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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Sitzreihe bestand nur aus einem Platz.
    JW war gezwungen, sein Handy auszuschalten. Seine Rastlosigkeit machte sich wieder bemerkbar. Er dachte an die Ermittlungen der Polizei. Ob sie schon etwas herausgefunden hatten? Vielleicht hatten sie bereits von sich hören lassen, wenn er nach Hause käme. Und wenn nicht, sollte er dann seine Mutter anrufen und ihr alles erzählen? Sie erschien ihm so weit weg. Bengt erschien ihm noch weiter entfernt, er verschwand nahezu aus seinem Blickfeld.
    Draußen herrschte graues, typisch englisches Wetter. Er konnte nicht einmal das Meer unter sich erkennen, obwohl die Maschine niedrig flog.
    Der Kapitän gab die Temperatur durch: zwölf Grad Celsius auf der Insel.
    Im Landeanflug war die Maschine von dichtem Nebel umgeben.
    Es nieselte.
    Unter ihm offenbarte sich plötzlich die Insel. Leicht hügelig und mit einem Baumbestand, aus dessen Zweigen neue Blätter sprossen.
     
    JW auf der Isle of Man. Hier würde er sein Anliegen umsetzen.
    Douglas lag direkt an der Küste. JW s erster Eindruck war extrem britisch. Es wimmelte nur so von Hotels, Banken, Finanzinstituten. Ansonsten waren nur wenig Leute zu sehen – der Winter gehörte zur Nebensaison, nur vereinzelte Bankiers und Finanzhaie auf der Straße. Sie waren gut gekleidet, wohlsituiert und dem Anschein nach hochzufrieden mit den Spielregeln auf der Isle of Man – das Paradies des Bankgeheimnisses.
    Natürlich gab es noch andere Orte in Europa, die genauso gut gestellt waren: Luxemburg, die Schweiz, Liechtenstein, die Kanalinseln. Aber der Nachteil war, dass diese Orte Misstrauen erregten. Steuerbehörden und Fahnder im Bereich der Wirtschaftskriminalität reagierten unmittelbar auf Konten, die in diesen Ländern registriert sind. Die Isle of Man hingegen war diskreter, jedoch mit mindestens ebenso vorteilhaften Regeln ausgestattet.
    Der Grundgedanke der Off-Shore-Jurisdiktion – es sollte möglichst einfach sein, Unternehmen zu gründen, das Unternehmensgeheimnis war strikt, das Bankgeheimnis noch strikter, und es galt Steuerfreiheit.
     
    JW checkte für eine Nacht in einem kleinen Hotel ein. Der Service war top of the line, jedes einzelne Mitglied des Personals begrüßte ihn mit Namen. Nicht schlecht.
    Er ging die Strandpromenade entlang in Richtung des Hauptsitzes der Central Union Bank. Sein Besuch dort war bereits vor einem Monat mit Darren Bell, einem
Senior Associate,
vereinbart worden. Sicheren Quellen nach zu urteilen: Darren Bell war eine äußerst zuverlässige Person.
    Das Gebäude, in dem das Treffen stattfinden würde, war in einem erstklassigen Zustand. Das offenbarte sich schon aus hundert Metern Entfernung. Die unteren zehn Meter der Fassade bestanden vollständig aus Glas. Die Rolltreppen zu den oberen Etagen sowie einige üppige Ficus-Benjaminii-Pflanzen und die grauen Sofas von Ligne Roset waren deutlich von draußen zu erkennen. JW passierte die drei Meter hohen Drehtüren. Meldete sich an der Rezeption an.
    Er sah sich um. An dünnen Schnüren hingen Lichtkonstruktionen aus Glas und chromfarbenem Metall. Der Fußboden war aus Marmor. Die Ligne-Roset-Sofas – leer. Er dachte: Saß überhaupt jemals jemand auf ihnen?
    Keine weitere Zeit zum Sinnieren. Ein Mann kam aus einem der Fahrstühle und stellte sich JW vor. Es war Darren Bell.
    Er war tadellos gekleidet, grauer doppelreihiger Anzug, Seidentuch in der Brusttasche, blaues Hemd mit weißen Streifen, goldene Manschettenknöpfe.
    Sie nahmen den Fahrstuhl nach oben. Hielten Smalltalk. Darren Bell mit irischem Akzent – die Höflichkeit in Person, mit Augen, die zu verstehen schienen, worum es ging.
    Der Konferenzraum mit Aussicht über die Bucht war klein. Zwei impressionistische Bilder hingen an den Wänden. Es war ein nebliger Tag. Darren Bell scherzte:
»Welcome to the typical Isle of Man-soup.«
    Darren bat JW , sein Anliegen vorzubringen.
    Er erklärte, was er vorhatte. Gewisse Einzelheiten konnte JW natürlich nicht offenlegen. Aber das Wichtigste konnte er erklären, nämlich dass er ein Konto mit Bankgeheimnis benötigte, auf das er unkompliziert Beträge überführen konnte. Möglichst über Internetbuchungen. Oder in bar, direkt auf das Konto der Central Union Bank in Großbritannien. Des Weiteren hatte er vor, zwei Unternehmen zu gründen, die auf der Isle of Man registriert waren. Das eine vorrangig in der Branche für Finanzberatung für kleine und mittelständische Firmen. Das andere sollte bis auf weiteres ruhen, aber bereitstehen, um

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