Spuk aus dem Jenseits
nicht.
Der Parkplatz war leer.
Sie stellten ihre Tretmühlen in
eine besonders finstere Ecke. Mit Kabelschlössern wurden alle aneinander
gekettet. Konnte man ausschließen, daß hier ein Penner vorbeistrich und klaute?
Aber fünf Drahtesel konnte er bestimmt nicht wegtragen.
Tim nahm die Tasche. Der
metallische Inhalt klapperte. Tim vermied es zu schlenkern.
Das breite Tor aus
Schmiedeeisen war natürlich verschlossen. Tim stieg hinüber. Das Tor war
übermannshoch. Doch Karl schleuderte die Tasche mit Schwung. Sie flog über das
Hindernis, und Tim fing sie auf. Es klirrte gewaltig.
„Tolle Begleitmusik“, meinte
er. „Wenn wir so weitermachen, wecken wir alle, die hier ruhen.“
„Laß diese Witze!“ sagte Gaby.
Jörg machte mit den Händen eine
Räuberleiter. Gaby stieg hinauf und oben hinüber. Dann ließ sie sich fallen,
landete aber sanft in Tims Armen. Vorsichtig stellte er sie auf die Füße.
„Ich kann schon allein stehen“,
meinte sie.
„Aber dir ist unheimlich.“
„Wem nicht? Nachts — und hier.
Gruseliger geht’s nicht. Sollen wir wirklich in die Gruft hinunter?“
„Wir müssen. Gewißheit tut not.
Lebt Demonius? Oder liegt er für ewig? Nach den Vorfällen sind wir Jörgs Mutter
das schuldig.“
Karl und Jörg stemmten Klößchen
am Gittertor hoch. Er fluchte und hangelte, verlor oben den Halt und fiel Tim
vor die Füße. Platsch! Sein Hinterteil dämpfte.
„Hättest wenigstens eine Hand
heben können, um meinen Aufprall zu mildern“, beschimpfte er Tim. „Aber ich bin
ja nicht Gaby.“
„Gott sei Dank! nicht“, nickte
Tim.
Als alle herüber waren, gingen
sie los.
Tim hatte die kleine
Taschenlampe bei sich. Aber Jörg führte. Er machte das, ohne sich zu verirren.
Sein Orientierungssinn war großartig.
Tim hatte Gaby bei der Hand
genommen. Sie gingen dicht hinter Jörg. Nur selten ließ der seine Taschenlampe
aufblitzen.
Nach etwa 200 Metern blieb Tim
stehen.
„Halt!“
„Was ist?“ fragte Karl.
Tim hatte den Kopf nach hinten
gewandt und lauschte.
„Hört ihr den Wagen? Jetzt
nicht mehr — der Motor ist ausgeschaltet. Er steht auf dem Parkplatz. Und zwar
dort.“ Tim ließ Gaby los und streckte den Arm aus. „Also ziemlich weit hinten.“
„Meinst du, unsere Räder werden
geklaut?“ fragte Klößchen.
„Das nicht.“
„Dann ist es nur ein
Liebespaar. Arme Liebende, die kein Zuhause haben und im Auto knutschen
müssen.“
„Der Motor klang nach
Kleinbus“, sagte Tim. „Ich denke an einen bestimmten.“
„Kennen wir ihn?“ fragte Gaby.
„Ich kenne ihn ja selbst nicht.
Aber mir fiel heute ein olivgrüner Kastenwagen auf. So ein rundum mit Blech
verschalter zum Nicht-Reingucken. Dreimal war er in unserer Nähe. Der Motor
klang wie der eben.“
„Hast du den Fahrer gesehen?“
wollte Karl wissen.
„Leider nicht.“
Sie verharrten eine Weile und
horchten. Gaby fröstelte trotz der Schwüle. Tim legte den freien Arm um sie. In
der anderen Hand hielt er die Tasche.
Auf dem Parkplatz blieb alles
ruhig. Auch am Tor tat sich offenbar nichts. Sehen konnten sie den Eingang allerdings
nicht. Sträucher und Bäume standen dazwischen.
„Blinder Alarm!“ sagte Tim.
Sie gingen weiter.
Allmählich gewöhnten sich die
Augen an die Finsternis. Tim, der auch nachts gut sieht, unterschied
Einzelheiten, die einem weniger scharfen Auge entgehen. Gaby, die ihm ihre Hand
überließ, hatte recht kalte Finger. Auch sie, Gaby, nahm die Umgebung wahr —
mit Gruseln.
Starr und schwarz ragten
überall die Grabsteine auf. Der Wind flüsterte. Auf frischen Gräbern im Südteil
— weit entfernt also — brannten Ewige Lichter. Tiere waren unterwegs:
Nachtvögel und Katzen, sicherlich auch Steinmarder und Wiesel. Bei der
Aussegnungshalle schrie ein Käuzchen, verschluckte sich aber und verstummte.
Alles in allem — es gibt gemütlichere Stätten.
Jörg stolperte plötzlich, stürzte
und war verschwunden — wie vom Erdboden verschluckt — buchstäblich.
Tim trat vor, leuchtete und
stand am Rand einer Grube.
O weh!
Er leuchtete hinunter.
Jörg saß in fast zwei Meter
Tiefe auf lehmigem Boden und hielt sich das Knie.
„Verdammt!“ fluchte er.
„Hast du dich verletzt?“
„Nee. Aber es tut weh. Ein
frisches Grab. Das war doch vorhin noch nicht da. Oder doch? Sind wir vom Weg
abgekommen?“
„Nur drei Meter“, sagte Tim.
„Die ausgehobene Erde liegt auf der anderen Seite. Zu blöd!“
Er reichte die Hand hinunter
und zog Jörg raus.
Auf dem Rest
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