Spring in den Himmel
nennen Sie mich Yoyo.
»Du solltest mit ihr reden über das, was passiert ist.«
Sie verabredeten sich für den kommenden Tag nach der Schule und legten dann auf. Jamina hätte so gerne liebevolle Worte gehört, aber Alexander hatte nur noch gesagt, wie sehr er sich auf sie freue. Und sie war zu feig, um ihm zu sagen, dass sie ihn vermisste, dass sie ihn jetzt gerne bei sich hätte, von ihm in den Arm genommen werden wollte. Sie sah zur Gitarre. Nahm sie in die Hand. Zupfte die einzelnen Saiten an. Es war tröstlich, etwas in der Hand zu haben, was ihm gehörte.
Nachts wachte sie auf, weil ihr Handy brummte. Noch eine Nachricht von Yoyo.
Verdammt, melde dich!
Ein Gedanke kam zurück. Was wusste sie von diesem Mädchen? Nichts. Jamina schaltete ihren Laptop an. Ichmuss was über sie erfahren. Und ich krieg's raus. Ich will wissen, wer sie ist und warum sie so ist, wie sie ist. Wie heißt sie wirklich? Wo wohnt sie? Wo geht sie zur Schule?
Sie machte da weiter, wo sie ihre Recherchen abgebrochen hatte. Es gab keine Friederike Heidenbach bei Google. Unglaublich. Irgendjemand auf der Welt musste doch so heißen. Aber nichts. Sie suchte Hermine Heidenbach, angeblich Yoyos zweiter Vorname. Wieder nichts. Sie suchte nach Heidenbachs in München und fand mehrere. Sie schrieb sich die Adressen und Telefonnummern heraus.
Es fühlte sich gut an, etwas zu tun. Klarheit zu suchen. Besser als dazusitzen und zu warten, wann Yoyo was von sich erzählen würde. Wenn sie schon in Jaminas Familie fast zu Hause war, dann sollte sie auch etwas aus ihrem Leben preisgeben. Und wenn sie das nicht freiwillig tat, blieb Jamina schließlich nichts anderes übrig, als nachzuforschen. Oder?
16. Kapitel
Als Jamina morgens aufwachte, lag Rafik bei ihr im Bett. Sie hatte gar nicht mitgekriegt, dass er gekommen war.
»Ich hatte Angst, dass ich aus dem Fenster falle«, sagte er und kuschelte sich an sie, als ihr Wecker klingelte. »Bleiben wir noch ein bisschen liegen?«
Jamina sah auf ihr Handy. Yoyo hatte sich nicht noch einmal gemeldet. Dafür ein lieber Gruß zum Morgen von Alexander. Sie lächelte, kitzelte Rafik durch, bis er seinen Kummer vergessen hatte, dann stand sie auf.
Die Mutter humpelte noch, aber es ging ihr schon viel besser. Jamina frühstückte schnell, sie war ein bisschen spät dran, dann machte sie sich auf den Weg zur Schule.
Alexander hatte recht. Sie konnte nicht einfach so tun, als ob es Yoyo nicht gäbe. Sie musste mit ihr reden. Aber noch war ihre Wut zu groß. War es wirklich nur Wut wegen Spiderman? Egal, heute war ein Tag ohne Yoyo. Ein Tag mit Alexander.
Der übliche Lärm vor Schulbeginn. Merlin stellte sein neues Handy groß vor, das allerallerneueste Modell, das er vor Verkaufsbeginn bekommen hatte, weil sein Vater als Journalist entsprechende Kontakte hatte.
Sophia sah fasziniert zu, vielleicht nicht gerade wegendes Handys, sondern weil es eine gute Gelegenheit war, Merlin nahe zu sein. Jamina lächelte, als sie die beiden beobachtete. Sophia schob sich immer näher an Merlin heran, wollte sich alle möglichen Funktionen erklären lassen.
»Zwei auf einem Stuhl ist an unserer Schule unüblich«, hörten sie eine Stimme von vorne. Niemand hatte bemerkt, dass die Deutschlehrerin, Frau Meisinger, bereits den Raum betreten hatte.
Allmählich wurde es ruhiger, alle setzten sich auf ihren Platz, holten irgendetwas zum Schreiben heraus.
»Wir haben nun ›Die Verwandlung‹ von Kafka hoffentlich alle gelesen …«
Die meisten starrten Löcher in die Luft.
»Die anderen machen das bitte bis zur nächsten Stunde.«
»Klingt nach Test«, brummte Sven.
»Mann, bist du schlau«, spottete Sophia.
Frau Meisinger wurde durch das Klingeln eines Handys abgelenkt, das sie zu finden versuchte, bis sie merkte, dass es ihr eigenes war.
»Jamina«, flötete Merlin, »schreibst du uns eine Zusammenfassung?«
»Oh, das wäre toll!«, schaltete sich Sophia ein.
»Was hab ich davon?«, fragte Jamina ganz frech.
»Gute Freunde«, behauptete Mac.
»Das sind wir doch noch für dich, oder?«, fragte Sophia. Es sollte wohl provozierend klingen, aber Jamina sah den fragenden Blick der Freundin. Wie lange hatten sie nichts mehr gemeinsam unternommen? Da gab esAlexander und Yoyo, sie nahmen den Platz und vor allem die Zeit ein, die sie bisher mit Sophia verbracht hatte. Kein Wunder, dass die Schulfreundin manchmal sauer war.
Alexander lehnte an der Mauer, er hatte einen Gitarrenkoffer vor sich abgestellt und lächelte
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