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Sprengstoff

Sprengstoff

Titel: Sprengstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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so schlimm sein.« Aber da war er sich selbst nicht so sicher.
    »Es ist das Ende«, schluchzte sie, und die Worte klangen verzerrt durch ihr Weinen. Seltsamerweise breitete sich gerade in diesem Augenblick des Zusammenbruchs eine Schönheit auf ihrem Gesicht aus, die es vorher nie gehabt hatte. Es leuchtete richtig. In diesem Augenblick der Katastrophe war sie eine begehrenswerte Frau.
    »Wer hat es dir gesagt?«
    »Jeder hat es mir gesagt!« rief sie. Sie sah ihn immer noch nicht an, aber sie ballte eine Hand zur Faust und schlug damit ziellos in die Luft. Dann ließ sie sie wieder in den Schoß fallen. »Tom Granger hat mich angerufen. Dann hat Ron Stones Frau bei mir angerufen. Danach hat Vincent Mason angerufen. Alle wollten wissen, was mit dir los ist. Und ich hab’s nicht gewußt. Ich hatte keine Ahnung, daß etwas nicht in Ordnung war.«
    »Mary«, sagte er und versuchte, ihre Hand zu fassen. Sie zog sie weg, als ob er eine ansteckende Krankheit hätte.
    »Willst du mich bestrafen?« fragte sie und sah ihn nun endlich an. »Ist es das, was du vorhast? Willst du mich bestrafen?«
    »Nein«, antwortete er bestürzt. »Oh, Mary, nein.« Am liebsten hätte er auch geweint, aber das wäre falsch gewesen.
    Das wäre jetzt völlig fehl am Platz.
    »Weil ich dir ein totes Kind geboren habe und danach ein Kind mit einem angeborenen Selbstzerstörungsmechanismus? Glaubst du, daß ich deinen Sohn umgebracht habe? Ist das der Grund?«
    »Mary, es war unser Sohn …«
    »Es war dein Sohn!« schrie sie ihn an.
    »Nicht, Mary. Bitte nicht.« Er versuchte, sie zu umarmen, aber sie riß sich los.
    »Faß mich nicht an!«
    Sie starrten sich gegenseitig an, entsetzt, denn sie entdeckten beide zum ersten Mal, daß es zwischen ihnen mehr gab, als sie je vermutet hätten - riesige weiße Flecken auf ihrer inneren Landkarte.
    »Mary, ich konnte nicht anders handeln. Bitte, glaube mir.« Aber das konnte auch eine Lüge sein. Trotzdem stürzte er sich in die Erklärung. »Vielleicht hatte es etwas mit Charlie zu tun. Ich habe ein paar Dinge getan, die ich selbst nicht verstehe. Ich … ich habe mir im Oktober meine Lebensversicherung auszahlen lassen. Das war das erste, meine erste reale Handlung, aber mir sind schon lange vorher solche Dinge durch den Kopf gegangen. Es kam mir eben einfacher vor, etwas zu tun› als darüber zu reden. Kannst du das verstehen, Mary? Kannst du es wenigstens versuchen?«
    »Was wird nun aus mir, Barton? Ich habe nichts anderes gelernt, als deine Frau zu sein. Was soll nun aus mir werden?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Es ist, als ob du mich vergewaltigt hättest.« Sie fing wieder an zu weinen.
    »Mary, bitte, hör auf. Bitte … versuch, damit aufzuhören.«
    »Hast du auch nur ein einziges Mal an mich gedacht, als du all diese Dinge getan hast? Hast du einmal daran gedacht, daß ich von dir abhängig bin?«
    Er konnte nicht antworten. Auf eine seltsame Art kam es ihm vor, als stünde Magliore wieder vor ihm und redete auf ihn ein. Es war, als hätte Magliore ihn nach Hause geschleift, sich mit Marys Kleidern verkleidet und sich ihre Maske aufgesetzt. Was kam als nächstes? Das Angebot mit der alten Hure?
    Sie stand auf. »Ich geh’ nach oben und leg’ mich ins Bett.«
    »Mary …« Sie fiel ihm nicht ins Wort, aber er stellte fest, daß er nichts mehr zu sagen wußte.
    Sie ging aus dem Zimmer, und er hörte sie die Treppe hin-aufgehen. Kurze Zeit darauf hörte er ihr Bett quietschen, als sie sich hinlegte. Danach hörte er sie wieder weinen.
    Er stand auf, schaltete den Fernseher ein und drehte den Ton auf volle Lautstärke, um alles andere zu übertönen.
    Merv Griffin plauderte wieder mit seinen Berühmtheiten. 

Zweiter Teil
DEZEMBER
    Ach, Geliebte, laß uns doch ehrlich
    zueinander sein!
    Diese Welt, die wie ein Land von Träumen
    vor uns liegt,
    so vielfältig, so neuartig und schön,
    hat doch keine Liebe für uns, keine Freude und kein Licht,
    keine Gewißheit, keinen Frieden und
    keinen Trost für unser Leid.
    Wir sind wie auf einer finsteren Ebene,
    heimgesucht von verwirrten Armeen
    in Kampf und Flucht,
    Armeen, die bei Nacht blind aufeinanderstoßen.
    MATTHEW ARNOLD
    Dover Beach

 
5. Dezember 1973
    Er trank seinen Privatdrink, Seven-up und Southern Comfort, und sah sich eine Fernsehsendung an, deren Titel er vergessen hatte. Der Held war entweder ein V-Mann oder ein Privatdetektiv. Er hatte gerade eins über den Schädel gekriegt. Auf diese Art kam der V-Mann (oder Privatdetektiv)

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