Sprich nicht darüber
Jahre, um meinen Vater zu beeindrucken”, bekannte Rosie bitter. Doch sofort schämte sie sich für die kindischen Neidgefühle.
“Hast du ihm endlich gesagt, wer du wirklich bist?” fragte Maurice sanft.
“Warum sollte ich diesem grässlichen Kerl irgendetwas erklären? Wenn Anton ihm das nicht anvertrauen konnte, werde ich es erst recht nicht tun!”
Maurice seufzte. “Vermutlich kam Voulos her, um sich über dein Erbe zu informieren.”
Rosie lachte. “Ich erbe überhaupt nichts. Vielmehr hat Anton mich an Constantin vererbt!”
Maurice zog die Augenbrauen hoch. “Sag das noch mal.”
“Es ist so. Mein Vater wollte mich mit ihm verheiraten, als wäre ich ein vollkommen hilfloses Wesen, das ohne Schutz und Hilfe nicht zurecht kommt.” Sie erzählte ihm ausführlich die ganze verrückte Geschichte.
“Mann oh Mann”, ächzte Maurice, als sie fertig war.
“Glaubst du jetzt noch, ich würde diesem arroganten Idioten in irgendeiner Weise entgegenkommen?” wollte Rosie wissen. Nun brauchte sie wirklich emotionalen Beistand.
Maurice lehnte sich nachdenklich zurück. “Dein Vater hat ihn in eine böse Klemme gebracht.”
“Was soll das heißen?”
Maurice wiegte bedächtig den Kopf. “Ist dir klar, wie schnell ein Unternehmer am Ende sein kann, wenn er keine flüssigen Gelder hat?”
“Ich habe keine Ahnung von Antons Geschäften, sie sind mir auch völlig egal”, sagte Rosie trotzig.
“Denk doch mal nach. Voulos sitzt in der Klemme, kein Wunder, dass er überreagiert.”
“Sag mal, auf wessen Seite stehst du eigentlich?”
“Auf der Seite von Vernunft und Profit, wie immer”, gab Maurice nüchtern zurück. “Willst du das Vermögen deines Vaters wirklich wegen einer juristischen Vorschrift in den Sand setzen?”
Das hatte sie nicht bedacht. Verunsichert strich sie sich über die Stirn.
“Voulos muss mit dem Feind verhandeln, weil er keine andere Wahl hat”, fuhr Maurice eindringlich fort. “Die einfachste Lösung wäre, den Wunsch deines Vaters zu erfüllen.”
“Wie kannst du so etwas sagen!”
“Voulos will dich sogar für den Zeitaufwand und die Unannehmlichkeiten entschädigen. An wie viel er wohl gedacht hat?” sinnierte Maurice, ohne auf Rosies Empörung zu achten. “Dein Problem ist, dass du zu idealistisch bist, Rosie. Voulos ist Realist, und ich auch.”
“Dann verhandele du doch mit ihm, wenn er morgen wiederkommt”, fauchte sie und sprang auf.
“Ja, soll ich? Ich könnte immerhin die Verhandlungen verfolgen. Wenn er so aufbrausend ist wie du … Wir wollen doch Blutvergießen vermeiden. Und wo sollten wir mit seiner Leiche hin?” meinte Maurice munter. “Als Leiche kann er außerdem keinen Scheck mehr unterschreiben.”
“Ich bin morgen nicht zu Hause”, erklärte Rosie bockig.
“Sieh mal, es ist ein Geschäft, mehr nicht. Du musst den Mann nicht mögen oder mit ihm leben. Und wenn du es nicht für dich tust”, fügte Maurice mit einem schlauen Seitenblick auf Rosies verschlossenes Gesicht hinzu, “dann denk wenigstens an die Mitarbeiter deines Vaters, die alle ihren Job verlieren würden. Wenn du Voulos schädigst, triffst du damit viele Unschuldige.”
“Ich will ihn nicht schädigen, er soll mich nur in Ruhe lassen!” Wütend rannte sie aus dem Raum.
Rosie schob die Hände tief in die Taschen ihrer alten Winterjacke und stampfte mit den Füßen, um sich warm zu halten. Ihr Atem bildete kleinen Wolken in der eisigen Luft. An solchen frostigen Morgen war auf dem Markt nicht viel los.
Maurice schlenderte heran und reichte ihr einen Plastikbecher mit heißem Kaffee. Erstaunt fragte Rosie: “Was machst du denn hier?”
Maurice zuckte die Schultern und mied ihren Blick. “Wie geht das Geschäft?”
Rosie verzog das Gesicht. “Mehr als ruhig.”
Maurice nahm einen großen grünen Keramikhasen hoch und meinte verwundert: “Ist der nicht aus deiner persönlichen Sammlung?”
Jetzt war es an Rosie, die Schultern zu zucken. Sie wurde rot. “So einen finde ich sicher wieder.”
“Für den Preis wirst du den nicht los”, stellte Maurice fest, nachdem er das Preisschild gesehen hatte.
“Es gab durchaus Interessenten”, verteidigte sich Rosie lahm.
“Aber keinen Käufer. Du hast den Preis absichtlich so hoch gesetzt, weil du dich von dem Stück nicht trennen magst.”
Rosie fühlte sich durchschaut. Sie nahm einen Schluck Kaffee. “War er schon da?”
Maurice schob die Waren am Stand herum, ohne aufzusehen. “Ja. Ich habe ihm gesagt,
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