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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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weit weg von der Stadt und dem Zugriff der Bullen. Er würde sich hier verbarrikadieren können, bis ihm das Geld ausging. Andererseits, die Personen auf dem Weg von der Scheune zum Haus. Er konnte nicht genau erkennen, was sie vorhatten.
    Es konnten die Hausbesitzer sein. Vielleicht war es auch nicht ihr Haus, und sie waren nur neugierig. Warfen möglicherweise einen Blick durch die Fenster. Sahen die Geschirrberge, sahen die Matratze auf dem Boden, die Unordnung.
    Es konnten aber auch die Bullen sein.
    Das Risiko zu groß. Es erschien ihm vernünftiger, seine Sachen zusammenzupacken und abzuhauen, bevor sie vor der Tür standen. Es gab noch andere Hütten. Mehr warme Betten.
    Jorge stopfte die Sachen in zwei Tüten, das Essen in die eine, Kleidung und Waschzeug in die andere. Ging zur Haustür. Der obere Teil bestand aus buntem Glas. Er schaute raus. Konnte die Menschen nicht sehen. Öffnete die Tür. Lief mit schnellen Schritten nach links weg. Nahm nicht den Kiesweg, der zum Weg vorm Haus führte. Stattdessen: drängte sich durch einen Spalt zwischen den Büschen. Stach sich an den Dornen.
    Meinte, die Stimmen jetzt deutlicher zu hören.
    Verdammt.
    Er rannte los, ohne sich umzusehen.

17
    JW auf dem Weg an die Spitze. Jetset-Carls Angebot eine Goldgrube. Abdulkarim überglücklich. Er redete unablässig über ihre Expansionspläne. »Hauptsache, du findest diesen Jorge«, erinnerte er JW , »denn dann werden wir die Stadt erobern.«
    JW strengte sich nicht unnötig an, den Chilenen zu finden. Er hatte zwar hier und dort dezente Nachforschungen betrieben. Mit Leuten aus Sollentuna zu Abend gegessen und ihnen für Informationen, die dazu führten, dass der Flüchtling ausfindig gemacht werden konnte, Geld geboten – es würde schon irgendwie funktionieren.
    Heute hatte er jedenfalls ein anderes Projekt.
    JW hatte vor einigen Tagen Jan Brunéus, den Lehrer der Schule für Erwachsenenbildung, angerufen. Der Lehrer konnte sich deutlich an Camilla erinnern, war aber nicht gewillt, über sie zu sprechen. Als JW ihn drängte, hatte er den Hörer auf die Gabel geknallt.
    In der Situation schaffte JW es nicht, sich mit der Reaktion auseinanderzusetzen. Verzichtete darauf, ihn noch einmal anzurufen. Versuchte, nicht mehr an die Sache zu denken.
    Aber heute war es so weit. Er musste es tun.
    Er zog sich Jeans, Hemd und Mantel an.
    Ging hinaus in Richtung Sveaplans Gymnasium, unterhalb des Wennergren Center, wo das Komvux lag. Wollte Jan Brunéus persönlich treffen.
    Auf dem Valhallaväg war der Geräuschpegel höher als sonst, entweder aufgrund des dichten Verkehrs, der dahinbrauste, oder wegen seiner Kopfschmerzen. Wahrscheinlich wegen beidem.
    Am Ende des Sveaväg sah er das Schulgebäude.
    Es war elf Uhr dreißig. Die Schüler hatten bald Mittagspause. JW befürchtete, dass das Sekretariat über Mittag schließen würde. Da er nicht bis nach der Pause warten wollte, achtete er nicht auf die Pfeile und Hinweisschilder, sondern fragte gleich. Eine Frau lieferte ihm eine gute Wegbeschreibung: durch den großen Eingang, die Treppen hoch, dann rechts.
    JW lief gegen den Strom. Meistenteils junge Menschen in seinem Alter, die auf dem Weg zum Mittagessen waren. Erschöpfte Mittelklassetypen – kapierten sie denn nicht, dass es schnellere Wege ins richtige Leben gab.
    Er nahm drei Stufen auf einmal. Schnappte nach Luft.
    Erreichte das Sekretariat.
    Eine Frau in Wickelrock und altmodischer Bluse war gerade mit entschlossenen Schritten auf dem Weg durch die Türöffnung nach draußen. Ihre Bewegungen signalisierten: Ich werde jetzt schließen.
    Typisch.
    Er sagte: »Guten Tag, dürfte ich Sie bitte etwas fragen, bevor Sie schließen?«
    JW war ein Meister der Höflichkeit geworden – siezte sogar die Schulsekretärin. Er hatte so einiges von seinen Freunden in Stockholm gelernt.
    Die Dame ließ sich erweichen und bat ihn herein. Sie stellte sich hinter einen Tresen.
    »Ich möchte mit einem Lehrer Ihrer Schule sprechen, Jan Brunéus. Unterrichtet er diese Woche, und wenn ja, in welchem Klassenraum?«
    Die Frau verzog das Gesicht, schaute betreten drein. JW gefiel ihre Art nicht. Das Verhalten gewisser Personen – anstelle von direkter Kommunikation grimassierten sie sich durchs Leben.
    Sie nahm einen Plan zur Hand und folgte den verschiedenen Spalten mit dem Finger. Schließlich antwortete sie: »Er hat heute Unterricht, noch zehn Minuten, also bis zwölf Uhr. Klassenraum vier zwei zwei. Das ist ein Stockwerk höher.«
    JW

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