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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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Carson.«
    Als sie mein Gesicht sah, hielt sie inne: »Kennen Sie den Namen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Carson war mal einer der Geschäftsführer von Consolidated Freight Holdings. TransQuik Australia ist deren größtes Unternehmen. Er ist nicht mehr bei CFH aktiv, aber CrossTrice hält etwa 25 Prozent daran.«
    TransQuik. Gary Connors Arbeitgeber nach seinem Ausscheiden bei der Polizei. Und, wenn auch auf ziemliche Entfernung, noch immer einer seiner Arbeitgeber.
    Simone schaute sich in meinem kärglichen Büro um. »Das ist alles. Steht alles im Bericht. Sie hätten das auch selbst machen können, wissen Sie. Die Informationen sind allgemein zugänglich.«
    »Nein, hätte ich nicht. Was schulde ich Ihnen?«
    »Die Rechnung liegt bei dem Bericht. Eine Stunde Arbeit. Siebzig Dollar.« Ihr Blick huschte wieder durch den Raum. »Na ja, sagen wir fünfundfünfzig.«
    »Siebzig ist ganz in Ordnung. Machen Sie das schon lange?«
    »Zweiter Monat.«
    »Wie läuft das Geschäft?«
    Sie blickte zur Decke, dann auf mich, ein schiefes Lächeln, ein Zucken der schmalen Schultern. »Die liefern mir das Geld nicht gerade in Containern.«
    »Noch nicht. Das wird sich rumsprechen. Ihr Akzent …«
    »Wir sind aus Dänemark gekommen, als ich dreizehn war. Wurde dann verkompliziert dadurch, dass ich nach dem Studium in Boston gearbeitet habe.«
    »Hört sich nett an.«
    »Danke. Gut, wenn Sie noch was brauchen …«
    »Das bezweifle ich nicht.«
    Ich brachte sie zur Tür und sah ihr den ganzen Weg bis zur Ecke bewundernd hinterher. Dann holte ich das Telefonbuch hervor und suchte die Nummer der Hauptverwaltung von TransQuik.

er Pilot der sechssitzigen Cessna sah aus, als wäre er um die sechzehn. Er trug eine kleine pinkfarbene Sonnenbrille, einen riesigen bunten Pullover, wie ihn Teenager früher eine Woche, nachdem sie ihn von ihrer Großmutter geschenkt bekommen hatten, zu verlieren pflegten, und eine Baseballmütze, auf der Crapdusters Australia stand. Schild nach hinten. Für sich genommen hätte all das nicht mehr als tiefe Beunruhigung hervorgerufen. Was jedoch Panik auslöste, war die Tatsache, dass er, während er auf die Freigabe zum Start wartete, zur Rapmusik in seinem Kopfhörer mitzusingen schien.
    Harry saß neben dem Piloten und beobachtete ihn mit ruhigem, rein wissenschaftlichem Interesse. Cam und ich saßen hinter ihnen. Hinter uns wiederum saß ein langnasiger, melancholischer Rennreiter aus Caulfield namens Mickey Moon. Er war in den letzten beiden Jahren seiner Ausbildung der Beste gewesen, aber er neigte zu genetisch veranlagter Fettleibigkeit.
    Cam hatte seinen Laptop aufgeklappt und studierte Balkendiagramme mit den Laufzeiten der Pferde. Heute, wo wir aufs Land wollten, war er gekleidet wie der Anwalt eines Großunternehmens: dunkelblauer Anzug, weißes Baum wollhemd mit Spreizkragen, Seidenkrawatte mit blauweißem Schachbrettmuster. In der Stadt schien er eine Vorliebe für ausgewaschene Moleskins, Stiefel und klein karierte Hemden zu haben.
    »Cam, sollte dieser, äh, Pilot nicht eigentlich dem Tower zuhören?«, fragte ich.
    Cam sah mich an, sah auf den Rücken des Piloten und wandte sich dann wieder seinem Bildschirm zu. »Die sind wie Jockeys«, sagte er. »Wenn sie erst mal vom Sattelplatz weg sind und man sein Geld auf sie gesetzt hat, dann kann man nur noch beten, dass sie wissen, was sie tun.«
    Höchst erleichtert schloss ich die Augen und begann mit den Atemübungen, die mir mal ein Priester empfohlen hatte, den ich gegen eine Anklage wegen Pornographie verteidigt hatte.
    »Tückische Brise«, sagte der Pilot, seine erste Äußerung. »Einer hat hier letzte Woche seine Kleine umgedreht, gleiche Bedingungen. Ist nicht damit zurechtgekommen. Trottel.«
    Ich machte meine Augen erst wieder auf, als das Flugzeug – nach etwas, das mir wie ein vehementer und vibrierender Verstoß gegen alle Erkenntnisse von Wilbur und Orville erschien – in Schräglage und bei weitem zu nah an den roten Dächern der Klinkerhäuser über dem ausgedehnten Großraum Melbournes in der Luft war.
    Mir kam es vor, als kämpfe der Pilot immer noch um die Kontrolle über das Flugzeug.
    »Haben Sie einen CD-Player?«, fragte Harry.
    »Absolut«, antwortete der Pilot.
    »Legen Sie die hier ein«, sagte Harry.
    Der Pilot unterbrach sein Bemühen, uns in der Luft zu halten, ließ alle Instrumente sausen und lehnte sich zu Harry hinüber, um die CD in einen Schlitz zu stecken, Knöpfe zu drücken und die Lautstärke

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