Sprich nicht darüber
sollen?
Warum hatte sie ihm nicht die Wahrheit gesagt? Rosie presste die Lippen zusammen. Sie hatte in Constantin einen Feind gesehen, noch bevor sie ihn kannte. Sie beneidete ihn, weil er als Kind die Liebe und Fürsorge ihres Vaters genossen hatte. Im selben Alter hatte sie ihre Mutter verloren und war dem Jugendamt überstellt worden.
Sie wusste, sie war ungerecht. Aber sie konnte es nunmal nicht ändern, sie verabscheute Constantin Voulos aus tiefstem Herzen.
3. KAPITEL
I n der Hotelhalle warteten zwei Männer im dunklen Anzug. Sie wirkten angespannt und eilten erleichtert herbei, als Constantin erschien. Auf Griechisch wurden leise ein paar Worte gewechselt.
Dann ging Constantin in die fast leere Bar und schob zwei bequeme Sessel vor das Kaminfeuer. Er legte den schwarzen Cashmere-Mantel ab und setzte sich, indem er mit den Fingern schnippte. Fasziniert sah Rosie zu, wie einer der Männer hinter den Sessel trat und sich herabbeugte, um Anweisungen entgegenzunehmen. Die Bedienung kam, und im Handumdrehen wurden die Getränke serviert.
“Wer sind die beiden, Dick und Doof?” erkundigte sich Rosie aufsässig und wies mit dem Kopf auf die Männer.
“Dimitris und Takis sind meine Leibwächter.”
“Ich kann mir vorstellen, dass Sie die brauchen”, bemerkte sie anzüglich. Ein Mensch mit echten Leibwächtern! Rosie nahm den Hut ab, die glänzenden Locken fielen ihr über die Schultern. Mit einer ungeduldigen Geste strich sie sich das Haar aus dem Gesicht. Als sie die Jacke auszog und der abgetragene Wollpullover sichtbar wurde, fiel ihr Constantins merkwürdig intensiver Blick auf.
“Warum starren Sie mich so an?” fragte sie schnippisch.
Er zog die dichten, geraden Brauen hoch, doch er schien amüsiert, denn plötzlich lächelte er. Es war ein umwerfendes, weiches Lächeln, das seine harten Züge total veränderte. Auf Rosie wirkte dieses unvermutete Lächeln wie eine tröstliche Lampe in der Nacht. Unwillkürlich sah sie in Constantins dunkle Augen. Das hätte sie nicht tun sollen, denn sein Blick berührte etwas in ihrem Innern, von dessen Existenz sie bis dahin nichts gewusst hatte. Ihr war, als würde sie in einem Expresslift in die Tiefe sausen.
“Sie haben ungewöhnliches Haar”, stellte er sachlich fest.
“Für Leute wie Sie vermutlich ungewöhnlich ungekämmt.” Das sollte kess klingen, kam aber eher verlegen heraus. Rosie drehte ihr Limonadenglas zwischen den Fingern.
In der Kirche neulich hatte sie ihre unbegreifliche Reaktion noch auf den Überraschungseffekt schieben können. Aber gestern hatte sie Constantin gegenüber eine magische, eindeutig sexuelle Anziehung verspürt, sie war schier dahingeschmolzen wie ein Teenager. Aber manche Männer hatten eben Sex-Appeal, na und? Es gab keinen Grund, hier mit zusammengepressten Schenkeln zu sitzen und sich verunsichern zu lassen.
Constantin Voulos konnte ruhig aussehen wie ein junger Gott, das machte ihr nichts. Doch irgendwo wusste Rosie, dass es nicht nur sein Aussehen war. Er besaß eine wirklich gefährliche sinnliche Ausstrahlung, der sie sich beim besten Willen nicht entziehen konnte. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie eine Frau in der Hotelhalle, die Constantin geradezu mit Blicken verschlang, und fühlte sich aufs Schlimmste bestätigt.
“Ich denke, unsere erste Begegnung stand unter einem unglücklichen Stern”, begann Constantin. “Jetzt sollten wir uns einigen. Die unselige Angelegenheit kann still und heimlich erledigt werden.”
Rosie beugte sich vor. “Ich war nicht aufrichtig zu Ihnen”, gestand sie zögernd. “Ich habe alles komplizierter als nötig gemacht, aber es war zum Teil auch Ihre Schuld. Sie sind persönlich geworden, sie haben mir Dinge unterstellt und mich beleidigt. Ich …”
“Auf was wollen Sie hinaus?” unterbrach Constantin schroff.
Rosie war blass und verspannt. Sie atmete tief durch. “Ich war nicht Antons Geliebte.” Bei dem verfänglichen Wort wurde sie ein bisschen rot, umso entschlossener fuhr sie fort. “Ich bin seine Tochter. Das Ergebnis eines Seitensprungs, oder wie immer Sie das nennen wollen.”
Eine Sekunde lang schien Constantin sprachlos, doch er fing sich schnell. “Was zum Teufel wollen Sie mit so einer grotesken Behauptung erreichen?” herrschte er sie an.
Rosie runzelte die Stirn. “Es die Wahrheit. Ich begreife ja, dass es Sie überrascht, aber Anton war wirklich mein Vater.”
Constantin verzog angewidert den Mund. “Sie sind eine unverschämte Lügnerin. Wenn
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