Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme
Unfall!«, jammerte der Mann.
Bevor seine Frau ihm weitere Vorwürfe machen konnte, ging ich dazwischen.
»Jetzt mal ganz von vorne«, wies ich ihn an. »Was genau ist passiert?«
»Es ⦠es war eine groÃe Party«, begann Herr Z. stotternd. »Die Leute waren mit dem Essen fertig, und wir wollten eigentlich gerade die Tanzfläche eröffnen, als mein Schwager die Idee hatte â¦Â«
»Du hattest die Idee!«, fuhr der Schwager vorwurfsvoll dazwischen.
»Also gut, wir beide hatten die Idee â¦Â«
»Nein, nur du! Ich habe nur mitgemacht!«
Seufzend gab sich der Ehemann geschlagen.
»Also gut, ICH hatte die Idee â die mein Schwager aber ziemlich gut fand â, also ich hatte die Idee, meine Frau einmal richtig hochleben zu lassen. Wir packten beide ihren Stuhl und trugen sie durch den Saal zur Tanzfläche. Und dabei sangen alle âºHoch soll sie lebenâ¹Â«, sagte Herr Z. und machte eine Pause.
»Ja und dann?«, hakte ich nach.
Herr Z. räusperte sich.
»Tja, dann haben wir sie dreimal hochleben lassen und dabei natürlich auch den Stuhl hoch über unseren Kopf gehoben. Dummerweise haben wir dabei den Deckenventilator übersehen â¦Â«
»Vollidioten!«
»⦠und da ist sie dann mit dem Kopf hineingeraten«, schloss der Schwager die Ausführungen, und Frau Z. stöhnte noch einmal demonstrativ auf.
Der Chirurg Dr. Claas H. kam in den Behandlungsraum und beendete damit das Gespräch. Er nahm den Verband vom Kopf und begutachtete das Dilemma.
»Das muss genäht werden«, stellte er fest. »Aber so geht das nicht. Schwester Anna, versuchen Sie doch bitte, die Frau von dem ganzen Blut zu befreien, ja? Dann nähen wir das, und Sie bleiben zur Beobachtung hier, okay?«
Mit diesen Worten lieà uns Dr. H. erst mal wieder allein.
Die Schmerzmittel wirkten inzwischen, und Andrea Z. wurde ruhiger, beschwerte sich aber weiterhin über ihren Mann und ihren Bruder, während ich versuchte, sie von dem verkrusteten Blut zu befreien.
In solchen hartnäckigen Fällen konnte Wasserstoffperoxid durchaus hilfreich sein. Dadurch wurde das Blut schön aufgeschäumt und lieà sich relativ leicht entfernen. AuÃerdem hatte es eine desinfizierende Wirkung, was natürlich auch sein Gutes hatte, da mit so einer Verletzung ein groÃes Infektionsrisiko einherging.
Vorsichtig begann ich, die Stirn der Frau mit dem Wasserstoffperoxid zu behandeln. Nach einer Weile hatte ich mich bis zu der Stelle vorgearbeitet, an der der Ventilator zugeschlagen hatte. Unterhalb des Haaransatzes schien ein ordentlicher Schnitt zu klaffen.
»Wenn Sie demnächst einen Pony tragen, wird man von der Narbe nichts mehr sehen«, meinte ich tröstend zu ihr.
»Siehste!«, sagte ihr Mann von der Tür aus triumphierend. »Das hab ich dir auch gesagt! Ist doch alles halb so wild!«
»Klappe«, sagte Andrea Z. nur böse.
Da ihre Haare durch das Blut stark an ihrer Gesichtshaut klebten, hatte ich einige Mühe, es abzukriegen. Vorsichtig versuchte ich, sie zu säubern, doch als ich ein wenig rubbeln musste, hielt ich erschrocken inne.
Da bewegte sich irgendwas! Oder hatte ich mich getäuscht? Erneut berührte ich ihre Haare und stellte entsetzt fest, dass ihre ganze Kopfschwarte beweglich war.
Die Frau war tatsächlich skalpiert worden. Wie eine Badekappe konnte ich ihre Kopfschwarte samt Haare vom Schädel wegklappen.
Als ihr Mann das sah, wurde ihm sofort schlecht und er rannte von der Tür weg, um sich auf der Toilette zu übergeben.
Ich klappte die Kopfschwarte wieder zurück und hatte es nun mit einem ganz anderen Problem zu tun.
Durch das Wasserstoffperoxid hatten sich die Verkrustungen an den kleinen Arterien, die die Kopfschwarte mit Blut versorgten, gelöst. Das hatte zur Folge, dass das Blut nun wieder ungehindert aus den Arterien schoss und mit jedem Herzschlag in feinen Strahlen durch den Raum bis an die Wand spritzte. Innerhalb kürzester Zeit sah es in dem Behandlungsraum aus wie auf dem Schlachthof. Alles war rot.
In dem Moment schaute der Bruder der Patientin durch die Tür.
»Wie lange dauert es â¦Â« Er konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. Ihm wurde ebenfalls sofort schlecht, und er fragte seine Schwester, ob sie was dagegen habe, wenn er nach Hause ginge.
»Ja, da habe ich zufällig was gegen!«, motzte Andrea Z. »Ich stehe den Schlamassel
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