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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
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Dass sie Rafik auf diese Idee gebracht hatte.
    »Rede mit mir, bitte!«
    »Spiderman hat nichts gefressen.«
    »Das kommt schon mal vor, und?«
    »Offenbar hat Yoyo Rafik gesagt, der Hamster sei krank und kranke Tiere dürfe man nicht leiden lassen.«
    Die Mutter wollte gerade einen Schluck trinken, doch jetzt setzte sie die Tasse ab und starrte Jamina fassungslos an. »Du meinst, sie hat ihm das eingeredet?«
    Jamina schüttelte den Kopf. »Er hat sie so verstanden.«
    »Was sagt sie selbst dazu?«
    »Dass es ein Missverständnis war.«
    Der prüfende Blick der Mutter. Jamina hielt sich an ihrer Kakaotasse fest.
    »Und was meinst du? Traust du ihr so etwas zu?«
    Jamina schwieg. Senkte den Kopf.
    Der Sonntag ging trüb zu Ende. Rafik durfte fernsehen, damit er nicht ständig an Spiderman dachte. Die Mutter machte zum Trost Lasagne, weil er die besonders gern mochte. Der Vater kam aus dem Bad und wickelte sich in eine Decke. Er war mit Rafik völlig durchnässt von Spidermans Beerdigung zurückgekommen und hatte heiß geduscht. Rafik kuschelte sich an ihn und schlüpfte mit unter die Decke.
    Als Jamina damit anfing, den Tisch zu decken, winkte ihre Mutter ab.
    »Lass nur. Ich mach das schon.«
    Jamina lächelte dankbar und verschwand in ihrem Zimmer. Sie sah auf ihr Handy. Mehrere SMS von Yoyo. Drängend, bittend, mal mit einer Entschuldigung, mal mit Unverständnis im Ton.
    Lass uns reden.
    Jetzt nimm doch ab, wenn ich anrufe!
    Es tut mir total leid, echt!
    Wie geht's Rafik? Sag mir wenigstens das.
    Jetzt sei nicht so verbohrt, schreib zurück!
    Ich habe so oft auf Antworten von ihr gewartet, dachte Jamina. Jetzt tauche ich mal unter. Doch besonders gut fühlte sie sich nicht mit der Methode, die sie von Yoyo gelernt hatte.
    Abends saß Jamina in ihrem Zimmer. Keine neuen Nachrichten von Yoyo. Die hatte offenbar aufgegeben. Oder war unterwegs. Sie wusste doch gar nicht, was Yoyo machte, wenn sie nicht zusammen waren. Nicht einmal, in welche Schule sie ging. Die Matratze lag noch am Boden. Jamina zog Kopfkissen und Decke ab, stopfte die Bezüge in den Wäschekorb und lehnte die Matratze an die Wand. Morgen würde sie die wieder in der Kammer verstauen. Und ihr Zimmer würde aussehen wie vorher. Fast. Amy Winehouse hing immer noch an der Wand. Es war beinahe so, als würde Yoyo sie ansehen.
    Ihr Handy klingelte. Jamina zuckte zusammen und sah aufs Display. Endlich!
    »Hallo, Alexander!«
    »Hi, ich wollte wenigstens Gute Nacht sagen, wenn ich schon tagsüber keine Zeit habe.«
    »Ein bisschen früh für eine gute Nacht.«
    »Hattest du einen schönen Tag?«
    Wie kann ein Tag schön sein ohne dich, dachte Jamina,kam sich dann aber ein bisschen albern vor und schwieg lieber. Alexander bohrte nach.
    »Es ist doch alles in Ordnung, oder?«
    »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll …«
    »Du hast dich mit deiner Freundin gestritten.«
    Jamina schwieg einen Moment. Wie sollte sie anfangen? Wenn sie sagte, Rafik habe seinen Hamster aus dem Fenster geworfen, klang das nicht so, als wäre ihr kleiner Bruder ein brutaler, rücksichtsloser Tierquäler? Es war doch eigentlich ganz anders!
    »Komm, sag mir, was los ist.«
    Jamina erzählte, was passiert war.
    Alexander konnte es nicht glauben. »Rafik dachte, er tut seinem Hamster etwas Gutes, wenn er ihn nicht leiden lässt, sondern aus dem Fenster wirft?«
    »So ähnlich. Dabei war noch gar nicht klar, ob Spiderman krank ist. Er hat eben mal nicht gefressen.«
    »Und Rafik glaubte wirklich, der Hamster würde gerne fliegen, bevor er stirbt?«
    »Yoyo hat ihm gesagt, Fliegen sei das Schönste.«
    »Euer Bungee-Sprung.«
    Seltsam. Plötzlich bekam sie Gänsehaut, wenn sie an den Sprung dachte. Als wäre sie mit knapper Not dem Tod entkommen. Weil sie Yoyo nicht mehr vertraute. Nicht jetzt, nicht heute.
    »Ich hab so eine Wut auf sie, ich glaube, ich könnte sie schlagen.«
    Alexander räusperte sich. »Hey, so kenn ich dich gar nicht.«
    »Ich mich auch nicht – und das macht mir Angst.«
    Einen Moment schwiegen sie.
    »Ich hab deine Freundin ja nur kurz kennengelernt …«
    »Aber …?«
    »Ich weiß auch nicht …«
    »Sag's einfach.«
    »Weißt du, was ich gedacht habe, als sie da vor Opas Tür stand? Wenn Jamina sie mag, dann hat das auch einen Grund.«
    Ja, irgendetwas war da. Diese spontane Art, dieser Mut und diese Frechheit, bei der Vernissage, beim Sprung, mit den Jungs aus der Klasse. Wie sie auch so schnell ihre Eltern für sich gewonnen hatte.
    Friederike, aber

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