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Sprengstoff

Sprengstoff

Titel: Sprengstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mit Holz vertäfelte - Henry war damals Vorarbeiter in der Wäscherei - und Ralph Tremonts alten Bootsschuppen neu anstrich. Am achtzehnten Dezember setzten Mary und er sich wie zwei verfeindete, aber auf seltsame Art miteinander verbündete Pistolenhelden an ihren kleinen Eßzimmertisch, und er legte dreihundertneunzig Dollar in bar vor sie hin - er hatte das Geld auf einem Konto angelegt und noch Zinsen dazugewonnen.
    Sie legte ganze vierhundertundsechzehn Dollar daneben, die sie umständlich aus ihrer Schürzentasche zog. Ihr Haufen war viel größer als seiner, denn er bestand hauptsächlich aus Ein- und Fünfdollarnoten.
    Er riß die Augen auf und fragte verblüfft: »Himmel, Mary, wie hast du das geschafft?«
    Lächelnd antwortete sie: »Ich habe sechsundzwanzig Kleider genäht, bei sechsundvierzig Kleidern den Saum rausgelassen, neunundvierzig Kleider kürzer gemacht; ich habe einunddreißig Röcke genäht; ich habe drei Mustertücher gehäkelt, vier Teppichbrücken geknüpft, fünf Pullover und zwei Decken gestrickt und ein vollständiges Set Leinentisch-tücher genäht; ich habe dreiundsechzig Taschentücher, zwölf Sets Handtücher und zwölf Sets Kopfkissenbezüge bestickt, und wenn ich schlafe, sehe ich immer noch all die Monogramme vor mir.«
    Lachend streckte sie ihm ihre Hände entgegen, und zum ersten Mal bemerkte er die Hornhaut an ihren Fingerkuppen, die ihn an die harten Fingerkuppen eines Profigitarristen erinnerten.
    »O Himmel, Mary«, sagte er heiser. »Sieh dir bloß mal deine Hände an.«
    »Meinen Händen geht es gut«, sagte sie, und in ihren dunklen Augen tanzte ein fröhliches Licht. »Und du hast da oben auf deinem Gerüst unheimlich niedlich ausgesehen. Ich wollte mir schon eine Schleuder besorgen und mal sehen, ob es mir gelingt, dich auf den Hintern zu treffen …«
    Er war brüllend aufgesprungen und hatte sie durchs Wohnzimmer ins Schlafzimmer gejagt. Wo wir dann den ganzen Nachmittag geblieben sind, wenn ich mich recht erinnere, Fred, alter Junge.
    Sie stellten fest, daß sie nicht nur genug für ein Tischmodell zusammengebracht hatten; wenn sie vierzig Dollar drauflegten, konnten sie sich eine Fernsehtruhe leisten. Der Besitzer von John’s Fernsehgeschäft in der Innenstadt erzählte ihnen, daß RCA in diesem Jahr den Anschluß verpaßt hätte und langsam auf den Bankrott zuschlidderte. (Das Geschäft lag jetzt auch schon lange unter der 784-Autobahn begraben, genauso wie das Grand und all die anderen schönen Gebäude.) Er würde ihnen die Truhe gerne überlassen, wenn sie zehn Dollar wöchentlich …
    »Nein«, sagte Mary entschieden.
    John sah sie gequält an. »Lady, es handelt sich nur um vier Wochen. Bei solch geringen Raten riskieren Sie wohl kaum Ihren Hals.«
    »Einen Augenblick«, sagte Mary und führte ihn in die vorweihnachtliche Kälte hinaus, die von der Weihnachtsmusik sämtlicher benachbarter Läden erfüllt war.
    »Mary, er hat recht«, sagte er. »Es ist ja nicht so, daß …«
    »Bart, das erste, was wir uns auf Kredit anschaffen, wird unser eigenes Haus sein.« Die schmale Falte zwischen ihren Augenbrauen war wieder erschienen.
    Sie waren in den Laden zurückgegangen, und er hatte John gebeten: »Können Sie ihn für uns zurückstellen?«
    »Ich denke schon - für eine Weile. Aber denken Sie daran, dies ist unsere Hauptgeschäftszeit, Mr. Dawes. Wie lange?«
    »Nur übers Wochenende. Wir kommen Montag abend wieder.«
    Dieses Wochenende hatten sie auf dem Land verbracht, in dicke Mäntel eingepackt, um sich gegen die Kälte und den Schnee, der dann doch nicht fiel, zu schützen. Sie waren langsam über die Feldwege gefahren, ein Sechserpack Bier für ihn and eine Flasche Wein für sie auf dem Rücksitz, hatten die Flaschen aufbewahrt und noch etliche mehr gesammelt. Säcke voller Bierflaschen, Sodaflaschen und so weiter.
    Die kleinen brachten zwei Cents, die großen jeweils einen Nickel ein. Das ist ein verdammt schönes Wochenende gewesen, dachte Bart jetzt - Mary hatte ihr langes Haar offen hängen lassen, und es flatterte über den Kragen ihres Mantels ans Lederimitation. Ihre Wangen waren herrlich gerötet gewesen. Er sah sie immer noch vor sich, wie sie durch einen Graben voller Herbstlaub stiefelte und auf der Suche nach leeren Flaschen die Bläter aufwirbelte. Es hörte sich an wie das Prasseln eines Buschfeuers … dann das Klick, wenn der Stiefel gegen eine Flasche stieß, die sie dann triumphierend in die Höhe hob, ihm damit über die Straße

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