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Spuk im Hotel

Spuk im Hotel

Titel: Spuk im Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Hocker glitt und mit schnellen Schritten das Bistro verließ. Justus sprang auf, warf ein paar Münzen auf den Tisch und ging ihr nach.
    In der Mitte der Halle blieb sie stehen. Justus folgte ihrem Blick. Scharf fixierte sie einen Mann mit Aktenkoffer, der gerade an der Rezeption seinen Zimmerschlüssel abgab. Kaum wandte sich der Mann von der Rezeption ab, winkte ihm Mrs. Silverstone zu und ging ihm entgegen. Sie sprach ihn an, er erwiderte etwas, sie redete erneut auf ihn ein. Schließlich ging der Mann weiter, und Mrs. Silverstone steuerte zielstrebig die Rezeption an.
    Leise pfiff Justus durch die Zähne, als er sah, wie die junge Dame hinter der Theke anstandslos einen Zimmerschlüssel herausrückte. Auf dem Weg zu den Aufzügen kam Mrs. Silverstone geradewegs auf ihn zu. Als sie auf seiner Höhe war, drehte er sich um und ging mit ihr zusammen auf den Sicherheitsmann zu.
    Mit einer lässigen Handbewegung ließ Mrs. Silverstone den Uniformierten einen Blick auf den Schlüssel werfen. Justus begnügte sich damit, dem Mann ein freundliches Nicken zu schenken. Es klappte. Offenbar wurden sie für ein Pärchen gehalten.
    Als sie, fast Schulter an Schulter, vor einem der acht Aufzüge standen, nickte Justus auch Mrs. Silverstone freundlich zu. Sie sah ihm voll ins Gesicht. Der Erste Detektiv hielt den Atem an. Aber sie zeigte keinerlei Reaktion. Die Maskerade bewährte sich.
    Eine Glocke kündigte die Ankunft des Aufzugs an. Sie stiegen gemeinsam mit zwei älteren Paaren und einer Familie ein. Justus atmete einmal tief durch. Erst jetzt spürte er seine feuchten Handflächen. Im zehnten Stock verließ die Familie den Lift. Mrs. Silverstone stieg im zwölften aus.
    Justus ließ ihr einen kleinen Vorsprung und schlüpfte im letzten Moment ebenfalls aus dem Aufzug. Er sah ihre blonde Haarpracht gerade noch im Gang links um eine Ecke verschwinden. Auch hier lag ein dicker blauer Teppichboden, der die Schritte unhörbar machte. Mit ein paar Sätzen sprang Justus bis zu der Ecke, hinter der sie verschwunden war. Vorsichtig spähte er in den Gang. Er war leer.
    »Das darf doch nicht wahr sein«, stöhnte er leise. So knapp vor dem Ziel! Er schlich den Flur entlang. Sie konnte ja unmöglich weit gekommen sein in den paar Sekunden.
    Nach ein paar Metern führte ein schmaler Gang zu zwei etwas abseits liegenden, offenbar besonders geräumigen Zimmern. Justus zupfte an seiner Lippe und überlegte. Es gab zwei Möglichkeiten: Die eine war, gar nichts zu unternehmen, bis sie fertig war und aus einer der beiden Türen wieder herauskam. »Oder ich klopfe einfach«, murmelte er. Aber dann wurde ihm klar, dass das zu Komplikationen führen konnte. Womöglich würde sie versuchen, aus dem Fenster zu klettern. Oder sich stundenlang in dem Zimmer verschanzen. Das Unwahrscheinlichste war jedenfalls, dass sie öffnen und sagen würde: »Schade, dass Sie mich auf frischer Tat ertappt haben, ich gestehe alles, hier ist die Beute.«
    Er sah sich um und entdeckte einen winzigen Nebenraum, in dem ein mannshoher Eisautomat stand. Die Nische dahinter bot ein ideales Versteck. Justus ging in die Hocke. Wenn er den Kopf etwas nach vorn streckte, hatte er die Türen von beiden Zimmern im Blickfeld und blieb selbst doch fast unsichtbar.
    Es dauerte knapp zehn Minuten, bis die linke Tür aufging und Mrs. Silverstone herauskam. Einen Moment blieb sie stehen und warf einen Blick zurück. Dann zog sie die Tür zu, steckte den Schlüssel in ihre Jackentasche und wandte sich zum Gehen.
    Das war der günstige Augenblick, auf den Justus gewartet hatte. Mit einem Satz sprang er auf und verbaute ihr in dem schmalen Gang den Weg. Es gab kein Vor und kein Zurück für sie.
    Sie sahen sich wortlos an. Aber Justus konnte sehen, dass Mrs. Silverstone heftig errötete.
    »Das Spiel ist aus«, sagte Justus.
    Zuerst tat sie gar nichts. »Na schön«, sagte sie dann und senkte resigniert den Kopf. Justus rührte sich nicht vom Fleck. »Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
    Justus hätte Mrs. Silverstone gleich bei den Hoteldetektiven des ›Carlton‹ abliefern können. Aber er hatte andere Pläne mit seiner Gefangenen.
    »Später«, sagte er. »Wir nehmen die Treppe.« Sie sah ihn verblüfft an. »Und denken Sie daran: Flüchten ist zwecklos.«
    »Schon gut«, sagte Mrs. Silverstone. Er ließ ihr den Vortritt. Sie marschierten durch den Flur bis zu der Tür mit dem Notausgang-Zeichen. Höflich stieß Justus ihr von hinten die Tür auf, und sie begannen den

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