Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
Dienste.«
Ich trank einen Schluck von meinem Kaffee. »Das ist verletzend, Kelvin. Sie wissen schließlich, dass, wann immer zwei oder drei Anwälte aufeinandertreffen, sie bis heute über die Verteidigungsstrategie reden, die ich für Sie aufgezogen habe.«
»Ist das so?«, sagte er. »Wenn Ihre ehemaligen Klienten sich treffen, im Gefängnishof, dann reden die alle darüber, wie sie abgezogen wurden.«
Ich blickte den riesigen Scharlatan respektvoll an. Nikotin, Dope, Hasch, Barbiturate, Speed, Acid, Heroin, Koks, Ecstasy, Alkohol in jeder Form, all das war auf irgendei nem Weg in seinen massigen Körper gelangt, und zwar in Mengen, die normalerweise genügend Zerstörungskraft hatten, um die gesammelten Hirnzellen von drei Universitäten in Melbourne oder acht in Queensland zu verwüsten. Theoretisch hätte ein Scan vom Schädel dieses Mannes einen Ort enthüllen müssen, so grau und leer wie Kerguelen Island im Winter. Und doch gab es dort von Zeit zu Zeit eindeutige Anzeichen für elektrische Aktivität.
»Loyalität von Klienten«, sagte ich nachdenklich, während ich ein handgeschriebenes Plakat an der Wand las, das für ein Theaterstück namens »Das Penis-Messer« warb. »Was muss man eigentlich tun, um die zu gewinnen? Anbieten, Verwaltungsbeamte zu fellationieren?«
»Fällen Sie acht, fällen Sie neun«, antwortete McCoy. »Was immer verdammt noch mal nötig ist. Oh, da kommt wer, der mehr auf meiner Wellenlänge ist.«
Er verließ mich für die Gesellschaft der üppigen Managerin der Tapas-Bar etwas weiter oben an der Straße, die gerade Kaffeepause machte.
Die Frau aus der Ecke musste an meinem Tisch vorbei, um zur Kasse zu gelangen. »Simone Bendsten?«, fragte ich.
Sie nickte, misstrauisch, hob die quadratische braune Aktentasche an, um ihren Unterleib zu schützen.
»Ich bin Jack Irish. Ich nehme an, ich hab Sie im Büro verpasst. Mir war nicht klar, dass Sie so schnell sein würden. Ich bin in fünf Minuten wieder zurück.«
Ich war schon früh ins Meaker's gegangen, im kalten, dunklen Morgen, draußen war schwarzer Regen auf den Asphalt gepladdert, und hatte am Fenster gesessen und den Steuerprüfungsbericht über Gary Connors Einkommen gelesen. Fade Cornflakes zu Hause und schwarzer Kaffee im Café, das Lokal noch leer bis auf zwei junge Männer, die nicht zusammengehörten, beide tief in der Kreide standen, sich beide kratzten und Triefnasen hatten.
In meinem Büro hatte ich mich an den Brief und die Visitenkarte erinnert und sie in der rechten Schublade gefunden: Bendsten Research. Um 8 Uhr 30 hatte ich angerufen. Eine Frau hob ab, mit der ruhigen und ausgeschlafenen Stimme eines Menschen, der aus langer Zeit Erfahrung an guten Schlaf ohne Dämonen gewöhnt ist.
»Was, wo, die Eigentümer, wenn es privat ist, solche Sachen.«
»Der Bericht wird Ihnen zugestellt«, hatte sie förmlich gesagt.
Wir verließen Meaker's gemeinsam.
»Ich seh Sie gleich dort«, sagte sie.
Ich schaute ihr nach. Sie hatte lange Beine für jemanden, der so klein war.
Im Büro hatte ich mich gerade hingesetzt, als sie klopfte. Es gibt keine Empfangsdame und auch keinen Empfang.
Man macht die Tür auf, sieht nach links, und da bin ich auch schon, hinter dem Tisch, auf dem der Schneider, der hier fünfzig Jahre lang gearbeitet hat, im Schneidersitz saß, um seine Säume zu säumen.
Sie nahm im Klientensessel Platz, die Aktentasche auf dem Schoß.
»Und, hatten Sie Glück?«, fragte ich.
Achselzuckend machte sie ihre Aktentasche auf, holte einen DIN-A4-Umschlag heraus und legte ihn auf den Tisch. »Mit zwei Ausnahmen sind das alles nur Briefkastenfirmen, soweit ich es sagen kann. Drei von ihnen teilen sich dieselbe Adresse auf den Cayman Islands. Die nachzuverfolgen führt nirgendwo hin. Sie gehören Firmen, die wiederum anderen Firmen gehören und immer so weiter. Wie russische Puppen, wo immer eine in die andere passt.«
»Die Ausnahmen?«
»Eine heißt Klostermann Gardier. Eine Privatbank in Luxemburg. Die andere Firma heißt Aviation SF, eingetragen in Dublin. Ich habe alle Namen durch die örtlichen Datenbanken laufen lassen, aber nur Aviation SF kam heraus. Letztes Jahr hat eine australische Firma namens Fincham Air eine Ausschreibung zur Küstenüberwachung gewonnen. Unter deren Anlagevermögen sind 80 Prozent von Aviation SF gelistet. Fincham selbst gehört zum Teil einer Unternehmensgruppe namens CrossTrice Holdings. Und einer der Direktoren von CrossTrice ist ein Mann namens Lionel
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