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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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einmal bedient, als Martens in Urlaub waren, mehr nicht. Marie sagt, sie wäre nett, würde gut erklären, aber sie ist ja nur einen Tag in der Woche da.«
    »Hat Marie«, er richtete die Frage an beide, »denn jemals etwas erzählt, was sie in Zusammenhang mit Franziska erlebt hat, irgendetwas, das ihr seltsam vorkam oder ungerecht oder sonst wie bemerkenswert?«
    Marilene schüttelte den Kopf.
    »So ist sie nicht.« Niklas hob entschuldigend die Hände. »Marie erzählt nicht, sie gibt höchstens Antworten. Und das nur, wenn ihr die Frage nicht bescheuert vorkommt und der, der fragt, auch nicht.«
    Hartmann zog verwundert die Brauen hoch. »Ich hätte gedacht, es bräuchte mehr Kommunikationsfreude in einem Beruf mit Kundenkontakt.«
    »Oh, die legt sie auch an den Tag, dort jedenfalls«, erwiderte Marilene. »Und nach allem, was Katharina erzählt, stellt sie sich gar nicht schlecht dabei an, sie sei schnell aus der Phase der Ein-Wort-Sätze herausgekommen und habe kürzlich sogar ihr erstes ausführliches Gespräch über das Wetter geführt.«
    »Ein merkwürdiges Anforderungsprofil, wenn du mich fragst.«
    »Gar nicht«, entgegnete Marilene, »das gehört dazu, wenn man will, dass die Kunden sich wohlfühlen.«
    »Tja, also dann.« Hartmann trank endlich einen Schluck und betrachtete angelegentlich seine Stiefel. »Ich finde es auch ziemlich kalt für die Jahreszeit.«
    »Nicht wahr?« Marilene grinste. »Wo man doch schon fast mit Frühling gerechnet hatte.« Sie nahm an, dass dies ein Friedensangebot war, er sich damit abgefunden hatte, dass die Aufnahme einer mehr als freundschaftlichen Beziehung berufsethisch nicht vertretbar war. Was ihr recht war. Sie passten nicht zusammen, würden, wie eben, immer wieder über ihre unterschiedlichen Vorstellungen in Streit geraten, bis sich irgendwann die Auseinandersetzung nicht mehr lohnte. Schreckliche Vorstellung, das stumme Nebeneinander, das beredte Schweigen.
    Nein, bei allem Auf und Ab, das sie nun schon durchlebt hatten – und genau hier lag ihrer Meinung nach das Problem, in dieser Gefühlsachterbahn –, eine gemeinsame Zukunft konnte es für sie beide nicht geben. Sie wollte keinen Mann in ihrem Leben, obwohl … Ein Bild von Lothar, dem Vermieter ihres Büros, schob sich kurz und durchaus verlockend vor ihr inneres Auge, nein, sie blinzelte es fort, sie hatte jetzt sozusagen Familie, das hatte eindeutig Priorität. »Wie willst du nun vorgehen?«, erkundigte sie sich.
    »Beinarbeit erst mal, wenn sie tatsächlich um kurz vor acht den Laden verlassen hat, dann müsste sie jemand gesehen haben.« Hartmann stand auf und trank im Stehen noch einen Schluck Wein. »Rede ruhig mit deiner Buchhändler-Freundin«, sagte er, »aber halte mich auf dem Laufenden, ja? Alles kann wichtig sein, und solange ihre Leiche nicht auftaucht, habe ich auch Hoffnung, dass sie noch am Leben ist, frag mich bloß nicht, warum.«
    »Okay.« Marilene brachte ihn zur Tür. »Mach’s gut«, sagte sie und boxte ihn spielerisch auf den Arm.
    »Ich gebe mir Mühe.« Hartmann drehte sich fort, ohne sie auch nur anzusehen, und stapfte grußlos die Treppe hinunter.
    Was hatte sie nun schon wieder falsch gemacht, fragte Marilene sich und wartete, bis sie unten die Haustür ins Schloss fallen hörte, bevor sie fröstelnd zurück in ihre Wohnung ging.

3
    Was hatte er nun schon wieder falsch gemacht, fragte Hartmann sich wohl zum tausendsten Mal, seit er am Abend zuvor Marilenes Wohnung verlassen hatte. Er sollte sie abschreiben, die Hoffnung, dass jemals etwas anderes als Freundschaft entstünde. Genau genommen hatte er das längst getan, nämlich als sie sein Angebot, Weihnachten zusammen zu verbringen, ausgeschlagen hatte. Seither hatte er sie nicht mehr gesehen.
    Er wusste, dass er mit ihrer Pseudo-Familie nicht konkurrieren konnte. Nicht, dass er nicht gut fand, was sie da tat, Niklas aufzunehmen und sich, gemeinsam mit der Großmutter, auch um die zwei Geschwister zu kümmern. Trotzdem, musste es denn so ausschließlich sein? Sie hatte vom einen auf den anderen Tag ihr Leben derartig umgekrempelt, war so sehr zu einem Familientier mutiert – einer Glucke, versuchte er es mit etwas mehr Häme –, dass er sich schon fragte, ob er jemals eine Ahnung besessen hatte, was für ein Mensch tatsächlich in ihr schlummerte. Und ob er diese Person überhaupt noch leiden konnte. Renitent, wie sie war – schon immer gewesen war, das zumindest hatte sich nicht im Geringsten verändert.
    Er war

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