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Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)

Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)

Titel: Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Unterkunft hatten der Leitung erzählt, dass sie ihm seit Jahren immer mal wieder begegnet seien. »Er kommt und geht, er will mit keinem reden und spielt verrückt, wenn sich jemand auf der Straße neben ihm niederlässt. Nur in den letzten zwei Jahren, da hat ihn nachts kaum noch einer gesehen. Wahrscheinlich hat er was gefunden, wo er sich verkriechen kann.«
    Ein anderer hatte behauptet, am Samstagabend sei Clyde auf Sammy losgegangen, weil sich dieser in der gleichen Parkgaragenzufahrt niederlassen wollte.
    Aber er ist nicht vorbestraft, bemerkte Shirley, und ist anscheinend seit Jahren obdachlos. Der Krankenschwester hat er sein Alter mit achtundsechzig angegeben, das könnte stimmen. Eines aber ist sicher, dachte Shirley: Bleibt er noch länger auf der Straße, wird er an einer Lungenentzündung sterben.
    Mit diesen Informationen hatte sie Clyde im Krankenhaus aufgesucht. Er hatte die Augen geschlossen. Trotz der fleckigen Gesichtshaut und den tiefen Falten zwischen Nase und Lippen war nicht zu übersehen, was für ein gut aussehender Mann er in jüngeren Jahren gewesen sein musste.
    Sie berührte ihn an der Hand. Er riss die Augen auf und warf den Kopf hoch. »Tut mir leid, Mr. Hastings«, sagte sie. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Wie fühlen Sie sich?«
    Clyde sank aufs Kopfkissen zurück und betrachtete die sanftmütige Frau an seiner Seite. Dann musste er husten, ein tiefes Rasseln, das seinen Oberkörper durchschüttelte. Es dauerte einige Zeit, bis sich der Anfall gelegt hatte.
    »Nicht so toll«, sagte er.
    »Es war gut, dass man Sie letzte Nacht hierhergebracht hat«, sagte Shirley. »Sonst hätten Sie jetzt eine ausgewachsene Lungenentzündung.«
    Undeutlich erinnerte sich Clyde, dass er vor der Unterkunft ohnmächtig geworden war. Dann geriet er in Panik. »Mein Wagen! Meine Sachen! Wo ist alles?«
    »Man hat alles für Sie aufgehoben«, beruhigte Shirley ihn. »Clyde, ist Hastings Ihr richtiger Nachname?«
    »Ja. Warum?«
    »Manchmal geben Sie einen anderen Namen an.«
    »Manchmal bin ich durcheinander.«
    »Verstehe. Clyde, haben Sie Familie?«
    »Nein.«
    »Überhaupt niemanden? Auch keinen Bruder, keine Schwester?«
    Clyde dachte an das Foto von sich und Peggy und Skippy. Kurz stiegen ihm Tränen in die Augen.
    »Es gibt da jemanden, nicht wahr?«, fragte Shirley mitfühlend.
    »Das ist lange her.«
    Shirley Mercer sah ein, dass es wohl nicht viel bringen würde, wenn sie sich mit ihm über seine Verwandten unterhielt. »Waren Sie mal beim Militär? Laut der ärztlichen Untersuchung haben Sie Narben im Brust- und Rückenbereich. Ihrem Alter nach könnten Sie in Vietnam gewesen sein.«
    Damit kam sie ihm zu nahe. »Ich war nie beim Militär«, antwortete Clyde. »Ich hab aus Gewissensgründen verweigert, so hat man das damals genannt.«
    Joey Kelly. Sag Mama, dass ich sie liebe … Ich hab seine Mutter nie besucht, dachte Clyde. Ich konnte ihr doch nicht sagen, dass er in diesem Augenblick mit bloßen Händen seine Eingeweide zusammengehalten hat. Und dabei ist sein Blut auf mich gespritzt, als würde ich selber im Sterben liegen …
    »Halten Sie den Mund«, blaffte er Shirley plötzlich an. » Halten Sie den Mund. Und sagen Sie ihnen, sie sollen mir meine Sachen geben. Ich will weg von hier.«
    Shirley wich zurück und fürchtete schon, er wolle auf sie losgehen. »Clyde«, protestierte sie, »Sie werden sowieso entlassen. Ich kümmere mich darum, dass Sie ein eigenes Zimmer in einem von der Stadt geführten Hotel bekommen. Man wird Ihnen Medikamente geben, die sollten Sie regelmäßig nehmen. Dort haben Sie es warm und trocken, Sie haben was zu essen. Das brauchen Sie, damit Sie wieder gesund werden.«
    Reiß dich zusammen!, ermahnte Clyde sich. Er war kurz davor gewesen, auf sie einzuschlagen. Wenn das passierte, würde man ihn verhaften und ins Gefängnis werfen, die reinste Hölle. »Tut mir leid«, sagte er. »Es tut mir wirklich leid. Ich hätte nicht so wütend werden sollen. Es ist nicht Ihre Schuld. Sie sind sehr nett.«
    Er wusste, wie dieses Hotel sein würde. Ein Drecksloch. Ein richtiges Drecksloch. Sobald sie weg ist, mach ich mich davon, dachte er. Und such mir was anderes, wieder einen Platz wie meinen Möbelwagen, wo ich jede Nacht bleiben kann. Dann riss er plötzlich die Augen auf. Auf dem Fernsehschirm an der Wand hinter der Sozialarbeiterin hielt eine Nachrichtenmoderatorin das Foto von ihm und Peggy und Skippy in die Kamera. Sie geben mir für alles die Schuld, dachte

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