Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
wieder ab, um sie zurechtzubiegen.
Musste nichts bedeuten. Konnte aber.
Noch mehr als zwei Stunden totzuschlagen. Ich ließ mich im Stadtzentrum absetzen oder zumindest dort, wo der Fahrer behauptete, hier sei das Zentrum, spazierte ein bisschen herum, fand einen Buchladen, kaufte ein vielver sprechendes Buch mit dem Titel In der Leere der Zeit, fand ein Café und trank Kaffee, einen anständigen Kaffee. Ich sah viele Männer mit braunen, gummibesohlten Schuhen, erblickte ein paar Frauen mit Dutt: kein ausreichender Be leg für Shane DiSantos Verallgemeinerungen, aber ganz gewiss Anlass zur Besorgnis. Grund genug, um eine groß angelegte, universitäre Studie mit entsprechendem Budget zu rechtfertigen.
Den Mann mit dem knochigen Gesicht sah ich nicht wieder. Aber nicht, weil ich nicht nach ihm Ausschau gehalten hätte.
Und es war immer noch zu früh für den Flieger. In der protzigen Bar bestellte ich ein Bier mit einem halben Schuss Limonade.
»Explosives Gemisch«, meinte der Barmann. Er war jung und blass, lange Nase, glattes blondes Haar, sehr wahrscheinlich Student im letzten Semester an einer der örtlichen Universitäten, Kulturwissenschaften vermutlich, und jetzt dekonstruierte er unser Zusammentreffen.
»Ein Bier-Cocktail. In was für einem Glas hätten Sie's denn gern? Martini?« Er hatte einen schlauen, amüsierten Blick aufgesetzt.
Hinter dem Tresen zu arbeiten, war hier draußen am Flughafen von Canberra offensichtlich eine spaßige Angelegenheit. Unbedeutende Politiker. Beamte. Die dazu passenden jovialen Politparasiten. Höfliche Menschen. Keine harten Trinker, keine unberechenbaren Leute, die sich von einem Lächeln beleidigt fühlen, einem volle Aschenbecher an den Kopf werfen oder in den Schwitzkasten nehmen, um einen im Spülbecken zu ertränken. Hinter dem Tresen zu stehen, war hier einfach nur eine Möglichkeit, sich etwas zu verdienen und dabei noch an gute Partystorys zu kommen. Wie die von dem Tag, an dem man all diese schlauen Sachen zu dem alten Knacker gesagt hat, der ein Bier mit Limo wollte.
Bier mit Limo. Ich bitte dich.
Solche Gedanken kamen mir, während ich diesen Menschen einfach nur ansah. Ich war müde. Ich sagte gar nichts, sah ihn nur an. Er erwiderte meinen Blick, sein Lächeln veränderte sich etwas, dann wandte er den Blick ab. Irgendwann erkennen selbst die Jungen und Intelligenten und Verspielten einen Mann, der am Ende seiner Kräfte ist.
»Kommt sofort, Sir«, sagte er.
n Flugzeugen kann man gut nachdenken. Lesen kommt mir immer wie eine unnatürlich selbstgefällige Beschäftigung vor, während man gerade sein Leben in einer zischenden Aluminiumröhre riskiert, die sich der Gravitation zu entziehen sucht. Ich betrachtete das Bild von Dean Canetti und seiner Tochter. An den kleinen Fingern trug er Ringe, kleine Ringe mit dunklen Steinen. Er sah nicht aus wie ein Mann, der geheime Arbeit für die Regierung leistete und monatelang weg war von zu Hause. Er sah aus wie ein Mann, der Dinge reparierte, Waschmaschinen, Kühlschränke, vielleicht Kopierer. Der abends nach Hause fuhr, den Holden spätestens um 18 Uhr 30 in der Auffahrt stehen hatte.
Noch zwei Tage mit diesem Scheiß-Connors und ich bin wieder zu Hause und die verdammte Black Tide ist vorü ber.
Dean Canetti hatte Gary Connors am 3. April im Auge behalten. Und er plante, noch zwei weitere Tage mit ihm zu verbringen.
Was hieß mit Connors? Ihn zu beschatten? Etwas anderes?
Noch zwei Tage. Hieß das dann, dass er schon länger in Garys Nähe war? Nicht erst seit dem 3. April? Gary war bis zum 2. April im Ausland gewesen. Canetti war mehr als eine Woche nicht mehr zu Hause gewesen, als er am 3. April telefonierte. War Canetti ihm auch ins Ausland gefolgt?
Canetti arbeitete für die Regierung. Aber nicht für die Schaufenster-Regierung. Für die verborgene Regierung. Gary kam woanders her: korrupter Polizist, dann Trans-Quik, dann jemand, der von undurchschaubaren, ausländischen Unternehmen in Sicherheitsfragen konsultiert wurde, darunter Klostermann Gardier. Aber immer noch jemand, der Barry Tregear zufolge – einem Mann, der nicht zu Spekulationen neigte – zu TransQuik gehörte.
Canetti, der Mann von der Regierung, und Gary Connors, der Mann aus dem freien Unternehmertum, ziemlich sicher aus dem korrupten freien Unternehmertum, tragen zusammen. Vermutlich verfolgte der eine den anderen. Und dann verschwanden beide. Am selben Tag.
Barry Tregear bewegte sich nicht in der Welt der Hochfinanz. Er
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