Spuk aus dem Jenseits
„wir gehen ganz soft vorbei der Gruft. Keine Zerstörung.“
Jörgs Mutter kam am späten
Nachmittag zurück, begleitet von zwei Freundinnen. Hanna Wilcke war eine
schlanke Brünette, die etwas lispelte, was sich recht reizvoll anhörte. Die
andere Freundin wurde Kiki genannt und trug einen Kurzhaarschnitt in
scheußlichem Orangerot. Die drei Damen transportierten ein riesiges
Kuchenpaket.
Klößchen ließ sofort seinen
Rechen fallen und rannte ins Bad, um sich die Hände zu waschen.
Seine Voraussicht war richtig.
Natürlich wurden die TKKG-Bande und Jörg eingeladen. Tee, Kaffee und enorme
Mengen Kuchen gab’s.
Auf die Terrasse, wo man sich
niederließ, schien jetzt die Sonne. Keine Spur mehr von Schatten. Elsa merkte
das sofort. Kunststück! dachte Tim. Die Büsche hier sind nur noch halb so hoch.
Mehr dürfen wir nicht wegschneiden, sonst wird der Garten zum Kahlschlag.
Natürlich kannte man nur ein
Thema. Den Spuk. Demonius und seine Rache aus dem Jenseits.
„So wie ich deinen Mann
kennengelernt habe“, sagte Hanna zu Elsa, „mußte ich ihn für krankhaft
nachtragend halten.“
Elsa nickte. „Ich habe das
alles viel zu spät gemerkt.“
„Er war böse“, sagte Kiki und
nahm noch ein Stück Marzipantorte.
„Leider war er nicht der
Mensch, mit dem man sich aussprechen konnte“, sagte Elsa. „Daß er wütend auf
mich war, merkte ich nur an seinen Reaktionen. Ins Gesicht war er höflich und glatt
mir gegenüber. Das heißt, im letzten Jahr, da spürte ich seinen Haß. Dabei —
gekränkt oder verletzt habe ich ihn eigentlich nie. Wir paßten nur nicht
zueinander. Aber das hat er nicht unterschieden.“
Die Kids hörten zu, hatten aber
bis jetzt nichts Neues erfahren.
„Was dieser Kahlig behauptet“,
sagte Kiki, „ist die Höhe. Vielleicht ist er auch ein bißchen meschugge ( verrückt ).
Jedenfalls hat er sich verändert, finde ich, seit dem Tod seiner Frau. Ich
kannte sie. Verena war bedeutend jünger als er. Damals hieß sie noch Büttner.
Sie ist tragisch umgekommen — bei einem Verkehrsunfall.“
„Eine geborene Büttner?“ fragte
Tim.
„Ja. Büttner war ihr
Mädchenname.“
Tim sah seine Freunde an. Sie
wußten, worauf er hinauswollte. Jörg hatte, ganz aufgeregt, schon eins seiner
Ohren gepackt.
„Wissen Sie zufällig, Frau
Kiki, ob die Verstorbene, diese Frau Kahlig, einen Bruder hatte?“ fragte Tim.
„Klar. Er heißt Hugo. Ein
Wissenschaftler, glaube ich.“
„Das glauben Sie richtig.“ Tim
wandte sich an Elsa. „Der Name Büttner ist zwar nicht gerade selten. Aber ich
meine schon, daß dieser Hugo Büttner unser Hugo Büttner ist — nämlich Beinhart
Geisers Assistent. Also wären Kahlig und der Assi verschwägert, und damit
hätten wir die fehlende Verbindung. Es scheint, Frau Kramer-Demonius, der Spuk
kommt aus dieser Ecke.“
Elsa war verblüfft.
Ihre Freundinnen dachten nach
und nickten dann eifrig. „Wenn der Demonius noch lebt“, meinte Hanna, „dann
versteckt er sich dort, und die sind seine Helfer. Oder sie deichseln den Spuk
nach seinem Tod. Das tun sie gern für Demonius. Er und Geiser waren ja wie
Blutsbrüder. Geiser verdankt ihm alles. Wie lange haben sie
zusammengearbeitet?“
„Über zehn Jahre“, antwortete
Elsa. „Aber sie kannten sich schon, als Geiser noch studierte. Zwei
Technik-Freaks, vernarrt in ihre Maschinen. Für Menschen haben sie sich nie
interessiert.“
14. Mord-Komplott
Das Grand-Hotel KAISERHOF steht
an der sogenannten Pracht-Meile der Stadt — dort also, wo die feinsten
Geschäfte residieren, die teuersten Boutiquen, bekanntesten Galerien und
nobelsten Juweliere.
An diesem Samstagabend gleißte
alles in Licht und Farben: Fenster, Schaufenster, Laternen, Reklame. Es war
immer noch schwül, aber der Himmel schon dunkel. Fußgänger flanierten an den
Geschäften entlang, bestaunten Auslagen und Preise. Drei berühmte Theater lagen
in der Straße. Alle waren ausverkauft, und die Vorstellungen begannen in
wenigen Minuten.
Wieder hielt ein Taxi vor dem
Hotel. Der livrierte Portier eilte herbei und riß den vorderen Schlag auf,
rechts, dann den hinteren.
Geiser, Büttner und Isabell
Pilsen stiegen aus. Alle waren abendfein gekleidet, und Isabell hatte mit
maskenbildnerischem Können ihre Fältchen weggepudert.
Geiser bezahlt den Fahrer. Das
Wechselgeld wurde dem Portier auf die Kralle gelegt.
„Danke, mein Herr. Wünsche den
Herrschaften noch einen angenehmen Abend.“
Hoffentlich! dachte Geiser, und
sie betraten das
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