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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Feierabendverkehr hatte bereits eingesetzt, auch dies vielleicht eine Folge der frühen Dunkelheit, und so pflanzte er das Blaulicht aufs Dach seines Wagens und fuhr los.
    Er hätte ums Verrecken nicht die Nerven gehabt, um mit gebotener Ruhe den Staatsanwalt von der Notwendigkeit eines Haftbefehls zu überzeugen. Zinkel war da diplomatischer und erreichte meist sein Ziel, wohingegen er allzu oft mit dem Kopf gegen die Wand gerannt war und manche sprichwörtliche Beule davongetragen hatte. Seine Geduld reichte nicht aus, um zu taktieren, schon gar nicht, wenn es um Marilene ging.
    Er fädelte sich in den fließenden Verkehr ein und trat aufs Gas, genoss es für einen Moment, schneller zu sein als der Rest, in nüchternen Schlangenlinien zu überholen und vorwärtszukommen, endlich. Das Gefühl verpuffte. Er bezweifelte, dass Marilene noch lebte, wenn es denn so war, dass hier eine Zeugin hatte beseitigt werden sollen. Es war bereits zu viel Zeit seit ihrem Abgang in der Buchhandlung verstrichen, allemal genug, um sie an jeden beliebigen entlegenen Ort zu bringen und sie zu töten. Außer vielleicht, der Täter fände Gefallen daran, Herr über Leben und Tod zu sein, wollte hinauszögern für den größeren Kick, den ultimativen Blutrausch.
    Gott nein, nicht solche Gedanken, ermahnte er sich und stieg in die Eisen, als sich von rechts kommend ein Rettungswagen über die Kreuzung katapultierte. Das Sirenengeheul brach über ihn herein wie das Jüngste Gericht, jegliche Warnung zuvor geflissentlich überhört, doch allen Zweifeln zum Trotz unbestreitbar existent, ließ ihn sich erbärmlich zitternd überm Lenkrad krümmen, ewiger Verdammnis gewiss. Er schnaufte tief durch und richtete sich wieder auf, ließ ruckend die Kupplung kommen und fuhr wieder los, gemäßigter jetzt, nur, um dann doch wieder Gas zu geben, sobald er die Stadtgrenze passiert hatte, jede Lücke im Gegenverkehr zum Überholen nutzend.
    Zwölf Minuten später klingelte er bei Petersen Sturm. Niemand öffnete. Sein Wagen allerdings stand auf dem Parkplatz. Er blies die Fahndung nach dessen Fahrzeug ab, erfuhr, dass die übrigen bislang nicht gesichtet worden waren, und machte nochmals Dampf, redete sich regelrecht in Rage, bis er merkte, dass ihn das keinen Deut weiterbringen würde, und das Gespräch beendete.
    Wo mochte Petersen stecken? Wenn Zinkels Sündenbock-Theorie stimmte, dann würde er vielleicht wiederum versuchen, Gentner eine Tat in die Schuhe zu schieben. Er rief nochmals Constanze an. Nein, ihr Mann war noch nicht zurück, sein Handy ausgeschaltet, sie habe versucht, ihn zu erreichen. Er wies sie an, auf keinen Fall Petersen ins Haus zu lassen, sollte er dort aufkreuzen, und sich sofort zu melden, wenn überhaupt irgendwer mal käme, und legte grußlos auf.
    Die Jagdhütte, Scheiße, er schlug sich gegen die Stirn, das war es, wieso war er nicht gleich darauf gekommen? Logisch, den Ort zu wählen, wenn Petersen Gentner schaden wollte. Und verdammt einsam.
    Er sprintete zu seinem Wagen und raste los.
    ***
    »Wenn er da ist, und zwar schon, wenn du auch nur das Rücklicht eines Wagens auf der Zufahrt siehst, rufst du Verstärkung, verstanden? Und vergiss nicht, wir brauchen ihn lebendig!« Zinkel wusste, dass er gerade ihre Rollen verkehrte, und es war ihm egal, doch Hartmann hatte bereits aufgelegt. Hoffentlich baute er keinen Scheiß.
    Zinkel wusste nicht, ob Hartmann das in seiner derzeitigen Verfassung verkraften würde. Im vergangenen Sommer hatte er selbst einen Mann erschossen, merkwürdigerweise um ebendiese Anwältin zu retten, aber im Gegensatz zu Hartmann war er ausgeglichen und gefestigt genug, um damit zurechtzukommen. Ein Gemütsmensch geradezu, beglückwünschte er sich, nur halb ironisch.
    Er warf einen Blick auf Patrizia, die sich vorgeblich auf den Verkehr konzentrierte und eisern schwieg. Sie wusste seine Vorzüge einfach nicht zu schätzen. Er hatte das Gefühl, dass sie sich immer weiter von ihm entfernte und sich nur nicht traute, diese Entfremdung zum Thema zu machen. Lag das an ihm? Hatte er ihr nicht genügend Freiraum gelassen? Oder, im Gegenteil, zu viel? Lief da etwas mit diesem Schüttler? Sie war ihm verlegen vorgekommen, als Hartmann nachgefragt hatte. Andererseits war sie nicht der Typ, der sich schnell auf eine Beziehung einließ, und wenn er sich vor Augen hielt, wie lange er sie hatte umwerben müssen, dann wäre das jetzt geradezu blitzartig gewesen. Im Radio dudelte passenderweise  »Marry me«

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