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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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nahm es als Einladung, schloss sorgfältig die Tür hinter sich und folgte ihr in ein L-förmiges Wohnzimmer, das so riesig war, dass sich ein Blinder darin verlaufen würde. »Zinkel, Kripo Wiesbaden«, stellte er sich verspätet vor.
    »Ellen Lindenau, Hausfrau.« Ihre Stimme klang spöttisch. Sie steuerte mehr oder weniger zielsicher die gläserne Bar neben dem Kamin an. »Was darf ich Ihnen anbieten?«, fragte sie, während sie beidhändig Campari in ein Glas schüttete und weitgehend traf. Sie nahm das Glas auf und trank einen Schluck. »Oder widerspricht das Ihrem Berufsethos?«, fügte sie hinzu.
    »Ja, das tut es, aber das macht nichts. Da Ihr Mann nicht da ist, habe ich Feierabend. Ich nehme gern auch einen Campari.«
    Sie goss ein weiteres Glas nahezu randvoll und reichte es ihm. »Was wollen Sie denn von meinem Mann?«
    Ihre Nähe irritierte ihn, der Augenaufschlag nicht minder. »Ich muss mit ihm über eine Patientin reden.«
    »Sie wissen aber schon, dass er das nicht darf?«
    »Natürlich, aber diese Patientin liegt im Koma, von daher macht er vielleicht eine Ausnahme.«
    »Das bezweifle ich, aber versuchen können Sie es ja. Morgen ist er wieder hier.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Auf einem Kongress.«
    »An Fastnacht?« Zinkel runzelte ungläubig die Stirn.
    »Psychologen haben keinen Humor, wussten Sie das nicht? Und wenn es sich nicht gerade um eine Gruppentherapie handelt, sind sie auch nicht so wahnsinnig gesellig, schon gar nicht, wenn sie sich auch noch verkleiden müssen. Also ja, ich denke schon, dass es diesen Kongress gibt.«
    Zinkel erinnerte sich an Heide Amelungs schrille Outfits, die jedes Karnevalskostüm in den Schatten stellten, aber vielleicht war sie die Ausnahme der Regel. »Warum haben Sie mich neulich nicht verpfiffen?«, fragte er und wich einen Schritt zurück, um den Blick auf anderes als ihren Ausschnitt richten zu können.
    Es half nichts, sie folgte ihm. »Ich fand das spannend. Dass Sie kein Einbrecher sind, habe ich ja gemerkt. Aber sagen Sie mir, hinter wem waren Sie eigentlich her, hinter meinem Mann oder seinem Klienten?«
    Ihm wurde heiß, er spürte, wie Röte seinen Hals und die Ohren überzog. »Kennen Sie den Klienten?«, umging er eine eindeutige Antwort.
    »Den Finanzbeamten? Na klar, der kommt öfter. Meistens außerhalb der Sprechzeiten. Manchmal hat er eine Frau dabei.«
    »Dann muss er wohl ein ziemlich großes Problem haben?«, tastete Zinkel sich vor.
    »Mit Frauen?« Sie zog einen Schmollmund. »Es war nicht immer dieselbe, glaube ich. Aber eigentlich kann ich mir das nicht vorstellen. Er wirkt so fröhlich und zufrieden. Aber was weiß ich schon. Die größten Clowns sind manchmal die traurigsten Gestalten.«
    »Das ist eine sehr tiefsinnige Beobachtung«, schmeichelte Zinkel.
    »Für jemanden wie mich, meinen Sie? Nur weil ich keinen Beruf ausübe, heißt das noch lange nicht, dass ich dumm bin.«
    Ihr Blick verschleierte sich irgendwie, fand Zinkel, passte nicht recht zu ihrem forschen Auftreten. Noch so ein trauriger Clown? »Das sollte ein Kompliment sein«, erklärte er. »Tut mir leid, dass es danebengegangen ist.«
    »Schon gut«, murmelte sie und wandte sich ab, um ihr Glas aufzufüllen.
    »Frieden?« Zinkel prostete ihr zu und nahm einen Schluck von seinem Campari. Scheußliches Zeug, ein Bier wäre ihm lieber gewesen.
    »Frieden«, bestätigte sie mit einem zaghaften Lächeln.
    »Wie kommt es, dass Sie nicht berufstätig sind?« Er winkte sogleich ab. »Das geht mich natürlich nichts an, Sie müssen nicht antworten.«
    »Ist das nicht ziemlich offensichtlich?« Sie schwenkte ihr Glas so, dass es überschwappte, wechselte es in die andere Hand und schleckte sich die Finger ab.
    »Vielleicht würde sich das Problem von selbst lösen, wenn Sie eine Aufgabe hätten?«, schlug er vor und kam sich sogleich ziemlich dämlich vor. Die Frau war mit einem Psychologen verheiratet, es war anzunehmen, dass sie von guten Ratschlägen geradezu überschwemmt wurde.
    Sie schien sich nicht daran zu stören. »Ich war nicht immer so.« Sie ließ sich in einen der ledernen Sessel fallen und zupfte an ihrem T-Shirt. »Ich hatte mal eine Aufgabe, unsere Tochter, aber sie ist gestorben.«
    »Das tut mir leid«, sagte er lahm. Was hatte er bloß an sich, dass er manche Menschen dazu verleitete, ihren gesamten Seelenmüll über ihm auszuschütten? »Wie ist das passiert?«, erkundigte er sich, was die Frage, die er sich selbst gestellt hatte, beantwortete.
    »Wenn

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