sofa lag. Ihr Freund Drago bezeichnete sich als Mediaplaner – Zander hatte keine Ahnung, was das bedeutete.

    Jetzt ist es so weit, dachte er. Ich werde Opa.

    Sein letztes Telefonat mit Pia lag vier Wochen zurück. Warum war sie nicht in Düsseldorf geblieben, wo die Reklamebranche ebenfalls florierte? Dann hätte er mehr von ihr und dem Enkel.

    »Ist eure Wohnung groß genug für Nachwuchs?«, fragte er.

    »Zu Beginn sicher.«

    »Wollt ihr heiraten?«

    »Erst einmal ist das kein Thema.«

    »Behalte auf jeden Fall deine Stelle.«

    »Hab ich auch vor. In spätestens zwei, drei Jahren will ich wieder arbeiten.«

    Zander hätte am liebsten entgegnet, dass sie gleich nach dem Mutterschaftsurlaub wieder ins Büro gehen sollte, um auf eigenen Füßen zu stehen.

    »Bist du glücklich?«, fragte er.

    »Klar.«

    Doch Zander fiel auf, dass Pias Stimme belegt klang.

    »Es wird ein Junge«, sagte sie. »Wenn’s nach mir geht, wird er Martin heißen. Wie sein Opa.«

    »Was hast du, Pia?«

    »Ich …« Sie schluchzte und es dauerte einen Moment, bis sie weiterredete. »Ich muss so oft an Mama denken und …«

    »Ja, mein Schatz?«

    »Ich frage mich manchmal, ob das, was Mama hatte, erblich ist.«

    »Ist es nicht.«

    Eine Weile war es still am anderen Ende, dann beteuerte Pia: »Es geht mir gut.«

    Zander spürte das starke Bedürfnis, seine Sachen zu packen und sofort nach Hamburg zu fahren. Auch wenn es wieder Streit mit Pias Freund geben würde – Drago glaubte, Zander hätte etwas gegen ihn.

    »Im Moment ist bei mir beruflich die Hölle los«, sagte Zander. »Sonst würde ich …«

    »Die Bombe?«, fragte Pia.

    »Ja, auch. Sobald ich hier weg kann, komm ich dich besuchen.«

    »Ich verfolge alles im Fernsehen. Jeden Tag gibt es einen Brennpunkt und die Talkshows kennen kein anderes Thema mehr. Frau Günes meint, das können keine Muslime gewesen sein.«

    »Es waren aber welche.«

    »Sie meint, keine echten. Ein echter Muslim würde Menschen helfen und nicht töten.«

    »Wenn sie es sagt.«

    Zander ging mit dem Handy auf und ab und dachte an Pias Freund. Wenn dieser Jugo sie schlecht behandelte, konnte er was erleben. Zander hatte Drago überprüfen lassen, eine Kriminalakte gab es über den Kerl nicht. Immerhin.

    »Freut sich Drago ebenfalls, dass du schwanger bist?«

    »Natürlich.«

    »Pia …«

    »Ja?«

    »Wenn Drago nicht möchte, dass der Junge Martin genannt wird, solltet ihr deswegen nicht streiten. Martin ist wirklich kein modischer Name.«

    »Modisch? War das eure Absicht, als ihr mich Pia genannt habt?«

    »Nein.«

    »Na, siehst du. Ich finde Martin gut.«

Teil IV Der Maulwurf

Donnerstag, 19. März, Düsseldorfer Morgenpost, Titelseite:

    Das Trio des Terrors: Rätselraten um seine Pläne

    Kölner Kurier:

    Bundesregierung: »Anschlagsgefahr so akut wie nie«

    Blitz:

    Multikulti am Ende? Wer schützt uns vor Bin Ladens Jüngern?

    Und darunter:

    Bangen um mutige Carola: vermisst nach Morddrohungen fanatischer Muslime!

44.

    Er schlug die Augen auf und wusste nicht, wo er war.

    Die Helligkeit blendete ihn. Weiße Wände, vor dem gardinenlosen Fenster ein trüber Himmel. Eine Frau im weißen Kittel hantierte neben dem Bett an einem metallenen Gestell. Ihr breiter Hintern streifte ihn.

    Die Huris im Paradies sehen anders aus, dachte Rafi.

    Als die Frau sich umdrehte, schloss er die Augen und tat, als schliefe er. Die Krankenschwester verließ den Raum.

    Rafi wartete ein paar Sekunden, dann setzte er sich auf. Sofort wurde ihm schwindelig.

    Ein Piepsen tönte und ging ihm auf die Nerven. Überall Verbände, am Körper und im Gesicht. Von seinem Arm lief ein Schlauch zu einer Flasche, die am Ständer neben dem Bett hing.

    Sie pumpen Betäubungsmittel in meinen Blutkreislauf, weil ich ein Staatsfeind bin, dachte er. Said, Yassin und ich, die größte Bedrohung für dieses verrottete Land.

    Doch er wagte es nicht, den Schlauch aus der Vene zu ziehen. Womöglich würde er verbluten.

    Rafi versuchte, eine Erklärung dafür zu finden, warum er in einer Klinik lag. Das Letzte, woran er sich erinnerte, war das Gästezimmer des marokkanischen Kulturvereins, in dem er Unterschlupf gefunden hatte, nachdem es zum Bruch mit seinem Vater gekommen

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