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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
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zugehört. Yoyo hatte hochgesehen, warm gelächelt und in dem Moment sah sie so jung und verletzlich aus wie am Abend zuvor, als sie bereits geschlafen hatte.
    »Nicht schlecht, die Gitarre«, hatte sie gesagt, als der letzte Akkord verklungen war. »Ist das deine?«
    »Alexander hat sie mir geliehen.«
    »Gibt er dir auch Unterricht?«
    »Er hatte bisher noch keine Zeit.«
    »Komm, ich zeig dir ein einfaches Lied. Von den Beatles.«
    Yoyo zupfte die Saiten und begann zu singen.
    One, two, three, four,
    Can I have a little more?
    Five, six, seven, eight, nine, ten
    I love you.
    Weich und samtig klang ihre Stimme, sie lächelte Jamina an. »Jetzt probier du.«
    Sie wollte Jamina die Gitarre in die Hand drücken, aber die schüttelte den Kopf.
    »Sorry, aber ich bin viel zu müde.«
    »Okay, dann morgen. Ich schreib dir die Akkorde und den Text auf.« Dann stellte sie das Instrument vorsichtig weg. »Aber nur wenn du willst.«
    Jamina nickte und wollte sich gerade auf die Matratze legen, als Yoyo mit einem Satz draufsprang und sich gleich zudeckte.
    »Hier schlaf ich.«
    Eine ganz andere Yoyo sah sie jetzt an. Frech, koboldhaft, fast so, als wollte sie ihr einen Streich spielen. Schon fünf Sekunden später setzte sich dieselbe Yoyo auf, nahm Jaminas Hand, zog sie zu sich und sah sie ernst an.
    »Ich wollte dir dein Bett nicht wegnehmen. Ich dachte wirklich, du legst dich dazu.«
    »Es ist ziemlich eng und außerdem haben wir doch extra die Matratze geholt …«
    »Ich hätte es gemütlich gefunden«, sagte Yoyo. »Aber du hast recht, eng ist es auch.«Yamina stellte die Gitarre weg und betrachtete noch einmal das Poster an der Wand. Yoyo hatte sogar eine CD von Amy dabeigehabt, aber Jamina hatte keinen eigenen Player. Sie hatten überlegt, die CD im Wohnzimmer abzuspielen, aber Jamina war sicher, dass das nicht die Musik war, mit der man ihre Eltern am Sonntagmorgen wecken sollte.
    »Dann hören wir sie eben später«, hatte Yoyo gesagt, aber dazu war es nicht mehr gekommen. Sie war noch ein bisschen zu Rafik gegangen, der sich Sorgen um seinen Hamster machte, weil der nichts fressen wollte. Anscheinend hatte Yoyo ihn beruhigen können. Sie klang so sachkundig, so ruhig, so kompetent.
    »Kennst du dich aus mit Hamstern?«, fragte Yamina.
    »In der WG sind immer Tiere. Zuletzt hatten wir eine Riesendogge.«
    »Echt?« Rafiks Augen strahlten.
    »Klar, auf der hättest du durch die Stadt reiten können.«
    Rafik bog sich vor Lachen.
    Yoyo sah ihn gespielt streng an: »Was hast du mir versprochen?«
    »Ich mach Frühstück«, rief Rafik und lief mit Spiderman in der Hand zur Tür hinaus.
    »Wow, das hat er noch nie gemacht.«
    »Ich bin ein pädagogisches Supertalent«, grinste Yoyo.
    Jamina schickte eine SMS an Alexander: Sehen wir uns heute?
    Sorry, ich muss lernen.
    Kann ich dir irgendwas helfen?
    Danke, aber das Abi muss ich schon alleine schaffen.
    Armer Alexander. Sie wusste, dass er sich irrsinnigen Druck machte. Seine Eltern waren ziemlich scharf darauf, dass er ein gutes Abitur machte. Der Vater war Steuerberater, er wollte Alexander gerne in seiner Kanzlei sehen. Schon so verplant, mit achtzehn Jahren, dachte Jamina. Da habe ich es leichter. Oder doch nicht? Wenn ich wirklich Medizin studieren will, dann wird sich zeigen, ob ich mein Leben leben darf. Oder soll ich doch eine Ausbildung machen – um des lieben Friedens willen, wie meine Oma gerne sagte. Ihr Vater hatte diese Redensart von seiner Schwiegermutter aufgegriffen und verwendete sie oft, wenn er mit seiner Frau diskutierte. »Frieden willen«, murmelte er dann bloß und es klang mehr nach Frieden als nach eigenem Willen.
    »Was machen wir heute?«, hatte der Vater nach dem Frühstück gefragt. Die Mutter schaute zum Fenster. Es regnete in Strömen, die Tropfen liefen in kleinen Bächen die Scheibe hinunter. »Rausgehen lohnt sich wohl nicht.«
    »Wir spielen Uno!«, hatte Rafik vorgeschlagen und fragend zu Yoyo gesehen. Aber die schüttelte den Kopf.
    »Sorry, ich muss nach Hause.«
    »Bleib doch noch«, bettelte Rafik.
    »Mein Dad hat Geburtstag«, sagte Yoyo.
    »Aber der kommt doch erst am Abend!«, schaltete sich verwundert die Mutter ein.
    »Klar, aber ich will noch ein bisschen was vorbereiten.«
    Yoyo stand auf, gab den Eltern die Hand, dann umarmte sie Jamina und Rafik. »Tschüs, Kleiner.«
    »Kommst du bald wieder?«
    »Wenn ich darf …?«
    »Aber natürlich«, sagte die Mutter und der Vater ergänzte: »Du bist bei uns jederzeit

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