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Spur ins Eis

Spur ins Eis

Titel: Spur ins Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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nicht zu, dass dir irgendetwas passiert«, sagte Kalyn. Sanft küsste sie Devlin auf die Wange.
    Devlin wachte auf vom vertrauten Schnarchen ihres Vaters. Sowohl er als auch Kalyn hatten den Arm um sie geschlungen. Es war völlig dunkel, nicht der leiseste Lichtschein war zu sehen. Sie dachte an den Wolf und fragte sich, ob er wohl in seiner warmen Höhle schlief oder im Schnee auf Jagd war. Hoffentlich war er nicht einsam.
    Ihre Nase war kalt, aber der Rest ihres Körpers war behaglich warm im Schlafsack verpackt. Selbst ihre Zehen waren warm. Sie wackelte damit, und als sie die Augen zumachte, war sie schnell wieder eingeschlafen.
    Devlin schlug die Augen auf. Sie lag immer noch im Zelt, warm in ihrem Schlafsack.
    Jemand flüsterte etwas, und es dauerte einen Moment, bis sie Kalyns Stimme erkannte.
    Devlin setzte sich auf. Es war nicht mehr so dunkel, und einen Moment lang glaubte sie schon, es würde dämmern, aber dann sah sie den Lichtstrahl der Taschenlampe auf dem Schlafsack ihres Vaters.
    »Was ist los ?«, fragte sie.
    »Nichts. Ich muss nur pinkeln«, sagte Kalyn. »Will, ich kann meine Stiefel nicht finden.« Er leuchtete in die Ecke des Zeltes, wo die schlammbespritzten Stiefel standen, die Buck ihnen geliehen hatte. Kalyn schlüpfte hinein, und dann hörte Devlin, wie der Reißverschluss des Zeltes hochgezogen wurde.
    »Musst du auch, Dev ?«, fragte ihr Vater.
    »Nein.« Bittere Kälte drang ins Zelt.
    Kalyn ergriff die Taschenlampe, die Will ihr hinhielt, und stieg nach draußen. »Mann, hier schneit es vielleicht«, sagte sie, als sie den Reißverschluss wieder zuzog. Dann hörten sie ihre durch den Schnee gedämpften Schritte auf dem Pfad. Als alles wieder still war, legte Devlin sich zurück und schloss die Augen.
    Einige Zeit später wachte sie auf, weil ihr Vater sich im Zelt bewegte. »Was ist los ?«, fragte sie schlaftrunken. Ihr Vater war dabei, seine Stiefel zuzuschnüren. Sie blickte auf den Schlafsack links neben sich. Er war leer. »Wo ist Kalyn ?«, fragte sie ihren Vater.
    »Sie ist noch nicht zurückgekommen.«
    »Wie lange ist sie jetzt weg ?«
    »Ich weiß es nicht. Aber auf jeden Fall zu lange. Ich bin eingeschlafen.« Sie sah, dass ihr Vater eine Pistole in der Hand hielt. »Ich muss nach ihr suchen.«
    »Warum nimmst du eine Pistole mit ?«
    »Nur, um auf der sicheren Seite zu sein. Ich gehe nur kurz …«
    »Nein !«
    »Devi. Denk an unser Gespräch im Hotel. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um mir zu widersprechen. Du verlässt auf keinen Fall dieses Zelt !«

39
    Will leuchtete mit der Taschenlampe auf den Weg. Es war totenstill. Er folgte Kalyns Spuren, die vom Zelt wegführten. Sie verliefen quer über die Wiese. Beim Gehen hatte er das Gefühl, dass seine Kopflampe immer schwächer wurde, bis er schließlich nur noch den knöcheltiefen Schnee um seine Füße wahrnahm.
    Seine Kopflampe wurde tatsächlich immer schwächer. Er griff nach oben und tippte gegen die Glühbirne. Anscheinend hatte sie einen Wackelkontakt, denn sie ging immer wieder an und aus. Die Kälte stach wie mit Messern in die Haut seines Gesichts.
    Als er zu der kleinen Felsgruppe kam, wo er die Feuerstelle errichtet hatte, war die Lampe wieder aus. Erneut tippte er dagegen. Nichts. Nur Dunkelheit, Kälte und Schnee.
    Er rief nach Kalyn und wartete eine Weile, weil er dachte, dass sich seine Augen schon an die Dunkelheit gewöhnen würden. Aber das war nicht der Fall. Er wusste zwar die allgemeine Richtung, in der das Zelt lag, aber er scheute davor zurück, einfach blindlings durch den Schneesturm zu stolpern.
    Der Schneefall ließ ein wenig nach.
    Die Sichel des Mondes stand am Himmel, und auf einmal konnte er wieder etwas sehen – die Umrisse von Bäumen und das Zelt am anderen Ende der Wiese.
    Er blickte in den Wald. Dort war es fast ganz dunkel, nur vereinzelt schimmerten Schneeflecken, die vom Mond beleuchtet wurden, zwischen den Bäumen.
    Kalyns Spuren führten in den Wald.
    Dann wurde wieder alles dunkel, und der Schneefall setzte erneut heftig ein. Der Mond verschwand, und die Welt wurde wieder schwarz. Er drehte an der Kopflampe, aber sie war kaputt.
    Mit ausgestreckten Armen machte er sich auf den Rückweg zum Zelt.
    Devlin war tief in ihren Schlafsack gekrochen und versuchte, zu dem schönen Traum zurückzufinden, den sie gehabt hatte – sie war zu Hause in Colorado, an einem kühlen Sommerabend. Die Grillen zirpten, der Bach plätscherte durch die Weide. Kein Mond war am Himmel zu sehen, dafür

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