Spritztour - Roman
Susie keine Spur.
»Ich glaube wirklich, du solltest aufmachen, Felicia«, sagte Ian.
»Nei-ein.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass der scharf drauf ist, einen Typen zu sehen, wenn die Tür aufgeht. Ich glaube, der bringt mich um.«
»Vielleicht ist er gar nicht so groß«, entgegnete Felicia.
Die Tür ächzte unter einer weiteren Serie von Schlägen.
»Er klingt groß. Der macht mich platt.«
Ian starrte auf die Tür, an die unaufhörlich gehämmert wurde. Das Kutcher-Poster fiel von der Wand. Zeitschriftenstapel rutschten auseinander. Und immer noch keine Spur von Susie.
Vielleicht ist sie ja tatsächlich weggegangen, dachte Ian. Das kann doch nicht sein, dass sie diesen Krach nicht hört. Vielleicht ist sie mit Lance spazieren gegangen. ›Lancey‹. Igitt. Ach, Scheiße, ich mach einfach auf. Vielleicht geht dieser Rick – oder wer immer das sein mag – weg, wenn er sieht, dass sie nicht da ist.
»Komm«, sagte Ian zu Felicia und nahm ihre Hand.
»Wa…?«
»Wir machen beide auf. Ricks Verwirrung wird unsere Rettung sein.«
»Toll«, fauchte sie.
Ian schwitzte sein Hemd nass. Wieder hämmerte es an der Tür.
»Kleinen Moment!«, rief Felicia der Stimme hinter der Tür zu. Das Hämmern hörte auf.
»Bist du das, Baby? Süße, es tut mir so leid. Du weißt doch, dass ich verrückt vor Eifersucht bin. Mehr war da nicht, ich schwöre. Komm schon, mach auf. Ich hab dir was mitgebracht.«
Ian legte den Türriegel um und Felicia drehte am Knauf. Ein mit Ruß beschmutzter Mann, der einen Strauß Margeriten in der Hand hielt, schob die Tür auf. Er hatte einen schmuddeligen Dreitagebart und schien Anfang zwanzig zu sein.
»Warum hast du denn die verdammte Tür nicht …?!«
Er verstummte, als er Ian und Felicia sah.
»Hallo«, sagte Ian und merkte sofort, dass er den falschen Ton erwischt hatte.
»Wer seid ihr? Wo ist Susie?«
»Wir, ähm … das ist eine ausgezeichnete Frage, Rick. Du bist doch Rick, oder?«, fragte Ian.
Der Mann an der Tür klopfte auf das Namensschild an seinem fleckigen Jeanshemd. Da stand RICK W., Technischer Dienst.
»Genau«, sagte Ian. »Also, Rick, wir haben schon eine Menge von dir gehört. Von Susie.«
»Und wo zum Teufel steckt die?«
»Ähm, genau. Nicht hier. Glauben wir. Nein, nicht hier. Aber wir.« Ian hielt inne. »Wir sind hier. Aber nicht Susie. Nicht mehr.«
Rick spannte die Muskeln an, dann trat er zentimeternah an Ian heran.
»Wer seid ihr?«, fragte er knapp.
»Ian. Ian Lafferty.« Ian streckte seine Hand aus, die Rick ignorierte. »Und das ist Felicia. Wir sind …«
»Susies Cousin und Cousine«, sagte Felicia. »Wir sind nicht von hier, Rick. Susie hat mich angerufen, also bin ich hergefahren. Sie war verzweifelt – total verzweifelt. Irgendwas wegen ihrem bescheuerten Freund.« Bei diesen Worten stellte sich Felicia in Positur, stützte die Hände in die Seite und grinste.
O Gott. Ganz schlechter Zug. Sehr schlecht. Ian wappnete sich für die Attacke, die Rick gleich starten würde.
Aber Rick schien ruhiger zu werden. Er trat zurück.
»Ich, na ja … okay. Ich weiß, dass ich mich blöde verhalten habe.« Rick blickte Felicia nicht in die Augen. »Aber es tut mir echt leid.« Er trat von einem Fuß auf den anderen und starrte auf seine abgetretenen ledernen Arbeitsstiefel. »Ich muss Susie einfach sehen. Wo ist sie?«
»Wir wissen es nicht genau«, sagte Felicia, immer noch streng. »Sie hat uns einen Teller Kekse hingestellt und dann ist sie weg. Sie ist ganz schön runter, Dick.«
»Rick.«
»Genau, Dick. Jedenfalls, wo immer Susie sein mag, du wirst dir vorstellen können, dass sie nicht mit dir reden will. Ich glaube wirklich, du solltest gehen.«
Rick war eine ganze Weile still. Dann reckte er den Kopf. Er schnüffelte.
»Sind das Susies Käsetaschen?«
»Die weltberühmten«, sagte Ian.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Käsetaschen im Ofen hat und weggeht.« Er blickte Ian an. »Bist du sicher, dass sie nicht hier ist?«
»Siehst du sie denn, Dick ?«, fragte Felicia. »Du musst jetzt wirklich gehen.« Sie blickte Rick an, der wiederum Ian anstarrte. » Gehen «, wiederholte sie. Einen Moment lang herrschte eine ungemütliche Stille, bis Rick sich entschied, einen Abgang zu machen.
Dann fiel irgendwo hinten in der Wohnung laut krachend etwas um.
Dann sagte eine eindeutig männliche Stimme: »Scheiße!«
Dann – nach dem Bruchteil einer Sekunde, den es dauerte, bis diese Tatsachen in Ricks Hirn gedrungen
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