Spuk aus dem Jenseits
beruhigen.“
„Gewissen?“ Geiser lächelte.
„Was ist das? Ich halte mich an physikalische Gesetze. In denen ist Logik.“
An dem Appetitshappen, einer
Gabelvoll Lachsterrine, mußte man nicht kauen. Aber Dscham bewegte seine
Kiefer, als hätte er eine Jogging-Sohle zwischen den Zähnen. „Perfekt!“
murmelte er dann.
Alle dachten, er meine die
Lachsterrine. Doch er setzte hinzu: „Die perfekte Bombe. Schade, Dr. Geiser,
daß Sie dafür kein Patent erwerben können.“
15. Nachts auf dem
West-Friedhof
Im Drei-Bett-Gästezimmer hing
noch die Schwüle des Tages. Tim hatte das Fenster geöffnet. Auf der Dachschräge
waberte die Sommernacht. Man hörte die Geräusche der Stadt und eine
Kirchturmuhr, die eben halb zwölf schlug.
Zeit zum Aufstehen.
Vor einer Stunde hatte Elsa
alle ins Bett gescheucht. Auch sie schlief schon, denn die drei Damen hatten
gegen Abend eine Flasche Wein geköpft, was manchmal zu besonders tiefem Schlaf
verhilft, manchmal zu gar keinem.
Tim hatte nicht gepennt, sich
aber völlig entspannt — die totale Lockerung in allen Muskeln, wie er es vom
Kampfsport kennt. Karl und Klößchen ratzten.
Tim stieg aus dem Bett und
schlüpfte in seine Klamotten.
„Aufstehen!“
Karl setzte seine Brille auf
die Nase und war ansprechbar.
Klößchen grunzte ärgerlich.
„Wieso?“
„Vielleicht kommt Demonius. Und
dann geht’s zur Gruft.“
Es klopfte. Gaby schaute
herein, und Klößchen zerrte die Bettdecke über sich. Er war nur mit einer
Unterhose bekleidet.
„Seid ihr fertig?“ fragte sie.
„Jörg ist schon unten.“
Tim nahm Karls Tasche, in der
die Werkzeuge waren, und folgte seiner Freundin.
Leise die Treppe hinunter. Kein
Licht. Jörg wartete in der Diele. Endlich kamen auch Karl und Klößchen.
Man verteilte sich wie gestern
abend. Karl bezog Posten am Flurfenster im ersten Obergeschoß. Dann hieß es,
sich in Geduld zu fassen.
Tim horchte hinaus.
Im Garten waren nur die
Geräusche der Nacht. Der Wind wisperte in den Blättern. Ein Vogel piepste im
Schlaf. Leise maunzte eine Katze, aber die war im Nachbar-Grundstück,
jedenfalls entfernt. Auf der Straße fuhr hin und wieder ein Wagen vorbei.
Keiner hielt.
Tim wachte mit allen Sinnen,
also auch mit der Nase. Doch kein Benzin war zu riechen, kein Schritt zu hören,
kein Schemen auszumachen in der stickigen Dunkelheit. Ein bedeckter Himmel.
Mond und Sterne versteckten sich. In der Ferne war ein Wetterleuchten.
Vielleicht gab’s noch Gewitter. Irgendwann schlug es Mitternacht, dann halb
eins.
Tim schloß das Fenster.
„Demonius kommt nicht mehr.
Schon zu spät. Vielleicht arbeitet er samstags nicht.“
Karl tappte die Treppe
herunter.
„Gespenster mit
Fünf-Tage-Woche“, meinte er. „Wissen wir, wieweit sich die Arbeitszeit-Regelung
schon rumgesprochen hat?“
Leise verließen sie das Haus.
Erst jetzt fiel Tim auf, daß
Klößchen ein hellgelbes T-Shirt trug. Er leuchtete im Dunkeln wie ein
bengalisches Licht und mußte nochmal zurück, um sich was Tarnfarbenes anzuziehen.
Gaby trug Dunkelblau, hatte
aber ihren Pferdeschwanz mit einem weißen Band zusammengebunden. Sie fragte
Tim, ob das recht sei.
„Fällt nicht auf“, meinte er.
„Eher schon der herrliche Seifenduft, den du verströmst. Echt Lavendel, wie?
Naja, auf dem Friedhof duften massenhaft Ziersträucher. Da geht der Lavendel
drin unter.“
„Es ist Rosenholz“, erwiderte
Gaby. „Du solltest dir auch mal so ein Stück Seife kaufen.“
Tim lachte. „Zuviel Seife
schadet der Haut. Lieber nehme ich beim Duschen mehr Wasser. Erst heiß — das
säubert. Dann eisig — für die Abhärtung.“
„Ich mach’s umgekehrt“, meinte
Klößchen. „Mit heißem Wasser härte ich mich ab. Kalt dusche ich nie. Das ist
mehr was für Seehunde. Und Eisbären.“
Sie holten ihre Drahtesel aus
der Garage, schlossen leise das Tor — auch das der Einfahrt — und fuhren los.
Der Weg führte bei Kahlig
vorbei.
Im Obergeschoß des
Bestattungs-Instituts brannte noch Licht.
Karl zeigte die Mauer auf der
anderen Straßenseite, auf der er gestern gehockt hatte, um den Verdächtigen zu
beobachten.
Nach 1 Uhr früh erreichten sie
den West-Friedhof.
Stille — wie es sich gehört für
diese Gegend. Auch auf den Straßen ringsum war kein Leben. Selbst die
Bohmallee-Rennbahn war auf diesem Abschnitt verwaist — was einleuchtet. Denn
stadtauswärts geht’s nur zu verschlafenen Dörfern; und Kneipen, Diskos oder
Freßtempel gibt’s in dieser Gegend
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