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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Knast ist eine bessere Schule als Botkyrka und Tensta zusammen. Ich kenn ein paar von seinen Freunden in Österåker. Sie sagen, dass er verdammt smart ist. Der Chilene hat vor fünf, sechs Wochen eine absolute Super-Flucht hingelegt. Ist über die Mauer geklettert und im Wald verschwunden. Eine sieben Meter hohe Mauer, kapierst du? Das Wachpersonal stand einfach nur mit offenen Mündern da, wie ’ne Reihe Fragezeichen. Er ist ein feiner Kerl. Aber im Augenblick steht er ziemlich unter Druck. Ich bin sicher, dass er das Land noch nicht verlassen hat. Er hat genau das, was wir brauchen. Und vor allem wird er für billiges Geld arbeiten, wenn ich mich seiner annehme.«
    »Was soll ich dazu sagen? Klingt nicht besonders überzeugend. Ich kapier nicht, warum du dich mit jemandem einlassen willst, der offensichtlich die Polizei anzieht wie Scheiße die Fliegen.«
    »Jetzt am Anfang werd ich mich nicht mit ihm einlassen. Sondern du. Ich will, dass du ihn findest. Ihm Honig um den Bart schmierst. Ihn bezahlst. Dich um ihn kümmerst. Und dann wird er uns helfen, die Vororte in den Griff zu bekommen. Aber jag ihm keine Angst ein, denk dran, dass er auf der Flucht ist. Und das ist auch schon die ganze Geschichte. Kapierst du, mein Freund? Da er auf der Flucht ist, wird er drauf angewiesen sein, dass wir für seinen Lebensunterhalt sorgen, ihm eine sichere Unterkunft geben, ihn nicht verpfeifen.«
    JW war nicht gerade begeistert von dem, was er hörte. Gleichzeitig hatte er Lunte gerochen, Lust auf mehr, auf das Geschäft des Arabers. Während er anfänglich noch Zweifel hegte, schien jetzt die Sonne. Die Idee mit dem Chilenen auf der Flucht war vielleicht gar nicht so dumm.
    »Warum nicht? Wir können es ja probieren. Wie und wo finde ich diesen Chilenen?«
    Abdulkarim lachte laut auf. Pries JW . Pries Allah. JW dachte: War Abdul jetzt etwa auch noch religiös geworden?
    Der Araber beugte sich noch ein wenig weiter vor und gab JW die nötigen Informationen. Das heißt, das bisschen, das er wusste. Der Name des Ex-Knackis: Jorge Salinas Barrio. Der Typ kam aus Sollentuna, und seine Familie bestand aus einer Mutter, einem Stiefvater und einer Schwester. Abdulkarims wertvollster Tipp lautete: Fahr raus nach Sollentuna und unterhalt dich mit den Leuten aus den richtigen Kreisen. Das müsste dir weiterhelfen,
inshallah,
und mach ihnen bloß klar, dass du kein Bulle bist.
    Er beendete das Treffen, indem er eine Tüte in JW s Manteltasche steckte. JW befühlte sie mit den Fingern – Scheine. Er schaute auf zu Abdul, der alle zehn Finger abspreizte: »Es liegen so viele Scheine und ein Zettel mit sechs Namen drin. Das ist alles, was ich dir geben kann.«
    JW fischte den Zettel heraus. Alle Namen bis auf einen klangen spanisch. Die Scheine entsprachen dem, was der Araber angedeutet hatte: »Um alle Informanten in Sollis über el Fluchto zu entlohnen.«
    JW aß seine Suppe auf. Abdulkarim beglich die Rechnung.
    Sie verließen das Lokal. Draußen war es kühl.
    JW begann nachzudenken. Das hier konnte ein ganz großes Ding werden. Das hier konnte ein eigener kleiner Konzern werden.
    Er würde diesen Chilenen aufsuchen.
     
    Er ging nach Hause. Hatte Schwierigkeiten, sich aufs Lernen zu konzentrieren. Schweifte ständig mit den Gedanken ab. Legte sich aufs Bett und versuchte, die letzte Ausgabe der Zeitschrift Café zu lesen.
    Sein Handy klingelte. JW fiel ein, dass er vergessen hatte, sein Versprechen Abdul gegenüber einzuhalten und ein neues Handy zu kaufen.
    Jetset-Carls Stimme am anderen Ende der Leitung.
    Das war ja der Hammer! Was wollte er nur?
    Nach der Begrüßung meinte Carl: »Was für ’ne verdammt coole Session neulich auf Lövhälla Gård. Besser gesagt, es war völlig abgefahren.«
    »Ja, supercool. Müssen wir irgendwann wiederholen.«
    »Und ob! Super, dass du dabei warst und die Party aufgepeppt hast. Ich glaub, alle waren absolut begeistert.«
    »Schön zu hören. Hab ja hin und wieder schon mal für Stimmung gesorgt.«
    »Hast du eigentlich mitgekriegt, dass ich beim Tanzen eines der Sofas zerlegt hab?«
    JW hörte es am Tonfall – kein Problem, er konnte ruhig losprusten.
    Carl lachte ebenfalls schallend.
    »War ’n richtig teures Designerstück, Svenskt Tenn.«
    »Im Ernst? Und was hat Gunn gesagt?«
    Noch mehr Gelächter. Ach, Gunn.
    Sie unterhielten sich über das ausgezeichnete Abendessen, Nippes Anmachkünste, darüber, dass Jetset-Calle fünfzehn Riesen für die Reparatur des Sofas bezahlt hatte und dass

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