Spring in den Himmel
willkommen.«
Jamina sah Yoyos Strahlen und lächelte zurück. »Wir sehen uns.«
Yoyo sah an sich hinunter. Sie trug wieder Jaminas Pullover.
»Lass ihn an, nicht, dass du dich erkältest.«
»Er steht dir wirklich gut«, ergänzte die Mutter.
Hey, das ist echt schön bei euch. Ich könnte mich glatt dran gewöhnen. So mit Papa und Mama und Bruder und so. Täusch ich mich oder bist du ganz froh, dass ich geh? Hast du deine Familie wieder ganz für dich.
Bisher hatte das Leben aus verschiedenen Teilen bestanden, dachte Jamina. Da gab es die Familie, da gab es Schule und Freunde, da gab es Herrn Kamke. Diese Bereiche hatten wenig miteinander zu tun. Ihre Noten waren gut und die Eltern kümmerten sich nicht um die Schule. Manchmal war Sophia gekommen, einige Male hatten auch Merlin oder Sven sie abgeholt. Aber jetzt war Yoyo da. Und sie war überall mit drin. Sie hatte Jaminas Freunde kennengelernt, sie hatte Alexander und seinen Opa getroffen, sie hatte einen Platz in ihrer Familie gefunden.
Seit sie wieder weg war, war es still. So sehr Jamina sich diese Ruhe herbeigesehnt hatte, so sehr sie ihre Eltern wieder für sich haben wollte, Jamina musste sich eingestehen, dass ihr langweilig war. Sie wusste nichts mit sich anzufangen. Ein verregneter, langweiliger Sonntag.
Es klopfte, dann steckte die Mutter ihren Kopf herein.
»Wir gehen kurz rüber zu Iris und Peter auf eine Tasse Kaffee. Bleibst du bei Rafik?«
Jamina nickte. Mutters Schwester und ihr Mann wohnten nur etwa eine Viertelstunde von ihnen weg. Trotzdem fanden die Eltern selten die Zeit, sie zu besuchen.
Wieder dachte sie über Yoyos Geschichten nach. Dann stand sie auf und ging an den Schreibtisch. Sie beschloss, alles aufzuschreiben, was Yoyo über sich erzählte. Jede Geschichte, jedes Detail. Sie wollte aus diesen Puzzleteilen ein Bild zusammensetzen. Das Bild der Freundin, das jeden Tag anders aussah und jedes Mal zerfiel, wenn es Konturen bekommen hatte.
Sie schaltete ihren Laptop ein. Sie hatte ihn erst vor ein paar Monaten zum Geburtstag bekommen, vorher hatte sie den Computer ihrer Eltern mitbenutzt. So richtig der Crack war sie nicht. Aber nach Friederike Heidenbach googlen, das würde sie wohl noch schaffen. Sie wollte gerne mehr über Yoyo wissen, und wenn die ihr nichts erzählte … Sie gab den Namen in die Suchmaschine ein, als aus Rafiks Zimmer ein lautes Heulen zu hören war. Schnell lief sie rüber.
Das Fenster stand sperrangelweit offen, Rafik hing laut weinend halb draußen und sah hinunter auf den Bürgersteig.
»Rafik, Vorsicht!«
Jamina zog ihren Bruder zurück ins Zimmer. Es war schwer, denn er klammerte sich am Fensterbrett fest, konnte die Augen nicht vom Bürgersteig lösen.
»Was ist denn los?«
Er konnte nicht sprechen, er brachte keine Silbe heraus.
Jamina beugte sich vor und sah hinunter. Ein kleiner Punkt auf dem Bürgersteig.
»Spiderman«, schluchzte Rafik.
15. Kapitel
»Du hast ihn zum Fenster hinausgeworfen?«
Fassungslos sah Jamina ihren kleinen Bruder an. Der nickte nur und schniefte, verzweifelt, heulend, schreiend.
»Aber warum?« Rafik konnte nicht sprechen. Immer noch nicht.
Jamina nahm ihn an der Hand.
»Komm, wir müssen Spiderman holen. Er kann nicht einfach da unten liegen bleiben.«
Rafik wehrte sich. Jamina zog ihn hinter sich her bis zum Flur, dann ließ sie es. Es war sinnlos.
»Aber du willst ihn doch sicher beerdigen.«
Rafik hörte einen Moment zu weinen auf. »Hol du ihn.«
»Ich lass dich hier nicht allein.«
Rafik stieg mit ihr die vier Stockwerke hinunter und wartete im Hauseingang. Jamina ging zu der Stelle, wo der tote Hamster lag. Ein Passant blickte auf das Tier, dann strafend zu Jamina.
»Man sollte dich wegen Tierquälerei anzeigen.«
»Es war ein Unfall.«
Behutsam nahm sie mit einem Taschentuch den Hamster hoch und wickelte ihn ein, dann ging sie zurück zu Rafik, der an der Tür stand und sich die Tränen abwischte.
»Wir begraben ihn später im Park, okay?«
Gemeinsam gingen sie wieder hinauf in die Wohnung. Jamina suchte eine Schachtel und wurde im Flurschrank fündig.
»Die ist nicht schön genug für Spiderman.«
»Du kannst sie noch schmücken. Wir nehmen Stoffreste oder Wolle …«
»… damit er weich liegt«, meinte Rafik und schon wieder liefen die Tränen.
Jamina legte den Hamster behutsam in die Schachtel, dann nahm sie ihren kleinen Bruder in den Arm.
»Warum hast du das gemacht?«
»Er wollte sterben«, antwortete Rafik.
Jamina sah ihn
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