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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Sie davon, wenn wir in Richtung Haga Forum gehen? Es ist schön dort.«
    JW nickte. Jan wollte sich offenbar erklären.
    Es war Dezember. Um die null Grad herum, verschneite Landschaft. Auf dem Brunnsvik lag eine dünne Eisschicht. JW hasste die Wetterlage – man konnte keine schicken Schuhe tragen. Die Tendenz: zu viel Gummisohle und zu wenig Finesse.
    Sie passierten gerade das Wennergrens Center, als Jan zu erzählen begann.
    »Ich bin ein Scheißkerl gewesen. Ich hätte Sie schon vor längerer Zeit treffen und Ihnen die Wahrheit sagen sollen. Zugegebenermaßen.«
    Während er sprach, stieß er kleine weiße Atemwölkchen aus.
    »Die ganze Geschichte hat mich ziemlich fertiggemacht. Ich habe ständig Alpträume und kann nicht mehr schlafen. Wache mitten in der Nacht auf und frage mich, was eigentlich mit Camilla geschehen ist.«
    Gemeinsames Schweigen.
    Jan fuhr fort: »Sie tat mir leid. Sie hatte wenig Freunde. Ich glaube, dass ihre Begabung andere abstieß. Man merkte ihr an, dass sie weiter nach oben wollte. Möglicherweise waren es ihre Ambitionen, die die anderen abschreckten. Wie auch immer, ich nahm mich jedenfalls ihrer an. Ermunterte sie. Nach den Unterrichtsstunden diskutierte ich oftmals mit ihr. Ich erinnere mich, dass sie Englisch sehr mochte. Na ja, sie war längst eine erwachsene Frau. Hier auf dem Komvux sind sie natürlich keine Kinder mehr. Und dennoch betrachte ich meine Schüler manchmal als solche. Die meisten von ihnen haben ja nicht einmal die Grundschule reibungslos hinter sich gebracht. Es ist oft der Fall, dass ihnen etwas fehlt.«
    JW fragte sich, wann der Typ endlich zur Sache kommen würde.
    »Als Sie neulich hier im Schulgebäude auftauchten und mehr über Camilla wissen wollten, bekam ich es mit der Angst zu tun. Fühlte mich schuldig. Dass ich mich nicht intensiver um sie gekümmert habe. Dass ich es nicht kommen sah. Ihre Traurigkeit und ihre prekäre Situation als Außenseiterin. Ihre Gemütslage. Die Depressionen. Den Selbstmord.«
    JW blieb stehen. Dachte: Wovon redete der Typ nur? Keiner wusste bislang, was Camilla zugestoßen war.
    »Woher haben Sie das mit dem Selbstmord?«
    »Ich weiß es natürlich nicht sicher, aber im Nachhinein meine ich, dass alle Hinweise darauf vorhanden waren. Sie verlor an Gewicht. Musste unter Schlafstörungen gelitten haben, denn sie kam morgens oft mit dunklen Ringen unter den Augen in die Schule. Zog sich mehr und mehr in sich zurück. Fühlte sich offensichtlich mies. Und ich war blind. Mache mir inzwischen Selbstvorwürfe. Hätte Alarm schlagen müssen. Und dennoch, wie sollte ich es ahnen?«
    Dieser Gedanke war ihm nicht neu. JW hatte oft darüber nachgedacht, wie es seiner Schwester eigentlich ging.
    Jan fuhr fort: »Deshalb habe ich mich von Ihnen ferngehalten. Hab es nicht geschafft, mich erneut mit der Geschichte zu konfrontieren. Hatte Angst. Ich verstehe, wenn Sie sich gefragt haben, was ich da getan habe. Ich muss mich wirklich bei Ihnen entschuldigen.«
    Sie gingen noch hundert Meter weiter. JW wusste nicht, was er sagen sollte. Jan erklärte schließlich, dass er zurück zum Sveaplans Gymnasium müsse. Weitere Unterrichtsstunden erwarteten ihn.
    Sie verabschiedeten sich per Handschlag.
    JW schaute ihm nach. Er trug eine braune Steppjacke von Melka. Ging mit gebeugtem Rücken und schnellen Schritten zurück zum Schulgebäude. Wirkte gestresst.
    JW stand noch eine Weile allein vor dem Haga Forum. Dachte nach und begann zu frieren. Hatte Jan Camilla nur deswegen gute Noten gegeben, weil er nett zu ihr sein wollte? Um sie zu ermuntern? Weil er ihre Gemütslage erkannte?
    Er fühlte sich deprimiert. Wegen seiner Schwester. Weil das Gespräch keine neuen Erkenntnisse gebracht hatte. Und wenn Camilla sich nun das Leben genommen hatte, wo war dann ihre Leiche? Und warum hatte sie keinen Brief hinterlassen? War nicht Selbstmord, wie die Psychologen immer behaupteten, eine Art Hilferuf? Nein, auch wenn er seine Schwester nicht besonders gut kannte, kannte er sie doch gut genug, um zu wissen, dass sie sich nicht umgebracht hatte. So war sie einfach nicht.
    JW fuhr direkt hinaus nach Kista. Abdulkarim würde sauer sein – sie hatten verabredet, sich zu treffen und Cash gegen Cola auszutauschen, aber das musste warten.
     
    Das Zentrum von Kista war nach dem letzten Mal, als JW dort gewesen war, neu saniert worden: Kinos, Restaurants, Boutiquen, Åhléns,
you name it.
Er steuerte geradewegs auf H&M zu. Hoffte, dass Susanne Pettersson Dienst

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