Spuk im Hotel
Justus ein bisschen.
Lys stand auf und sah Justus zu, wie er sich an dem kleinen Waschbecken an der einen Seite des Campingwagens kaltes Wasser ins Gesicht schleuderte. »Es geht um Amanda«, sagte sie. Es war bestimmt schon acht Tage her, dass Lys ihm von ihrer alten Schauspiellehrerin erzählt hatte. Aber Justus, das Superhirn, der alles speicherte, was er erfuhr, war sofort im Bilde: Amanda hatte vor etwa 15 Jahren am Rande der Stadt, nicht weit von ihrer alten Wirkungsstätte Hollywood, eine alte Villa gekauft und als Hotel eingerichtet. Bei ihrem letzten Treffen hatte sie Lys von zwei merkwürdigen Vorgängen im Hotel erzählt: Zuerst war aus ihrer eigenen Wohnung ein wertvoller alter Teppich verschwunden, der ein paar Tage später im Heizungskeller wieder gefunden wurde. Und kurz darauf hatte sie ein Gemälde vermisst, das dann, vom Regen durchnässt, im Park wieder auftauchte.
»Du erinnerst dich –«, fuhr Lys fort.
»Natürlich erinnere ich mich«, unterbrach Justus sie.
»– dass ich Amanda gesagt habe, ich kenne die besten Detektive in der ganzen Gegend.«
»Und jetzt hat der große Unbekannte wieder zugeschlagen, und sie will keine Polizei im Haus haben. Und deshalb hat sie dich angerufen und gefragt, ob wir wohl für sie arbeiten würden. Natürlich so, dass keiner der Hotelgäste etwas davon bemerkt.« Justus sah Lys herausfordernd an. »Stimmt’s?« »Klar stimmt’s.« Lys verzog keine Miene. »Wenn Sherlock Holmes kombiniert, ist er doch praktisch unfehlbar.« Sie fuhr ihm durchs Haar, drückte einen Kuss auf seine Stirn und stand im nächsten Augenblick schon in der Tür. »Es geht ihr nicht gut. Sie hat Angst, dass man es gar nicht auf die Sachen abgesehen hat.«
»Sondern?«
»Dass man sie irgendwie – irgendwie verrückt machen will.«
»Wie kommt sie darauf?«
»Die Sachen werden ja alle nicht gestohlen. Gestern Morgen stand eine alte Filmkamera, die Amanda von ihrer Mutter geerbt hat, plötzlich in der Hotelküche. Amanda schwört, sie seit Jahren nicht mehr in der Hand gehabt zu haben. So ein Unfug!« Lys schüttelte wütend den Kopf.
»Hört sich sehr interessant an«, meinte Justus.
»Ich sag’ Amanda Bescheid, dass ihr euch meldet«, sagte Lys.
»Sie soll sich keine Sorgen machen«, rief Justus ihr nach. »Der Fall ist bereits so gut wie gelöst.« Während er sich abtrocknete, sah er Lys zu, wie sie ihr an den Campingwagen gelehntes Fahrrad bestieg und dann quer über den Schrottplatz des Gebrauchtwaren-Centers T. Jonas preschte. Beim Anblick der langen blonden Haare, die im Fahrtwind um ihren Kopf herumflatterten, fiel ihm mit einem Schlag der ganze Traum mitsamt der Gestalt und ihrer Haarpracht unter der Schirmmütze wieder ein. Und dann wurde ihm klar, dass Lys’ erste Erzählung vor ein paar Tagen der Auslöser für seinen Traum von diesem sonderbaren Dieb gewesen war. Während er nach dem Telefon angelte, erinnerte er sich auch wieder daran, dass die beiden Freunde ihn so schmählich im Stich gelassen hatten. Natürlich nur im Traum. Im richtigen Leben würden sie so etwas nie tun. Justus grinste und wählte als Erstes die Nummer des Zweiten Detektivs Peter Shaw.
Knobeln mit Folgen
Auf besonderen Wunsch von Peter fand die Besprechung der drei ??? im Freibad von Rocky Beach statt. Schließlich war Peter das Sport-As ihrer Schule, und wenn er Trainingsrückstand geltend machte, dann war dagegen schlecht anzukommen. »Aber es sind doch Ferien«, hatte Justus eingewandt, war aber prompt gescheitert. »Eben deshalb«, hieß Peters Konter. »Weil ich während des Schuljahrs viel zu selten zum Schwimmen komme, muss ich das in den Ferien nachholen.«
Schließlich hatte Justus nachgegeben. »Aber nur, wenn du einmal gegen mich antrittst.« Das war nämlich das Paradoxe: Justus, der körperliche Betätigung nicht mochte und daraus auch keinen Hehl machte, konnte schwimmen wie ein Fisch im Wasser. Regelmäßig ließ er über 50 Meter sogar Peter Shaw um eine halbe Länge hinter sich.
Jetzt standen sie am Rand des 25-Meter-Beckens.
»Drei – zwei – eins«, zählte Bob, »los!«
Peter hechtete formvollendet ins Wasser. Justus brauchte für seine Reaktion auf das Kommando fast eine halbe Sekunde länger, und die Art und Weise, wie er mehr fiel als sprang, ließ Bob die Augen verdrehen. »Das lernt er nie«, brummte er. Dann ging er neben den beiden her. Aber es dauerte nur einige Züge, bis Bob seinen Schritt beschleunigen musste, so schnell hatte Justus Peter eingeholt.
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